Reise durch die Sonnenwelt
überzuführen.
Hier war keine Stunde zu verlieren. Man fror, selbst in den tiefsten Galerien der alten Wohnung, fast buchstäblich zu Eis. Der Eifer aller Betheiligten wurde also ganz natürlicher Weise wach gehalten und niemals mag wohl ein Umzug und das Ausräumen einer Wohnung, beziehungsweise der Möbel, Lagerstätten derselben, verschiedener Werkzeuge, mancher Vorräthe aus der Goëlette und vieler Waaren der Tartane, hurtiger ausgeführt worden sein. Freilich kommt hierbei in Betracht, daß man Alles nur bergab zu schaffen hatte, und daß das wesentlich verminderte Gewicht der Collis deren Handhabung nicht wenig erleichterte.
Selbst Palmyrin Rosette mußte, so sehr er auch dagegen eiferte, in das Innere der Gallia hinabflüchten; er gab jedoch um keinen Preis zu, daß man sein Fernrohr mit wegschaffte. Freilich war es für jene dunkle Höhle von vornherein nicht geschaffen und blieb also ruhig auf seinem Dreifuß im Hauptsaal des Nina-Baues zurück.
Es ist wohl unnütz, die kaum wiederzugebenden Klagen Isaak Hakhabut’s hier aufzuführen. Da gab es im ganzen Weltall keinen so geprüften Handelsmann wie ihn. Mitten unter den Neckereien der Anderen, die ihm niemals erspart blieben, bewachte er scharf den Transport seiner Waaren. Auf Kapitän Servadac’s Befehl ward Alles, was ihm gehörte, auf einer Seite zusammengestellt, wo er selbst hausen sollte. So konnte er seine Güter übersehen und seinen Handel nach Belieben fortsetzen.
Die Pferde ließen sich nur mit Mühe in diese Tiefen schaffen. (S. 396.)
Binnen wenigen Tagen war die neue Einrichtung vollendet. Einige Schiffslaternen beleuchteten spärlich den schiefen Hauptgang nach dem Nina-Bau, was einen ganz romantischen Anblick bot und in »Tausend und einer Nacht« gewiß reizend gewesen wäre. Die große Höhle, der allgemeine Wohnraum, wurde durch die Lampen der Dobryna erhellt. Am 10. Januar war Jedermann in der Tiefe des Kraters wohnlich eingerichtet und wohl verwahrt, mindestens gegen die Kälte, welche im Freien sechzig Grad unter Null erreichte.
»
Va bene!
wie unsere kleine Nina sagt, rief der leicht befriedigte Ben-Zouf. Statt in der ersten Etage zu wohnen, campiren wir einfach im Keller, das ist Alles!«
Und doch konnten sich Graf Timascheff, Kapitän Servadac und Prokop, wenn sie ihre Empfindungen auch möglichst verbargen, einer gewissen Unruhe wegen der Zukunft nicht erwehren. Wenn die vulkanische Wärme einmal aufhörte, wenn irgend eine unerwartete Störung den Umlauf der Gallia um die Sonne verzögerte, wenn man in die Lage käme, unter den nämlichen Verhältnissen noch einmal zu überwintern, würde man dann das nothwendige Brennmaterial im Kerne des Kometen finden? Steinkohlen, diese Ueberbleibsel vorsündfluthlicher Wälder, welche in grauer Vorzeit vergraben und im Laufe vieler Jahrtausende mineralisirt wurden, konnten im Innern der Gallia nicht vorhanden sein. Sollte man darauf angewiesen sein, die Eruptivmassen zu verwenden, welche das Innere des Vulkanes auch nach seinem völligen Erlöschen noch bergen mußte?
»Laßt nur die Zukunft herankommen, liebe Freunde, sagte Kapitän Servadac. Wir haben noch lange Monate hindurch Zeit zu überlegen, zu plaudern und zu besprechen. Mordio, das müßte ja mit dem Teufel zugehen, wenn uns bis dahin kein gescheidter Gedanke käme!
– Gewiß, antwortete Graf Timascheff, wenn sich Schwierigkeiten erheben, leistet das Gehirn mehr als sonst. Uebrigens ist es kaum wahrscheinlich, daß die Wärme des Innern uns vor Eintritt des Gallia-Sommers fehlen sollte.
– Ich glaub’ es kaum, meinte Lieutenant Prokop, denn noch immer hört man das Sieden und Zischen im Kratergrunde. Die Entzündung dieser vulkanischen Substanzen datirt erst aus jüngster Zeit. Als der Komet durch den Weltraum irrte, besaß er bis zu seinem Zusammentreffen mit der Erde keine Atmosphäre und folglich kann der Sauerstoff erst nach jenem Ereigniß in sein Inneres Zutritt gefunden haben. Nun bildete sich eine chemische Verbindung, deren Resultat die Eruption war. Eben deshalb darf man, meiner Ansicht nach, voraussetzen, daß die plutonische Thätigkeit auf der Gallia noch im ersten Anfange steht.
– Ich stimme Dir so sehr bei, Prokop, bemerkte Graf Timascheff, daß ich, weit entfernt an ein Verlöschen des Centralfeuers zu glauben, vielmehr eine andere, für uns nicht minder entsetzliche Möglichkeit befürchte.
– Und diese wäre? fragte Kapitän Servadac.
– Ich denke hierbei daran, Kapitän, daß ein
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