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Reif für die Insel

Reif für die Insel

Titel: Reif für die Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Jahrhundert erinnern. Solch löblich demonstrierte Zurückhaltung beeindruckte mich wirklich sehr.
    Ich ging zurück nach Blenheim und schnüffelte ein bißchen im Pleasure Gardens und den anderen Freiluftattraktionen herum.
    »Pleasure Gardens«, der Vergnügungspark, war offenbar die Abkürzung für »Es ist uns ein Vergnügen, Ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen«, denn er schien nur dazu da, die Besucher zu animieren, sich in einem Geschenkeladen und einem Tea Room von weiteren Summen zu trennen oder Gartenbänke und dergleichen Gegenstände aus dem Blenheim-Estate-Sägewerk zu kaufen. Dutzende Menschen bummelten munter und zufrieden herum. Es störte sie offenbar nicht im geringsten, daß sie 6,90 Pfund für das Privileg bezahlt hatten, etwas anzuschauen, das sie gratis in jedem anständigen Gartencenter sehen konnten. Beim Rückweg aus den Gardens in Richtung Schloß ergriff ich die Gelegenheit zur Besichtigung der Miniaturdampfeisenbahn. Sie befuhr einen in der Länge entschieden moderaten Streckenabschnitt in einer Ecke der Anlage. Den Anblick von fünfzig Engländern, die in kaltem, grauem Nieselregen rittlings auf einer kleinen Eisenbahn hockten und darauf warteten, daß diese 65 Meter weit fuhr, und das lustig fanden, werde ich nicht so schnell vergessen.
    Ich ging über einen gepflasterten Weg zum vorderen Teil des Schlosses und über Vanbrughs prachtvolle Brücke zu der mächtigen, lächerlich egozentrischen Säule des ersten Duke of Marlborough, die auf der Spitze eines
    Hügels errichtet worden ist und Schloß und See überblickt. Ein höchst außergewöhnliches Teil, wirklich, nicht nur, weil es so hoch und eindrucksvoll ist, sondern weil es den Blick aus mindestens einhundert Schloßfenstern dominiert. Was ist das für ein Mensch, überlegte ich, der auf seinem eigenen Grund und Boden eine dreißig Meter hohe Säule für sich errichten läßt? Der Kontrast zu dem einfachen Grab des guten alten Winnie war frappierend.
    Vielleicht bin ich ja ein zu simples Gemüt, aber mir schien immer, daß das Ausmaß von Blenheim Palace und das Ausmaß von Marlboroughs Leistung seltsam dis-proportional sind. Ich hätte ja verstanden, wenn eine dankbare Nation ihn in einem Irrsinnsfreudentaumel mit, sagen wir, lebenslänglich zwei Wochen Ferien auf den Kanarischen Inseln oder einem Besteck oder einer Teemaschine belohnt hätte, aber in meinem ganzen Leben werde ich nicht begreifen, wie ein paar Siege an obskuren Orten wie Oudenard und Malplaquet als ausreichend betrachtet werden, dem intriganten alten Knacker eines der großen Schlösser Europas und die Herzogswürde zu schenken. Noch bemerkenswerter finde ich, daß beinahe 300 Jahre später die Erben des Herzogs das Anwesen mit Miniatureisenbahnen und Hopsburgen verunzieren, Eintritt verlangen und unverdiente Standes- beziehungs-weise Adelsprivilegien genießen dürfen, nur weil ein uralter Ahnherr zufallig das Talent besaß, schon mal eine Schlacht zu gewinnen. Eine höchst absonderliche Regelung.
    Ich erinnere mich, gelesen zu haben, daß der zehnte Duke of Marlborough zu Besuch bei einer seiner Töchter einmal völlig konsterniert von der Treppe herunter verkündete, seine Zahnbürste schäume nicht richtig. Es stellte sich heraus, daß sein Kammerdiener ihm immer die Zahnpasta auf die Bürste getan hatte und folglich der Herzog nicht ahnte, daß Zahnhygienegeräte nicht spontan schäumen. Damit ist doch alles gesagt.
    Während ich da so stand und den Anblick genoß und über das kuriose Phänomen des Geburtsadels nachdachte, ritt eine gepflegte junge Frau auf einem rötlichbraunen Gaul sehr dicht an mir vorbei. Ich habe keine Ahnung, wer sie war, aber sie sah reich und privilegiert aus. Ich schenkte ihr ein kleines Lächeln, wie man das draußen so macht, wenn man Fremden begegnet, und sie starrte mich an, als sei es absolut unter ihrer Würde, zurückzulächeln. Da erschoß ich sie, ging zum Auto und fuhr weiter.
     
    Ich gondelte zwei Tage durch die Cotswolds, und es gefiel mir nicht die Bohne – nicht weil die Cotswolds häßlich waren, sondern das Auto. In einem privaten fahrbaren Untersatz ist man praktisch von der Welt abgeschnitten, und das Tempo ist völlig verkehrt. Ich hatte mich daran gewöhnt, mich in Geh- beziehungsweise höchstens British-Rail-Geschwindigkeit fortzubewegen, was natürlich oft auf ein und dasselbe hinausläuft. Nachdem ich also einen ganzen Tag lang durch diverse Chippings und Slaughters und Tweeness-upon-the-Waters gesaust

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