Reine Glückssache
als die letzte Diät, bei der ich nur Bananen essen durfte.« Sie blätterte in ihrem FatBusters-Buch.
»Mal sehen, was bei mir herauskommt. Also, Kaffee kriegt keine Punkte.«
»Moment«, unterbrach ich sie. »Du trinkst doch deinen Kaffee nie schwarz. Das da in deiner Hand ist bestimmt ein Cappuccino mit Karamellgeschmack. Das macht mindestens vier Punkte.«
Lula sah mich böse an. »Hier steht, Kaffee hätte keine Punkte, und so schreibe ich es auch hin. Mit dem spitzfindigen Kleinkram will ich mich nicht abgeben.«
»Hast du sonst noch was zum Frühstück gegessen?«, fragte Connie.
»Ein Ei. Mal sehen, wie viel Punkte ein Ei hat. Zwei Punkte.«
Ich schaute über ihre Schulter ins Buch. »Hast du das Ei selbst gekocht? Oder lag es auf einem fertigen Frühstückssandwich mit Wurst und Käse?«
»Es war auf einem Käse-Wurst-Sandwich. Aber ich habe es nicht ganz aufgegessen.«
»Wie viel hast du denn davon gegessen?«
Lula wedelte mit den Armen. »Also gut, ich hab es doch ganz aufgegessen.«
»Das sind bestimmt noch mal zehn Punkte.«
»Hunh«, sagte Lula. »Trotzdem, ich habe immer noch viele Punkte übrig für heute. Noch neunzehn Punkte für den Rest des Tages.«
»Was ist denn in der Einkaufstüte?«
»Gemüse. Für Gemüse gibt es auch keine Punkte, deswegen darf man davon so viel essen, wie man will.«
»Ich wusste gar nicht, dass du so eine große Gemüsefreundin bist«, sagte Connie.
»Ich esse gerne Bohnen, mit Schinken in der Pfanne gebraten. Und Brokkoli mag ich auch gern … nur muss Käsesoße drüber sein.«
»Schinken und Käsesoße treiben deine Punktzahl ganz schön hoch«, sagte Connie.
»Ja. Den Schinken und die Käsesoße muss ich mir abgewöhnen, wenn ich mein Supermodelgewicht erreichen will.«
»Ich muss jetzt mal los, einen gewissen Howie aufsuchen. Singh und er sollen angeblich dicke Freunde gewesen sein«, sagte ich zu Connie. »Sonst irgendwas Neues reingekommen?«
»Heute Morgen, ein neuer Fall von Kautionsflucht. Aber Vinnie will, dass wir uns alle nur auf Singh konzentrieren. Vinnie ist stinksauer wegen der Singh-Sache.«
»Soll ich mitkommen, Howie suchen?«, fragte Lula.
»Wenn ich hier bleibe, mache ich den ganzen Tag nur die Ablage, und Ablage machen, da kriege ich immer Hunger bei. Ich weiß nicht, ob ich genug Gemüse für einen ganzen Tag Ablage dabei habe.«
»Finde ich keine so tolle Idee. Howie arbeitet in einem Fastfood-Restaurant. Gegen das Zeug hast du nicht genug Widerstandskraft.«
»No problemo. Ich habe mich verändert. Ich bin ein anderer Mensch. Ich habe meine Dosis Fastfood für heute schon abbekommen. Ich hatte ein fettes Fastfood-Frühstück.«
Eine halbe Stunde später, und Lula und ich standen auf dem Parkplatz von McDonald’s. Lula hatte sich durch einen Haufen Sellerie gearbeitet und bereits zur Hälfte eine Tüte mit Möhren verputzt.
»Viel bringt mir das ja nicht«, stellte sie fest, »aber wer Supermodel werden will, muss eben Opfer bringen.«
»Vielleicht besser, du wartest im Wagen.«
»Kommt gar nicht in Frage. Ich will das Verhör nicht versäumen. Es könnte eine heiße Spur sein. Du hast doch gesagt, Howie und Singh sollen dicke Freunde sein, oder?«
»Eigentlich weiß ich gar nicht, ob sie befreundet sind. Ich weiß nur, dass Singh am Tag vor seinem Verschwinden versucht hat, Howie zu erreichen.«
»Dann mal los.«
Ich entdeckte Howie, kaum hatte ich das Restaurant betreten. Er arbeitete an einer Kasse, und er sah aus wie Anfang zwanzig, dunkelhäutig, schlank, wahrscheinlich Pakistani. Ich wusste, dass es sich um Howie handelte, weil er sich ein Namensschildchen angeheftet hatte. Howie P.
»Ja, bitte?«, sagte er lächelnd. »Was darf es sein?«
Ich schob ihm meine Visitenkarte hin und stellte mich vor. »Ich suche einen gewissen Samuel Singh«, sagte ich.
»Soviel ich weiß, waren Sie mit ihm befreundet.«
Im ersten Moment, während er meine Karte in Händen hielt, war er wie erstarrt. Vorgeblich las er sie sich genau durch, aber ich hatte den Verdacht, dass sein Verstand nicht Schritt hielt mit seinen Augen.
»Sie irren sich. Ich kenne keinen Samuel Singh«, sagte er schließlich, »und was möchten Sie gerne bestellen?«
»Eigentlich würde ich Sie nur gerne sprechen. Geht es in Ihrer nächsten Pause?«
»Das wäre die Mittagspause um ein Uhr. Aber Sie müssen jetzt etwas bestellen. So ist die Hausordnung.«
Hinter mir stand ein Riese. Er trug ein ärmelloses T-Shirt, abgeschnittene, ausgefranste Shorts
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