Reine Glückssache
draußen im Gang ähnelte Erik sehr, nur war er größer und gruseliger. Er sah aus wie ein hormongefütterter Pitbull.
»Unser Chauffeur«, sagte ich.
Ich machte auf und bat den großen, unheimlichen Kerl herein. Er hatte eine dunkle Haut, schwarzes, stramm nach hinten gekämmtes Haar und schwere Augenlider. Er trug schwarze Cowboyboots, eine schwarze Lederhose, schwarze Lederjacke und ein schimmerndes schwarzes Seidenhemd, das bis zur Brust offen stand. Auf der Außenseite der linken Hand war ein buntes Kreuz tätowiert, und hinten im Hosenbund, unter der Jacke, steckte eine Pistole.
»Ich bin Miguel«, sagte er. »Ich bin Eriks Partner.«
»Tut uns wirklich Leid wegen Erik«, sagte ich. »Hoffentlich geht es ihm wieder besser.«
Miguel nickte knapp, was ich so deutete, dass Eriks Wirbelsäule wieder eingerenkt war und er sich gut erholte.
»Von mir aus können wir los«, sagte ich zu ihm und reichte ihm die Handschellen, die Fußschellen und die Waffen.
»Meine Partnerin fährt mit dem Auto nach Hause. Sie hat die übrige Hardware.« Wieder ein knappes Kopfnicken.
Connie hatte ebenfalls alles gepackt, jetzt stand sie mit dem Hochzeitsfoto in der Hand mitten im Zimmer und wirkte, als wäre sie hin- und hergerissen. »Ich muss das erst noch klären«, sagte sie. »Ich bleibe hier und nehme eine spätere Maschine.«
»Wenn du willst, bleibe ich bei dir«, sagte ich.
Sie schüttelte den Kopf. »Nicht nötig. In Trenton bei Morelli bist du sicherer aufgehoben.«
Und Connie wäre in Las Vegas ohne mich auch sicherer aufgehoben. Ich umarmte sie und gab ihr den Zimmerschlüssel. Miguel hängte sich meine Tasche über die Schulter, trat zur Seite und folgte mir wortlos zum Aufzug.
So ist das mit Männern, die nicht reden: Man unterstellt ihnen schneller, dass sie stark sind und dass sie jene Verschlagenheit und Gerissenheit an sich haben, die Frauen sich bei einem Bodyguard wünschen. Ich will keine Vorurteile pflegen, aber ehrlich gesagt hätte ich mich nicht so sicher bei Miguel gefühlt, wenn er jetzt darüber schwadroniert hätte, wie schwierig es gewesen sei, ein anständiges Seidenhemd aufzutreiben. Kein Wort miteinander zu wechseln, dagegen hatte ich also nichts, denn ich brauchte Hilfe beim Tapfersein. Ich wollte mir einreden, dass dieser Mann aus dem Stand über Häuser springen konnte.
Ich verließ das Hotel und begab mich in den klimatisierten, geschützten Raum eines neuen schwarzen Mercedes.
»Ihr Wagen?«, fragte ich Miguel.
»Mehr oder weniger.«
Er begleitete mich zur Sicherheitsschleuse am Flughafen und wartete aufmerksam, bis ich abgefertigt war. Diesmal gab es keinen Ärger. Ab jetzt war ich auf mich allein gestellt. Theoretisch konnte mir hier nichts passieren. Trotzdem suchte ich mir einen Platz mit dem Rücken zur Wand, und ich ging als Letzte an Bord, hielt Ausschau nach bekannten oder verdächtigen Gesichtern.
Ich saß in der hintersten Reihe, neben mir drei leere Plätze. Lulas Platz, Connies Platz und einer, der für Singh reserviert war. Wenn ich Singh dabeigehabt hätte, hätten wir als Erste die Maschine betreten, und wenn eben möglich durch einen Seiteneinstieg. Einen Kerl in Handschellen durch den Mittelgang zu führen, vor den Augen der zahlenden Kundschaft, trägt nicht gerade zu einem stressfreien Flug bei.
Wieder war ich froh, mit dem Rücken zur Wand zu sitzen, aber ohne meine Hardware kam ich mir nackt vor. Der Gedanke, der Killer könnte in der Maschine sitzen, war mehr als unheimlich. Vielleicht war es ja der geschniegelte Herr auf der anderen Seite des Mittelgangs oder der stark behaarte Mann drei Reihen vor mir. Die hatten mich beobachtet, als ich meinen Platz einnahm. Schwer zu sagen, ob sie mich umbringen wollten oder ob sich nichts Besseres zum Anglotzen fand.
Als ich in Newark der Maschine entstieg, war ich viel zu müde, um noch Angst zu haben. Gesegnet seien die Glücklichen, die im Flugzeug schlafen können. Mir war das nie vergönnt.
Mit Morelli hatte ich ausgemacht, dass er mich an der Gepäckausgabe abholen sollte. Ich hatte zwar kein Gepäck, aber der Treffpunkt war leicht zu finden. Es war sieben Uhr morgens, Ostküstenzeit. Meine Zunge fühlte sich pelzig an, und mir taten die Augen weh.
Ich suchte in der wartenden Menge das Gesicht Morellis, und als ich es sah, hüpfte mein Herz vor Freude. Morelli ging nie in einer Menschenmenge unter. Er war von einer gewissen Filmstar-Schönheit und sah aus wie jemand, dem man in einem Kampf lieber aus dem Weg
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