Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reif für die Insel

Reif für die Insel

Titel: Reif für die Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
Vom Netzwerk:
Hill blieb ich stehen, um den Schlamm von meinen Schuhen zu kratzen und den Ausblick zu genießen – der Matthew Arnold inspirierte, den überkandidelten Unsinn von den »träumenden Kirchtürmen« zu verzapfen –, aber er ist brutal entstellt von den Reihen Hochspannungsmasten, die Oxfordshire in größerer Hülle und Fülle hat als jede andere Grafschaft, die ich kenne.
    In Boar’s Hill gibt es ein paar reizende Villen, ich glaube allerdings nicht, daß ich dort glücklich würde. Mir fielen drei Einfahrten mit »Wenden-verboten«-Schildern auf. Nun sagen Sie mal, wie piefig muß man sein, wie lächerlich besitzerstolz auf sein bißchen Grund und Boden, um ein solches Schild aufzustellen? Was schadet es denn schon, wenn ein Mensch, der sich verirrt hat oder falsch gefahren ist, sein Auto am Rand der Einfahrt wendet? Ich wende grundsätzlich in solchen Einfahrten, ob ich muß oder nicht, und ich lege Ihnen nahe, mir darin nachzueifern. Es ist auch immer sehr ratsam, zwei- oder dreimal zu hupen, damit der Besitzer einen sieht. Und dabei fällt mir ein, daß ich Sie bitten möchte, Ihre Werbepost, besonders wenn sie Sie auffordert, noch mehr Schulden zu machen, zu zerreißen und in dem freigemachten Umschlag an den Absender zurückzusenden. Wenn wir es zu Tausenden machen würden, hätten wir sicher durchschlagenden Erfolg.
    Von Sinningwell aus erreichte ich über eine kleine Nebenstraße Abingdon. Abingdon hat die am besten gepflegten Sozialwohnungsbauten, die ich je gesehen habe – weite Rasenflächen und schmucke Häuser –, und ein hübsches Rathaus, das auf Stelzen erbaut ist, als erwarte man eine vierzigtägige Flut. Aus Gründen des Anstands möchte ich mich weiter nicht zu Abingdon äußern. Es hat eine potthäßliche Einkaufspassage, die, wie ich später hörte, erschaffen wurde, indem man ein paar mittelalterliche Häuser abriß, und an den Rändern beweist es unbeirrt seinen Mut zur Häßlichkeit.
    Sutton Courtenay schien erheblich weiter entfernt zu sein, als ich mich von der Karte her erinnerte, aber der Spaziergang dorthin war schön und bot häufige Ausblicke auf die Themse. Ein bezauberndes Dörfchen, mit einigen vornehmen Häusern, drei netten Pubs und einem kleinen Dorfanger mit einem Kriegerdenkmal, neben dem sich der Friedhof befindet, wo nicht nur George Orwell liegt, sondern auch H. H. Asquith. Nennen Sie mich einen unverbesserlichen Bauerntölpel aus Iowa, aber ich bin doch immer wieder beeindruckt, wie dicht diese kleine Insel mit bedeutenden Menschen bepackt ist. Ist es nicht bemerkenswert, auf einem einzigen Dorfkirchhof die Gräber von zwei weltberühmten Männern zu finden? Wir in Iowa wären schon auf einen stolz – ja, wir wären sogar auf Trigger, das Wunderpferd, stolz oder den Typen, der die Verkehrskegel erfunden hat, ach, auf so ziemlich jeden.
    Ich ging auf den Friedhof und fand Orwells Grab. Drei hochaufgeschossene Rosenbüsche wuchsen darauf, und ein paar künstliche Blumen steckten in einem Einmachglas. Die Inschrift auf dem einfachen Stein war eigenartig knapp und lautete:
     
    Hier liegt Eric Arthur Blair
    Geboren am 25. Juni 1903
    Gestorben am 21. Januar 1950
     
    Nicht gerade gefühlsduselig, was? In der Nähe lag das Grab von Herbert Henry Asquith. Es war solch ein Teebüchsengrabmal und sank besorgniserregend ins Erdreich. Komisch, auch dessen Inschrift kam gleich zur Sache:
     
    Earl of Oxford and Asquith
    Premierminister von England
    April 1908 bis Dezember 1916
    Geboren am 12. September 1852
    Gestorben am 15. Februar 1928
     
    Fällt Ihnen was auf? Wenn Sie Schotte oder Waliser wären, bestimmt. Schon merkwürdig, hier. Ich meine, auf diesem Friedhof befanden sich die Ruhestätte eines berühmten Autors, anonym wie ein Armengrab, und die eines Mannes, dessen Nachfahren offenbar vergessen hatten, wovon er nun genau Premierminister gewesen war, und die ernsthaft in Gefahr stand, vom Erdboden verschluckt zu werden. Neben Asquith lag ein Ruben Loveridge »der am 29. April 1950 einschlief«, und nicht weit weg teilten sich zwei Männer ein Grab: »Samuel Lewis 1881 – 1930« und »Alan Slater 1924 – 1993«. Was für eine faszinierende kleine Gemeinschaft – hier wurden Männer zusammen bestattet, und man wurde begraben, wenn man einschlief.
    Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, ich glaube, wir aus Iowa würden England Orwell und Asquith ruhig überlassen, wenn wir den Burschen kriegen könnten, der lebendig begraben wurde.
     

Dreizehntes Kapitel
     
    Ich ließ

Weitere Kostenlose Bücher