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Reise in die arabische Haut

Reise in die arabische Haut

Titel: Reise in die arabische Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea M Ben Habibi
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Hotel entschädigt uns für die unbequeme Busfahrt. Khalid probiert die scharfen, deftigen Fleischgerichte, während ich meinen Teller mit süßen Tortenstücken überhäufe. Wenn ich jeden Abend so esse wie zuvor, gehe ich auf wie ein fülliger Hefekloß, oder man kann mich als feister Ochsenschwanz auf dem Büfett anbieten. Je nach Bedarf.
    Die vielen Süßigkeiten sorgen für schrecklichen Durst. Der Kellner bemerkt meine erhobene Hand, kommt mit seinem Tablett angerannt und fragt: »Tay, mä, safia, limonada? «
    Ich will weder Tee noch Wasser.
    »Cola light«, bestelle ich.
    »Boga?«
    Khalid schildert dem Kellner, was ich bevorzuge.
    »Was heißt Boga?«
    »Boga ist bei uns eine Firma. Es gibt verschiedene Boga-Getränke, Apfel- und Orangenbogas sowie auch Colabogas.«
    »Du hast dem Mohammed hoffentlich erläutert, dass ich Coca Cola will und nicht nachgepanschte Boga.«
    Khalid erspart sich die Antwort, da der Kellner augenblicklich mit einer kleinen Dose Cola light auftaucht.
    Er verlangt zwei Dinar für die Blechbüchse. Happig für Tunesien. Apothekerpreise. Hier trinke ich nichts mehr.  Zu dieser Stunde ahne ich nicht im Entferntesten, dass dieses süße Menü mein letztes köstliches Abendmahl im Hotel ist. Stattdessen freue ich mich auf weiteres tunesisches Urlaubsfeeling.
    Nach dem Abendessen trippeln wir in die Vorhalle, wo die Animationen ablaufen. In dem separaten Bereich ist heute Seniorenball. Auf der mit bunten Bannern verzierten Bühne tänzeln zwei wunderhübsche, blutjunge Animateure mit zwei aufreizend gekleideten, älteren Damen. Ein Sonderangebot für Beznesser: faltenreich, korpulent und auf der Suche nach Zuneigung. Ich möchte den Damen zubrüllen: »Vorsicht Beznesser.«
    Warum spukt bei jeder Gelegenheit das Wort Beznesser in meinem Hirn herum? Fiktiv trete ich mich selber in den Hintern und schweige in mich hinein.
    Als ein animateurischer Jungspund auf mich zukommt, schrecke ich aus meinen Gedanken auf. Mit Gesten fordert er mich zum flippigen Tanz auf. Präzise wimmele ihn ab.
    Khalid sagt: »Merihda.«
    »Was hast du gesagt?«
    »Kranke Frau.«
    Der süße Animateur lächelt mich mitleidig an und tanzt kurz darauf auf eine andere Oma zu.
    »Was habe ich denn für eine Krankheit, Habibi?«
    Darauf kriege ich keine Antwort.
    Ich warte vergeblich auf das Hauptanimationsprogramm. Es kommt weder eine Bauchtänzerin noch ein Schlangenbeschwörer. Deshalb schweben wir mit dem Lift hinauf in unser Zimmer. Auf dem Frisiertisch liegt ein achtlos dahin geworfener Notizzettel, der mein gesamtes Weltbild auf den Kopf stellt.
    »Ich soll dringend an der Rezeption vorsprechen.« Leichenblass wirft Khalid den Zettel auf das Bett.
    Wir sind mit vollem Trolley heute in der Frühe aus dem Hotel gegangen. Wir sind mit keinem Koffer zurückgekommen. Ein Indiz für das Handtuchklauen. Ein Trost, dass sich meine neue Familie über die weichen Saunatücher gefreut hat.
    »Siehste, mein ungutes Gefühl heute Morgen hat mich nicht getrogen. Hoffentlich sind die Hoteliers nicht davon überzeugt, dass wir Hoteleigentum entwendet haben.«
    »Ach was«, beschwichtigt mich Khalid, nimmt den Zettel an sich und verlässt den Raum. Ich renne wie eine Irre hinterher. Ich will auch wissen, was abgeht.

Flitterwochenabbruch
     
    Der Portier deutet mehrmals auf den schwarzen Telefonapparat, der an der gegenüberliegenden Wand hängt.
    »Das Krankenhaus hat angerufen.«
    »Ich wusste genau, dass mit Jadda etwas passiert, wenn ich ihr nicht Tschüss sage. Jetzt liegt sie im Hospital. Schöner Mist«, echauffiere ich mich. Verzweifelt bereue ich, dass ich Jadda nicht »Beslama« gesagt habe.
    Verstört wählt Khalid eine Nummer, verwählt sich und dreht die Scheibe erneut.
    »Die Knusperbaum-Klinik in Deutschland hat angerufen.«
    Ich atme erleichtert auf. Jadda lebt.
    Obwohl, die Knusperklinik hat mir gerade noch gefehlt.
    »Warum rufen sie an? Wollen sie uns eine angenehme Hochzeitsreise wünschen oder haben sie Angst, dass wir nicht mehr zurückkommen?«
    Die Mitarbeiter der psychiatrischen Klinik wenden sich häufig an meinen Mann, wenn Probleme auftauchen. Frechheit, dass sie uns selbst in den Flitterwochen behelligen. Schon während der Studienzeit hat Khalid dort als Pfleger gejobbt, danach als AiPler, als Arzt im Praktikum. Im letzten Jahr wurde er zum Oberarzt befördert. Nun hat er Blut geleckt und hofft, als medizinischer Experte die Stelle des Chefarztes zu ergattern, wenn dieser in Pension geht. Daher rührt

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