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Rein Wie Der Tod

Rein Wie Der Tod

Titel: Rein Wie Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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durcheinander, hielten inne und wanderten in neuen Bahnen weiter; nicht wie Gedanken, sondern wie lange, lose Taue, die durch unbeherrschbare Flashbacks miteinander verknotet waren.
    Ein Auto hielt und parkte ein paar Meter entfernt. Ein Saab Cabriolet mit geschlossenem Verdeck. Der Motor erstarb, die Lichter erloschen. Zwei Türen knallten. Er blieb sitzen.
    Erkannte sie am hellen Haar. Iselin Grav in Begleitung eines Mannes in Shorts und kurzärmeligem Hemd. Sie gingen auf den Eingang des gegenüberliegenden Hauses zu. Als sie in ihrer Tasche nach dem Schlüssel suchte, warf sie einen Blick in seine Richtung, wahrscheinlich, weil er sich bewegt hatte. Sie reagierte. Sagte etwas zu dem Mann mit den Shorts. Eilte über die Straße auf ihn zu.
    »Was ist passiert?«, fragte sie.
    »Ich muss mit Ihnen sprechen«, sagte Frølich und sah auf. Keine Brille heute. Vielleicht trägt sie Kontaktlinsen, dachte er, als wäre das irgendwie von Bedeutung.
    Sie sah von ihm zu dem Mann mit den Shorts und wieder zurück. »Was ist los?«, fragte der Mann und kam auf sie zu.
    »Rune«, sagte sie bestimmt. »Es passt jetzt gerade nicht so gut, ich rufe dich an.«
    Die beiden sahen sich einen Moment lang an. Der Mann hatte wenig Lust zu gehen. Sie traten ein paar Schritte beiseite und flüsterten miteinander. Frølich sah zum Himmel auf. Weit oben blinkte ein grünes Licht, das langsam in Richtung Osten schwebte.
    Das Flüstern wurde lauter. Schließlich fluchte der Mann und ging dann mit schnellen Schritten die Straße hinauf. Langsam verschwanden die weißen Waden und die schwarzen Sandalen in der Dunkelheit.
    Iselin Grav wartete an der Tür. Er stand auf. Sie gingen beide schweigend die Treppen hinauf.
    »Sie hatten recht«, sagte Frølich, als sie die Wohnungstür aufschloss.
    Sie erstarrte. Hielt in der Bewegung inne, den Schlüssel fest umklammert, und dachte nach. Schließlich schob sie die Tür auf.
    Sie machte kein Licht. Hängte ihre Umhängetasche über einen Haken an der Wand und drehte sich zu ihm um. Die Dunkelheit machte die Konturen weich. Stille breitete sich aus. Schließlich fragte sie: »Wie geht es ihr?«
    »Den Umständen entsprechend gut«, sagte er. »Sie wird überleben, jedenfalls physisch.«
    Ein Sitzsack stand vor einem weißen Tisch, darauf eine Vase mit Rosen. Er versank in dem Sack.
    Sie lächelte bei seinem Anblick.
    »Wussten Sie das?«, fragte er. »Hat er es Ihnen gesagt?«
    Ihr Lächeln erlosch. »Nein. Aber ich habe gespürt, dass etwas fürchterlich falschlief. Das war es wohl eigentlich auch, was ich versucht habe, Ihnen zu sagen.«
    »Sie haben alles auf Video aufgezeichnet.«
    »Sie?«
    »Er und sein Bruder, Mattis.«
    »Und jetzt sitzen sie im Gefängnis?«
    »Mattis.«
    Sie drehte sich auf dem Absatz um und ging in die Küche. Kurz darauf kam sie mit zwei schmalen Gläsern voller Eiswürfel zurück. Auf dem Regal stand eine Flasche Glenlivet. Sie schenkte ein. Einen ordentlichen Schluck. Sie ist großzügig, dachte er, das gefällt mir.
    Sie reichte ihm ein Glas.
    Er trank den Whisky in einem Schluck und gab ihr das Glas zurück.
    Sie schenkte noch einmal ein, fragte zögernd: »Und Andreas?«
    »Ist abgehauen.«
    Sie ging auf den Flur und suchte in ihrer Tasche nach ihrem Handy. Kam zurück. Klappte das Handy auf. »Mich hat er nicht angerufen.«
    Die Uhr an der gegenüberliegenden Wand zeigte elf Minuten vor drei. Frank Frølich schloss die Augen. »Sie haben Ihre Brille vergessen«, sagte er.
    Als er die Augen wieder öffnete, hockte sie vor ihm, nur noch in Unterwäsche, und versuchte ihm die Jacke auszuziehen. Die Wanduhr war bei fünf vor fünf angekommen. »Sie können hier nicht so im Sitzen schlafen«, flüsterte sie.
    »Wir hatten vier-fünf Tage am Stück gesoffen«, sagte er.
    »Haben Sie geträumt?« Sie flüsterte immer noch.
    »Wir hatten fast eine Woche nicht geschlafen. Wir hatten die Schule geschafft, waren die ganze Zeit total blau und haben nachts am Strand Lagerfeuer gemacht. Es waren fast keine anderen Norweger da, nur vier Mädchen aus Älesund, die versuchten, einen von den Ortsansässigen aufzureißen. Sie wollten mit uns beiden nichts zu tun haben und sprachen Englisch miteinander, damit wir nicht merkten, dass sie Norwegerinnen waren. Die Leute dort betrachteten uns als verrückte Idioten. Wir haben uns in ein Mädchen verliebt, das in einem Café serviert hat.«
    Frank fiel plötzlich ein, dass Iselin keine Ahnung hatte, wer Karl Anders war, dass sie kaum ein Wort

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