Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rein Wie Der Tod

Rein Wie Der Tod

Titel: Rein Wie Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
Vom Netzwerk:
des Gangs weit offen. Das musste der Gemeinschaftswaschraum sein. Er holte tief Luft und konzentrierte sich. Machte zwei Schritte. Die Beine hielten inne. Langsam drehte er den Kopf und sah in den stockfinsteren Seitengang. Ihm war, als sähe er nicht in einen dunklen Raum, sondern als stiege schwarzer Rauch dort auf, der das Wesen, das ihm von dem Moment an, als er diesen Block betrat, gefolgt war, einhüllte und verbarg. Er trat rückwärts an die Bretterwand zurück und wartete. Sein Gesicht war schweißnass, als er sich an die Wand drückte und in das Schwarz hineinsah, bis sich seine Augen langsam an das spärliche Licht gewöhnt hatten. Vage erkannte er die Umrisse des Seitengangs. Er war völlig leer.
    Dennoch verschwand sein Gefühl nicht. Wieder blickte er sich um. Niemand zu sehen. Also zwang er sich, weiterzugehen. Das Hemd klebte ihm am Rücken. Er musste stehen bleiben und sich noch einmal umsehen. Niemand da.
    Endlich. Er torkelte in den erleuchteten Bombenschutzraum mit weiß gestrichenen Betonwänden und grün gestrichenem Boden.
    Zwei Waschmaschinen standen an der einen, zwei Trockentrommeln an der anderen Wand. Aus einem Hahn an der Wand neben den Waschmaschinen lief Wasser - in einem sauberen Streifen bis zum Abfluss in der Mitte des Raumes.
    Er ging auf den Hahn zu und drehte das Wasser ab. Es wurde ganz still.
    Die Glastür der einen Trockentrommel stand offen. Er befühlte die Kleidungsstücke in der Trommel. Sie waren feucht. Jemand hatte sie vor Kurzem hineingelegt und die Tür nicht geschlossen.
    Da spürte er den Hauch eines Geruchs, den er schon sehr oft gerochen hatte.
    Er drehte sich abrupt um, machte einen Schritt, rutschte im Wasser aus, fiel fast hin, konnte sich aber gerade noch fangen. Er hatte sich nicht geirrt. Der Boden um die Waschmaschine herum war rot, und der rote Fleck vergrößerte sich langsam, aber stetig.
    Gunnarstranda fischte sein Handy aus der Tasche. Seine Finger zitterten so sehr, dass es ihm fast aus der Hand fiel. Sein Blick vernebelte sich, als er die Nummer eintippen wollte. Er musste sich an die Wand lehnen, um das Handy ruhig zu halten.
    Da sah er die Gestalt, die hinter der Waschmaschine auf dem Boden lag. Der Mann hatte die Beine unter sich verdreht, Brust und Gesicht lagen zum Boden gewandt. Die Schnittwunde am Hals ließ den Kopf in einem unnatürlichen Winkel abknicken. Die große Menge Blut und die helle Färbung seiner Haut sprachen eine deutliche Sprache.
    Das Handy an seinem Ohr klingelte. Zweimal.
    »Frølich? Ich brauche Unterstützung. Almeli wurde ermordet, und ich glaube, dass der Täter noch in der Nähe ist.«
    Gunnarstranda entfernte sich langsam rückwärts von der Leiche. Dann stand er ein paar lange Sekunden einfach da und schaute. Die Umrisse der Türen des Bombenschutzraumes pulsierten.
    Im nächsten Augenblick war er draußen. Der Anblick des langen Ganges ließ ihn wieder innehalten. Wo konnte sich der Täter versteckt haben?
    Egal, er musste raus! Den gleichen Weg zurück, den er gekommen war. Sein Rücken brannte. Aber hinter ihm war niemand. Er näherte sich dem dunklen Seitengang. Seine Schritte wurden langsamer. Er rang nach Luft und blieb stehen. Sagte sich im Stillen: Hier ist niemand!
    Er biss die Zähne zusammen und ging weiter, an dem schwarzen Loch vorbei und weiter. Konnte sich nicht zusammenreißen. Warf einen letzten Blick über die Schulter.
    Dann riss er die Tür zum Treppenhaus auf. Nahm zunächst zwei Stufen auf einmal. Kam an der Wohnung der netten alten Trønderdame vorbei. Sie öffnete die Tür und rief ihm hinterher:
    »Aber bitte, mein Herr, der Schlüssel!«
    Er konnte jetzt keine Energie auf sie verwenden, sondern stürzte weiter. Zog sich am Geländer hoch. Noch drei Treppen. Wo blieb bloß die Kavallerie?
    Auf dem Absatz vor dem Fenster hielt er inne und rang nach Luft. Spähte hinaus.
    Der erste Streifenwagen kam angerollt, und er zwang sich weiterzuklettern. Den Ausweis in der einen Hand schlug er an das dunkle Türholz. Drückte auf die Klinke. Die Tür bewegte sich nicht. Sie war verschlossen!
    Aber er hatte die Wohnung doch unverschlossen verlassen. Eine Flut aufgestauter Wut ergoss sich in einem Strom von Schimpfworten, den Gunnarstranda auf die Tür losließ. Es war nicht in erster Linie seine physische Schwäche, die ihn so rasend machte, sondern die Tatsache, dass die verdammte Schraube recht gehabt hatte. Er war nicht allein gewesen. Jemand war da drinnen gewesen - jemand, der auf dem Weg nach

Weitere Kostenlose Bücher