Rein Wie Der Tod
Aber sie hat abgestritten, Zahid auf sie oder die anderen Kunden, deren Namen du mir gegeben hast, aufmerksam gemacht zu haben. Wir haben höchstens zwanzig Minuten miteinander geredet.«
»Worüber noch?«
»Ich hab sie aufgefordert, mit der Polizei zusammenzuarbeiten, hab die Kunden genannt, die ausgeraubt wurden, und ihr erzählt, sie könne möglicherweise ihre Haut retten, wenn sie uns bei den Ermittlungen behilflich wäre.«
»Und?«
Frølich berichtete, dass er durchs Fenster gesehen hatte, wie Veronika sich sofort, nachdem er gegangen war, auf das Handy stürzte. Höchstwahrscheinlich habe sie Zahid angerufen. Das habe er jedenfalls gedacht.
»Kann sie ihm gedroht haben, ihn zu verraten?«, fragte Rindal.
»Hätten unsere Beschatter nicht etwas sehen müssen - also, wenn Zahid sie ermordet hätte? Die hängen doch an dem Mann wie die Kletten.«
»Zahid kann auf jeden Fall der Drahtzieher sein, denn er würde die Drecksarbeit sowieso niemals selbst machen«, meinte Yttergjerde.
Lena Stigersand sah Emil herablassend an: »Auftragskiller?«
Die Diskussion uferte aus, und Frank Frølich war wieder bei dem Schweizer Mädchen. Sie hieß Irene, und wenn sie und die Kinder am Bogstadvannet waren, trug sie einen weißen Bikini. Ihre Haut war dunkelbraun von der Sonne. Jeden Morgen mischte sie Meersalz in eine riesige Flasche Wasser. Mit diesem Salzwasser schmierte sie ihren Körper ein, wenn die Sonne am höchsten stand. Sie meinte, das Salzwasser würde die schönste Hautfarbe ergeben. Die Salzwasserflasche war der Ausgangspunkt für Neckereien und Gespräche gewesen. Er war verliebt in sie, aber sie interessierte sich mehr für Karl Anders. So kamen die beiden auch zusammen, jedenfalls so lange, bis ihr Freund aus der Schweiz auftauchte. Ein riesiger, beleibter Kerl, sicher zehn Jahre älter als sie. Er kam auf einer Harley angeritten, in Lederdress und mit einem deutschen Soldatenhelm aus Kriegstagen. Beim Gedanken daran musste Frank grinsen.
»Was ist denn hier so lustig?«, fragte Rindal und spielte mit dem Kaugummi zwischen den Vorderzähnen.
»Ich musste nur an etwas denken.«
»Denk lieber an das hier«, antwortete Rindal. »Was wir wissen, ist, dass Veronika Undset ihre EC-Karte an diesem Tag dreimal benutzt hat. In einer Parfümerie im Einkaufszentrum Byporten um zwanzig Uhr acht. Sie kaufte eine Packung Nagelfeilen und eine Hautcreme. Die Verkäuferin kann sich vage an sie erinnern. Sie trug ein geblümtes Sommerkleid und Sandalen und eine Umhängetasche. Kurz darauf kaufte sie einen Cafè Latte und einen Brownie bei Stockfleths an der Ecke Prinsens Gate und Dronningens Gate. Der Pathologe hat bestätigt, dass sie danach nichts mehr gegessen hat. Aber eine Stunde nach dem Cafébesuch, um einundzwanzig Uhr dreiundzwanzig, hob sie achthundert Kronen am Geldautomaten auf der Karl Johan ab. Das ist das letzte Lebenszeichen, das wir haben.
Aber was hat sie in der Stadt gemacht? Höchstwahrscheinlich wollte sie jemanden treffen. Höchstwahrscheinlich wollte sie ihren Verlobten treffen - aber ich finde hier keinen verdammten Bericht über ein Verhör von Karl Anders Fransgård!« Das Echo von Rindals Gebrüll hallte von den Wänden wider. Alle sahen Frølich an. Der begegnete ihren Blicken. Und schwieg.
Rindal kaute wie besessen.
Frølich sah ihm in die Augen, stumm.
»Morgen will ich diesen Bericht lesen«, verlangte Rindal und wandte sich der Tafel mit den Fotos der Leiche und der Karte mit den Verbindungslinien zu allen Beteiligten zu.
»Veronika Undset wurde nachts um kurz vor drei Uhr gefunden, eingerollt in Plastik in einem Müllcontainer in Kalbakken, den eine Wohngenossenschaft von der Firma Ragn-Sells gemietet hatte.«
»Ihr Körper war nackt.« Rindal zeigte auf das Foto von der Leiche. »Bei der Polizeiwache in Stovner ging eine telefonische Mitteilung von einem Bewohner der Genossenschaft ein. Er gab an, dass Fremde sich an dem Container zu schaffen machten, den seine Genossenschaft bestellt hatte, und Abfall entsorgten. Merkwürdigerweise rückten sie tatsächlich aus. Polizeiassistentin Bodil Sydengen entdeckte die Leiche um zwei Uhr achtundvierzig. Weder das Kleid, Unterwäsche, Sandalen noch die Tasche, Geld oder die EC-Karte wurden gefunden - und der Müllcontainer ist mit Pinsel und Lupe abgesucht worden. Die Leiche war in durchsichtiges Plastik eingewickelt, das mit breitem braunem Paketband verklebt war. Die Sorte Plastik wird in Rollen in allen Baumärkten verkauft. Sie wird
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