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Reinen Herzens

Reinen Herzens

Titel: Reinen Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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ist doch …«
    »Eis«, half Felix nach, »ein Projektil aus Eis. Und innen steckt, wenn du genau hinsiehst, auch so ein Splitter, wie er in deiner Schusswunde gefunden wurde.«
    »Sie hat mit einem Projektil aus Eis auf mich geschossen? Aber das ist doch unmöglich!«
    »Meine Rede. Hätte sie mit diesem Ding auf dich geschossen, hätte sie ein bisschen Ausrüstung dabeihaben müssen. Einen Kühlbehälter mit flüssigem Stickstoff, um die Kugeln in Form zu halten, zum Beispiel. Hast du gesehen, dass sie ihre Waffe geladen hat? Sie kann es nicht weit im Voraus getan haben.«
    David schüttelte den Kopf. »Nein. Sie hat geraucht, hat die Zigarette in den Schnee fallen lassen und eine weitere aus ihrer Anoraktasche geholt – und dann hatte sie plötzlich etwas in der anderen Hand … es hat aufgeblitzt … dann weiß ich nichts mehr.«
    Felix sah ihn nachdenklich an. »Wenn es tatsächlich so war, dann kann sie nicht geschossen haben – jedenfalls nicht mit diesem Eisprojektil.«
    »Es war also noch jemand da … Aber wer benutzt denn Eis zum Schießen? Das ist doch absurd!«
    »Vielleicht nicht. In den Fünfzigerjahren machten angeblich die Russen Versuche mit Eisprojektilen. Deshalb dachte ich, du hättest mit den roten Rosen zu tun.« Die ganze Scharade wegen roter Rosen und eines Projektils aus Eis. Aber beides hatte seinen Chef überzeugt. Sofort.
    »Die russische Mafia?«, fragte David. »Oder etwa der KGB? Oder wie auch immer der Verein inzwischen heißt.«
    »Es gibt Leute, die sagen, das käme fast auf das Gleiche heraus.«
    Sie schwiegen eine Weile. Anděl versuchte, all diese Dinge in einen vernünftigen Zusammenhang zu bringen. Einzelne, zusammenhanglose Steinchen in einem unübersichtlichen Mosaik, das vor allem aus großen weißen Flecken bestand. Mit jeder Antwort, die er erhielt, wurde das Mosaik größer und die leeren Flächen wuchsen mit. »Ich weiß immer noch nicht, warum du praktischerweise im richtigen Moment vor meinem Haus warst«, sagte er schließlich.
    »Ich habe einen Tipp bekommen – zufällig. Mein Informant erzählte mir, jemand habe den Auftrag gegeben, das Engelchen in den Himmel zu schicken, wo es hingehört, weil unbestechliche Bullen die Pest seien. Wer könnte dieser jemand gewesen sein, David?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte Anděl perplex. Jemand sollte einen Auftragskiller auf ihn angesetzt haben? Absurd. Er war nur ein kleines Rädchen im Getriebe. Es wäre viel einfacher gewesen, einen Unfall zu arrangieren, ihn von einem Auto überfahren zu lassen oder ihn vor eine Straßenbahn zu stoßen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das als schlichter Unfall durchgehen würde, war groß. Außerdem hatte er nichts mit der russischen Mafia zu tun. Nur mit den Vietnamesen, und die hatten bisher keine Auftragskiller engagiert, soviel er wusste, jedenfalls hatten sie keine auf Polizisten angesetzt – bisher. »Wer sollte schon willens sein, einen Haufen Geld dafür auszugeben, mich umzubringen?«
    Felix zuckte die Achseln. »Verschmähte Geliebte, genötigte Autofahrer, wütende Chefs – die Liste ließe sich vermutlich verlängern.«
    Anděl verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Wütende Chefs – was für ein Schwachsinn … Der Tag, nachdem Eva ihn angerufen hatte, kam ihm plötzlich in den Sinn. Er war mit einer ausgewachsenen Migräne ins Büro gekommen, nach dieser grässlichen Nacht, in der Eva ihm von ihrer ungewollten Schwangerschaft erzählt hatte. Und im Büro hatte sein Chef, Oberst Kohout, auf ihn gewartet, und ihn wegen einer angeblich unangemessen groben Behandlung des Anwalts eines der verhafteten Vietnamesen gerüffelt. Er war vor Wut außer sich gewesen, wie ein Rumpelstilzchen hatte er sich in Davids Büro aufgeführt … Richtig, die Bänder, auf denen zufällig das unmoralische Angebot dieses jungen Winkeladvokaten verewigt war. Anděl hatte die Bänder nicht herausgerückt – aus Trotz wie aus Prinzip gleichermaßen. Es war doch nicht möglich, dass … Nein, das war völlig abwegig. Er war dabei, sich von Felix’ Verschwörungstheorien anstecken zu lassen. Der Oberst war faul und sicher nicht reich, obwohl … arm war er auch nicht gerade, er besaß immerhin einen Weinberg, ein großes Haus und fuhr neuerdings einen nagelneuen großen Audi. Angeblich hatte er geerbt, hörte man. Vielleicht sollte man den Oberst doch ein bisschen unter die Lupe nehmen. Quatsch, dachte Anděl, der Oberst war ein alter Geizhals, niemals würde er für einen Auftragsmord Geld ausgeben,

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