Rein Wie Der Tod
Schaukasten Bäume hinaufkletterten und zwischen Büschen herumliefen. Sie hatten eine Menge Teddys gewonnen, die sie großzügig dem Mädchen verehrten, das die Luftgewehre lud. Bei dem Gedanken daran musste er immer noch lächeln, während sie weitergingen, nachdem der Vestländer sein Telefonat beendet hatte.
Ein erneuter kühler Windstoß ließ ihn erschauern. Der Himmel hatte sich, seit er vor zehn Minuten in Tusenfryd angekommen war, beträchtlich verdunkelt.
Sie bewegten sich in eine neue Geräuschzone hinein. Hier war das Geschrei der Menschen mit dem Plätschern und Platschen des Wassers vermischt, dessen Spritzer den Asphalt wie Peitschenhiebe trafen. Wo sich der Weg gabelte, gesellte sich ein uniformiertes junges Mädchen mit Pferdeschwanz und Schirmmütze zu ihnen. Sie verbeugte sich bei der Begrüßung. In der Bude beim Ausgang der Wildwasserbahn verkauften zwei Teenager die Fotos, die auf den Monitoren gezeigt wurden.
Das Mädchen mit dem Pferdeschwanz übernahm die Arbeit der beiden anderen, die mit der Polizei reden sollten. Der eine junge Mann war übergewichtig und roch stark nach Deo. Sein Kopf war rund wie eine Bowlingkugel, und um seine Nase herum tummelte sich eine Sternenlandschaft roter Sommersprossen. Der andere war groß und dünn. Er hatte eine schlechte Körperhaltung, lange Zähne und trug ein Stirnband, um sich die helle Mähne aus den Augen zu halten.
Der Vestländer hatte die beiden Fotos, um die es ging, auf einem Laptop hochgeladen.
Beide jungen Männer schüttelten beim Anblick der abgebildeten Personen den Kopf.
»Es ist möglich, dass die Frau auf dem ersten Foto beide Bilder gekauft hat«, versuchte Frølich es noch einmal. »Hilft das?«
Sie zuckten die Schultern.
Der Vestländer begann, ihm Zahlen zu servieren. Tusenfryd hatte so und so viele Besucher pro Saison. So und so viele Tausend Gäste kamen jeden Tag den Wasserfall herunter. Von denen wurden so und so viele Fotos gekauft - jeden Tag. »Jeden einzelnen Tag«, wiederholte er. »Vor diesem Hintergrund ist es schlichtweg unmöglich, sich an einen einzelnen Kunden zu erinnern«, stellte er fest.
Frølich musste sich zusammennehmen, um nicht die Beherrschung zu verlieren. Er dachte: Was zum Teufel tue ich hier, wenn solche Dinge unmöglich sind?
Er sah die beiden Jugendlichen eine Weile an und versuchte einen letzten Vorstoß. »Diese Frau war überdurchschnittlich attraktiv und sie hat zwei Fotos gekauft.«
Die beiden jungen Männer sahen ihn immer noch ausdruckslos an.
»Manchmal kann es hilfreich sein, wenn man den Tag mit einem besonderen Ereignis in Verbindung bringt. Also - diesen Tag von allen anderen Tagen unterscheidet. Durch irgendetwas, was an diesem Tag passiert ist. Vielleicht habt ihr euch neue Klamotten gekauft, ein Mannschaftsspiel gehabt oder einen besonderen Film gesehen. Der Punkt ist: Wenn es euch gelingt, diesen Tag von allen anderen Tagen zu unterscheiden, taucht diese Episode vielleicht plötzlich auf, und ihr erinnert euch daran, was passiert ist.«
Die beiden sahen sich an. Dann schüttelten sie den Kopf.
Ein heftiger Donner ließ den Vestländer zusammenzucken.
Plötzlich ging ein Wolkenbruch nieder. Menschen rannten in Deckung. Niemand blieb bei den Fotos stehen. Eine ältere Frau lief vorbei und hielt sich schützend eine Zeitung über den Kopf. Das Wasser floss in Strömen über den Boden. Bald war kein einziger Gast mehr zu sehen. Das Mädchen mit dem Pferdeschwanz zeigte plötzlich Interesse für die Fotos auf dem Laptop. »Ich weiß, wer das ist«, sagte sie und zeigte auf den Mann, der allein im Kanu saß.
Frank Frølich drehte sich zu ihr um.
Sie nickte. »Er ist Bibliothekar in der Deichmanschen Bibliothek.«
Dem Jungen mit dem Stirnband gefiel es gar nicht, dass ein Mädchen ihn übertrumpfte. »Ausgerechnet du willst wissen, wer der Typ ist? Du arbeitest doch gar nicht hier!«
»Nein«, gab sie bissig zurück. »Ich bin Studentin, und wenn du deinen Kopf trainierst, dann wirst du das vielleicht auch mal.«
Als das Mädchen mit dem Pferdeschwanz merkte, dass alle sie ansahen, klappte sie den Mund zu und sah erschrocken von einem zum anderen. Schließlich blieb ihr Blick an Frølich hängen. »Ich sitze oft in der Bibliothek und lerne, und der Typ auf dem Foto sieht total so aus wie einer, der da arbeitet.«
21
»Sivert Almeli«, sagte Frølich.
»Wie hast du das rausgefunden?«, fragte Gunnarstranda skeptisch.
»Das ist der Mann auf dem Foto. Er ist Bibliothekar in
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