Reise in die Unterwelt
sich dem Genuß von Fisch, Käse und Wein hingab, aß Polderbag weniger als die beiden anderen und schien innerlich mit etwas zu ringen. Endlich faßte er den Mut, sich an sie zu wenden. Er bat sie, sich näher an ihn zu setzen.
»Falscher Stolz schadet nur, vor allem unter Kollegen«, begann er schließlich. »Ich brauche Hilfe, wenn auch nur geringfügige. Warum sollte ich es euch verheimlichen, wenn ich mich über eine ähnliche Bitte eurerseits freuen würde? Schließen wir unseren Beistandspakt mit dieser ersten Hilfeleistung. Ich benötige einen Bannspruch. Die Wirkungskraft dessen, den ich benutze, schwindet mehr und mehr.«
»Sind die Obszönotroben an Zahl gewachsen?« erkundigte sich Cugel zurückhaltend.
»Es handelt sich nur um eine solche Wesenheit. Ich war gezwungen, Spurb mit einer Unwahrheit aufzuwarten. Die Kreatur reagierte auf meinen Bannspruch ursprünglich zumindest zeitweilig, kehrte jedoch von Mal zu Mal schneller zurück. Nun läßt sie sich überhaupt nicht mehr vertreiben. Sie erschreckte mich vergangene Nacht durch ihr viertes Erscheinen, und wählte sich unglücklicherweise auch noch ausgerechnet Waddlawgs Erhabenste Matrone, Grimba Salta, als Opfer – und ließ sich mit nichts austreiben. Um Zeit zu gewinnen, gab ich der Frau ein starkes Schlafmittel ein. Obwohl sie natürlich immer noch besessen ist, hat sie zumindest zu toben aufgehört, und Spurb ist von der Heilung seines Weibes überzeugt. Die Wirkung des Mittels wird jedoch bald nachlassen. Deshalb bitte ich euch jetzt, solange mir noch die Zeit dazu bleibt, um eure Unterstützung.«
Cugel schwieg, deshalb drängte der fette Zauberer: »Ihr müßt mir glauben, ein Zusammenschluß unserer Kräfte ist dringend erforderlich. Wir müssen eine geschlossene Front bilden. Bedenkt die stetig anwachsenden Schwärme von Ektoplasmen, die Steeps Jaw ausspuckt. Ich habe euch ihre immer größere Kreise schlagende Bedrohung geschildert.«
»Aber Ihr selbst sagt doch, daß es sich bei Eurem Feind um eine separate und unbedeutende Wesenheit handelt«, erinnerte ihn Cugel. »Weshalb befürchtet Ihr dann ganze Geisterhorden? Ich bemerke hier nichts davon.«
»Das liegt einzig und allein an Waddlawgs absolutem Unglauben an diese Art von Wesen«, erklärte Polderbag. »Die lange Zeit zurückreichende Ablehnung alles Unerklärlichen hüllt Waddlawg ein wie ein Feld, das die Stadt für die sich herumtreibenden Geister nahezu unsichtbar macht. Nur einige der Ektoplasmen fanden sie bisher durch Zufall. Doch gerade dieses Feld, das sie jetzt schützt, wird sie den Geistern um so begehrenswerter machen, wenn sie die Stadt erst entdecken.«
Der fette Zauberer hielt schaudernd inne. »Hier ist dieser große steinerne Lebensraum, bis jetzt noch unsichtbar für die gewaltigen Schwärme von Inkuben und Sukkuben, die die Lüfte durchstreifen. Sie schweben über Waddlawg und halten Ausschau nach der Vorstellungskraft der Menschen entsprungenen Phantasien, von denen sie sich nähren können. Noch strahlte Waddlawg jedoch kaum welche aus, und deshalb blieb die Stadt unentdeckt. Doch laßt euch sagen, daß dies in anderen Gegenden bedauerlicherweise nicht der Fall ist.«
Polderbag blickte von Cugel auf Sull. Er flüsterte fast. »Die Beispiele häufen sich. In Juggler, einer Stadt etwa drei Tage westlich, setzten die Inkuben allen Ehemännern der Stadt Hörner auf. Jede dieser dämonischen Zeugungen trug am gleichen Tag Frucht der irrsten Art. Meine Base wurde von einem Faß Nägel entbunden, ihr Mann, ein Tischler, hatte keine Skrupel, die Nägel für seine Arbeit zu verwenden. Andere dieser Buhlergebnisse waren weniger nützlichen Charakters. Eine ältliche Jungfer gebar siebenundzwanzig voll ausgewachsene Ratten. Sie bemuttert sie wie eine Glucke und weigert sich, sich von ihnen zu trennen.«
Cugel nickte, schien zumindest ein bißchen beeindruckt. »Diese Streiche sind meines Erachtens doch recht harmlos«, sagte er schließlich.
»Dafür sind andere es um so weniger«, schnaubte Polderbag. »Was ich damit jedoch ausdrücken will, ist, daß die Gefahr für Waddlawg groß ist. Wenn wir aber unsere Kräfte zusammenschließen und die paar Wesenheiten austreiben, die zufällig ihren Weg hierher finden, gelingt es uns vielleicht, die Stadt weiterhin unauffindbar für die Nachtgeister zu machen – eine sichere Insel inmitten einer bedrohten Welt. Als das erkannte ich Waddlawg jedenfalls, als ich hier eintraf, und ich war überglücklich, als man zu meinem
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