Reinen Herzens
das hätte er, wenn überhaupt, schon selbst erledigt. Aber egal, was dahinterstecken mochte, eines wurde ihm schlagartig klar: Er musste hier weg. »Ich muss hier raus, Felix. Sofort!« Er richtete sich auf.
Felix schüttelte den Kopf und drückte ihn sanft zurück in die Kissen. »Nichts zu machen, mein Junge. Du bleibst im Himmel.«
»Wie meinst du das?«
Felix zeigte ihm ein ausgefülltes Formular. David las die Worte, verstand nichts.
»David Anděl, Kommissar der Prager Mordparta, wurde von einem Unbekannten erschossen«, erklärte Felix.
»Das ist mein Totenschein«, sagte David verständnislos.
»So ist es, mein Junge. Der Engel ist tot. Es lebe Jan Navrátil.«
13
Jediná droga, které jsem skutečně propadl:
Ženy s hrdým pohledem.
Die einzige Droge, der ich wirklich verfallen bin:
Frauen mit stolzem Blick.
Die Pension Zum Henker in der Židovská-Gasse in Cheb war ein kleines Haus mit nur fünf Zimmern, vernünftigen Preisen und einem eigenen kleinen Restaurant. Es war ein sehr altes, türkis gestrichenes Gebäude mit apricotfarbenen Tür- und Fensterrahmen, von außen und innen mit Liebe renoviert. Der Marktplatz lag nur wenige Meter die Gasse hinunter entfernt. Larissa hatte ein Einzelzimmer, klein zwar, doch mit schlichtem Komfort ausgestattet, den sie zu schätzen wusste: einer Kaffeemaschine und einer Mikrowelle, dazu kostenlosem Internetanschluss und einem Kühlschrank. Fast wie zu Hause, hatte Larissa zufrieden gedacht, als sie ihre Sachen in den Schrank geräumt hatte. Hungrig hatte sie sich danach mit einem Reiseführer und einem Notizblock bewaffnet ins hauseigene Restaurant begeben. Die Speisekarte war übersichtlich, erfüllte aber Larissas Ansprüche, die in der Regel mit allem zufrieden war, wenn es nur vom Grill kam und Grünzeug dabeihatte. Außer Grill und kalter Küche gab es hier nichts. Larissa bestellte Zander mit einem bunten Salat und dazu ein Glas Weißwein. Eigentlich ging sie nicht gerne alleine essen, es machte ihr ihre häufige abendliche Einsamkeit zu sehr bewusst, aber hier war es beim besten Willen nicht zu vermeiden, da sie in dieser kleinen Stadt im äußersten Westen der Tschechischen Republik niemanden kannte. So blätterte und las sie sich durch den Reiseführer, während sie auf ihr Abendessen wartete.
Cheb, auf Deutsch Eger genannt, war eine ehemalige Reichsstadt, gekrönt von der einzigen Kaiserpfalz Tschechiens, die einst Kaiser Barbarossa auf den Resten einer uralten slawischen Burg hatte erbauen lassen. Die Burg von Cheb war Teil der inzwischen fast tausend Kilometer langen Burgenstraße, die von Mannheim bis nach Prag führte. Die hübsche, renovierte Altstadt Chebs stand unter Denkmalschutz. Einst eine blühende Handelsmetropole auf der historischen Handelsroute von Nürnberg nach Prag, war sie heute wieder ein brummendes Touristenzentrum, seit sie 1989 nach der Samtenen Revolution aus ihrem über vierzigjährigen Dornröschenschlaf zwischen lange unüberwindbaren Grenzen geweckt worden war. Langsam arbeitete sich Larissa durch die Geschichte der Stadt zu den Sehenswürdigkeiten voran, wo sie beim Pachelbelhaus hängen blieb, einem gotischen Gebäude aus dem 15. Jahrhundert. Heute das Bezirksmuseum von Cheb, war es vor fast dreihundertsiebzig Jahren der Ort gewesen, an dem Albrecht von Wallenstein, der Generalissimus und Oberbefehlshaber der kaiserlichen Heere im Dreißigjährigen Krieg, ermordet worden war. Laut Reiseführer beherbergte das Museum diverse Waffen – inklusive der Partisane, mit der Wallenstein erstochen worden war –, persönliche Gegenstände und das ausgestopfte, 1632 erschossene Pferd des unglücklichen Feldherrn. Das würde sie sich nicht entgehen lassen, dachte sie, und machte ein Eselsohr in die Seite.
»Sie sollten auch zum Schloss Kynžvart fahren und sich die Sammlung dort ansehen.« Neben Larissa stand Blanka Horáková, die Wirtin der Pension, eine freundliche Frau von vielleicht Ende dreißig, in der rechten Hand den Teller mit duftendem Essen.
Larissa legte den Reiseführer beiseite. »Und wo ist dieses Schloss? Ich bin zum ersten Mal in dieser Gegend und kenne mich überhaupt nicht aus.«
Die Wirtin stellte den Teller vor Larissa auf den Tisch. »Etwas außerhalb von Bad Königswart, das sind vielleicht dreißig Kilometer von hier. Das Schloss ist erst vor zwei Jahren fertig renoviert worden, es war lange geschlossen nach dem Krieg. Sie haben eine schöne Sammlung, unter anderem das Erbe des letzten Scharfrichters
Weitere Kostenlose Bücher