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Reinen Herzens

Reinen Herzens

Titel: Reinen Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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auch tot, wie Sie wissen, schon seit fast sechzig Jahren. Kein unangenehmer Zustand, übrigens.« Sie kicherte. »Was kann ich für Sie tun, mein scheintoter Engel?«
    »Ich bin in einem Sanatorium etwas außerhalb von Prag.« Er nannte den Namen und die Adresse des Sanatoriums, die er auf einer Infobroschüre in der Schublade seines kleinen Schreibtisches gefunden hatte. »Ich muss unbedingt hier weg. Am besten noch heute. Können Sie mir irgendwie helfen? Ich weiß, das ist viel verlangt, zumal Sie gar nicht wissen, worum es geht …«
    Ihr helles Lachen klang durch die Leitung. »Sie zu kennen, lässt einen von einem Abenteuer ins nächste fallen, Herr Kommissar. So aufregend war mein Leben seit dem Krieg nicht mehr. Sie haben Glück, ich habe einen Wagen und ich kenne das Sanatorium, der Chef ist ein früherer Kollege und guter, alter Freund von mir. Ich werde ihm einen Besuch abstatten. Und dann werden wir das Kind schon irgendwie schaukeln.«
    David erzählte ihr von der Gartenpforte hinter dem Grundstück, die auf den Schotterweg am Waldrand führte.
    »Das wäre natürlich eine Möglichkeit. Es geht aber sicher auch etwas weniger pfadfindermäßig – ich bin immer für die elegante Methode, wenn es irgend geht. Brauchen Sie sonst noch etwas?«
    Diese Frau ist ein Gottesgeschenk, dachte David, keine überflüssigen Fragen, dafür dachte sie mit. »Etwas zum Anziehen – Hemd, Pullover, eine Hose, wenn es geht. Eine falsche Identität werden Sie mir auf die Schnelle kaum verschaffen können …« Nun lachte auch er. Jan Navrátil würde bei nächster Gelegenheit zum Mond zurückkehren.
    »Hmm. So ist das also … Mal sehen, was ich tun kann. Geben Sie mir ein paar Stunden Zeit. Bis später, mein lieber Engel.« Sie legte auf.
    David betrachtete sein Handy und grinste breit. Die Frau war ein Phänomen. Fünfundachtzig Jahre alt, aber fitter und geistig präsenter als viele halb so alte Leute. So also werden unausgesprochene Gebete erfüllt, dachte er zufrieden. Vielleicht hatte Jirka doch nicht recht – wenigstens eine gute Fee gab es ganz sicher auf der Welt. Dieses aufgezwungene neue Leben begann ihm langsam Spaß zu machen.

15
    Přál bych si, aby mohla slova zabíjet a oživovat mrtvé.
    Ich wünschte mir, dass Worte töten und
Tote zum Leben erwecken können.
    »Déjà vu.«
    Jirka Kratochvíl sah Magda irritiert an. Sie stand in der Tür zu seinem Büro und lächelte verschmitzt.
    »Wie bitte? Ich verstehe nicht …« Alle Trauer, alle Anspannung schienen aus ihrem schönen Gesicht wie weggeblasen.
    »Ein Déjà-vu-Erlebnis. Die Urne. Wie im Sommer bei der Mumie, du erinnerst dich?«
    »Du meinst …«
    Magda nickte. »Genau. Aber diesmal ist es nicht Blumenerde, sondern Zement.«
    »Keine Asche?«
    »Keine Asche. Nicht mal in Spuren. Wenn das hier vorbei ist, wird irgendjemand in diesem Krematorium sehr viel Ärger kriegen. Vom Militärkrankenhaus ganz zu schweigen. Dein Freund Katz sollte sich verdammt warm anziehen.«
    »Ich kann nicht behaupten, dass mir das leidtun würde. David wurde nicht eingeäschert – immerhin ein Licht der Hoffnung am Ende des Tunnels. Katz hat also gelogen. – Aber warum?«
    »Das ist eine gute Frage. Aber abgesehen von dieser, stellt sich die wesentlich wichtigere Frage, was wirklich mit David passiert ist.« Sie trat ein paar Schritte näher und stützte sich mit ausgestreckten Armen auf die Lehne des Besucherstuhls. »Jirka, ich glaube nicht, dass er tot ist …« Tränen liefen ihr über die Wangen, aber sie fühlte sich unendlich glücklich. Sie trocknete mit einer Hand ihre Wangen und strich sich das lange, lockige Haar zurück, das sie heute ausnahmsweise offen trug.
    »Ganz langsam, Magda«, warnte Jirka und stand auf. »Schön, er wurde in diesem Krematorium nicht eingeäschert, aber das bedeutet noch nicht, dass er lebt.«
    »Aber alles andere ergibt doch keinen Sinn, Jirka!«, rief Magda aus. »Irgendjemand will uns nur glauben machen , dass er tot ist – aber ich bin sicher, er ist es nicht. Er lebt . – Und ich werde ihn finden.«
    »Setz dich erst mal. Ich mach uns einen Kaffee, und dann denken wir in Ruhe über alles nach.« Er ging hinüber zum Fenster, wo sich seine provisorische Teeküche befand, und schaltete den Wasserkocher ein. »Hast du schon mit jemandem darüber gesprochen?«, fragte er über die Schulter.
    »Nein, ich komme gerade aus dem Labor. Wir müssen herausfinden, wie er ins Krankenhaus gekommen ist. Ota wollte sich doch darum kümmern,

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