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Reise in die arabische Haut

Reise in die arabische Haut

Titel: Reise in die arabische Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea M Ben Habibi
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ein Hühnchen verloren und wir haben es wieder eingefangen.«
    »Olivia, es wird Zeit, dass du zurückkommst. Es wird dir schwerfallen, Anschluss an das deutsche Leben zu finden.«
    »Jetzt komme ich noch nicht zurück, mein Lieber. Hier ist es viel amüsanter als bei dir im tristen, sozialen Germany.«
    »Als ich dich damals bei meiner Familie gelassen habe, dachte ich, dass du es keine Woche aushältst. Nun bist du schon länger als zwei Monate in Tunesien. Komm bald zurück.«
    »Mal sehen«, trauere ich und denke schmerzlich an den Abschied, der mir unweigerlich bald bevorsteht.
    Bepackt mit Eiern und Huhn trudeln wir zu Hause ein.
    Jadda sperrt das schwarzbraune Hinkel als Gesellschaftstier zum Esel in den Stall.
    Walda und Shirin reiben sich erwartungsvoll die Mägen, als sie die Henne sehen. Mir kommt ein schrecklicher Verdacht: Unser Huhn wird anstatt des Eierlegens für den Kochtopf missbraucht. Sie werden das Huhn in naher Zukunft morden, um die Knochen abzunagen. Barbaren.
    Dafür habe ich das Tier im Telecafé nicht eingefangen. Auch Hühner haben Anspruch auf ein freies Leben. Man denke nur an das Miese(s) Karma von Safier. Vielleicht steckt in diesem Geflügel die Seele meiner Urgroßmutter oder der Geist meines Opas. Ich sorge dafür, dass das Huhn unter allen Umständen weiterleben wird.
    Für das heutige Abendmahl sind die Fische gegrillt. Somit erbeuten das Huhn und ich einen zeitlichen Vorsprung.
    Am frühen Morgen, als der Muadhin mich automatisch weckt, renne ich in den Stall. Das Huhn hockt schläfrig auf einem Ballen Stroh, während Graba es verfressen anpeilt. Das fehlt mir noch, dass der Esel mein Hühnchen anknabbert.
    Die Gelegenheit ist günstig, um den ultimativen Geisterversuch auszutesten:
    »Uroma, putt, putt, putt.«
    Die Henne rührt sich nicht vom Fleck.
    »Opa, Opa, putt, putt.«
    Das Huhn fühlt sich nicht angesprochen.
    Ich habe nicht die Zeit, alle Verstorbenen durchzugehen, um zu klären, wer in dieser Glucke steckt.
    Vielleicht ist das Huhn auch nur ein Huhn und wartet noch auf eine Seele von Mensch.
    Ich jage das Hühnchen vom Hof. Zufrieden lehne ich am Türrahmen und freue mich, als das Federvieh auf der Gasse flatternd davonjagt.
    Nach dem Befreiungsschlag schlafe ich so gut wie lange nicht mehr.
    Der Familienkrieg im Hof erinnert mich daran, dass Jaddas Huhn in die Ferne entflohen ist und solange am Leben bleibt, bis ein Geflügelfresser auftaucht, um es erneut einzukerkern.
    Als ich mit meiner Zahnbürste durch den Hof scharwenzel, starren mich vier schwarze Augenpaare perplex an.
    Ich tue ahnungslos und wünsche einen rosigen Morgen: »Sbah-el-ward.«
    Meine Sippe ist sprachlos, ob dieser Frechheit. Ich habe nicht bedacht, dass an meinem Kleid noch einzelne Federn kleben. Ein Indiz für meine Huhndispensation.
    Subversiv rupft Shirin am Abend eine tote Glucke. Ich boykottiere das Abendessen und begnüge mich mit einem Stückchen Baguette.
    »Hoffentlich ist es nicht mein Huhn, was gerade zubereitet wird«, denke ich und bitte Allah darum, alle Tiere zu beschützen. Da dieses Huhn sowieso tot ist, kann ich es ebenso gut probieren. Es hat einen bitteren Beigeschmack, deshalb überlasse ich die sterblichen Überreste lieber den Hungrigen und cancel diese Mahlzeit.

Altkleider-Souk
     
    »Buh, ist das eine Affenhitze«, stöhne ich und lüfte mein Kleid. »I want to buy a new summerdress for me.«
    »We can go to Monastir. There is a secondhand-souk for clothes.«
    In Deutschland heißen sie Flohmärkte, hier in Tunesien nennt man sie Zweite-Hand-Märkte für Klamotten. Ali Baba, der in Monastir einen Auspuff besorgen will, nimmt Jamila und mich mit in die Stadt. Er lässt uns am Souk aussteigen und verspricht, uns in zwei Stunden abzuholen.
    Der Gebrauchtkleider-Souk erstreckt sich über eine weite Fläche. Hier finden sich Kleidungsstücke für jede Jahreszeit. Der erste Stand kippt fast um vor lauter Gardinen. Jamila prüft jede Menge Stores und kauft zwei Fenstervorhänge.
    Erstaunt frage ich, wofür sie die Gardinen braucht.
    »If I’ll get married, I need some drapery.«
    »When do you want marry?«
    Mir ist nicht bekannt, dass Jamila auf Bräutigamschau ist.
    »Inshallah, if I meet a rich boy, a good father for the children. Then I will be marry.«
    Bis jetzt hat sie den prädestinierten Vater ihrer zukünftigen Kinder noch nicht gefunden. Vielleicht steht er aber an der nächsten Ecke. Dafür bereitet sie sich mit gekaufter Aussteuer vor. Die tunesische Tradition

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