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Reise nach Genf

Reise nach Genf

Titel: Reise nach Genf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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ein paar Fragen beantworten und wenn Sie morgen früh in der Lokalausgabe ein Bild von uns bringen mit einem erläuternden Text. Geht das in Ordnung?«
    Er nickte. »Das könnte gehen. Ihre Frage also.«
    »Zuvor möchte ich wissen, ob Sie etwas ahnen. Und falls wir beide dasselbe ahnen, denke ich, daß der Handel okay geht. Wenn ich Sie also frage, wie gut in diesem Hotel der Zimmerservice funktioniert, möchte ich als Antwort ein sanftes Grinsen.«
    Er grinste sanft.
    Ich fragte weiter: »Hat denn niemand der vielen Zeitungsleute in diesem Punkt nachgehakt?«
    »Doch, doch«, sagte er, »aber zu spät und nicht hartnäckig genug.«
    »Und wo liegt der Schwachpunkt?«
    »In einer Dame namens Lilo.«
    »Hatte die Dame was mit Watermann?«
    Er lachte meckernd. »O nein. Ich denke, die war eine Nummer zu groß für Ihren kleinen Ministerpräsidenten. Und es war auch nicht Lilo, die ihm beim Sterben half. Aber manchmal, wenn sie richtig besoffen ist, erzählt sie eine komische Geschichte.«
    »Wer ist Lilo?« fragte Minna schnell.
    »Eine Nutte, eine Hure, eine Prostituierte«, sagte Gremm ganz brav.
    »Sie war also nicht angestellt beim Zimmerservice?« fragte ich.
    »Nein. Sie arbeitet in der Bar vom ›Le Richemond‹ nebenan«, sagte Gremm. »Bemühen Sie sich nicht. Sie kommen ohnehin nicht darauf.«
    »Was erzählt denn Lilo für eine Geschichte?« fragte ich.
    Gremm blickte zu Boden. »Sie müssen wissen, daß Lilo gut ist. Ich meine, in ihrem Beruf. Aber sie ist schon vierzig, wenngleich kein Mensch ihr das ansieht. Sie sehnt sich wie alle Huren nach einem Häuschen mit Garten, nach Kindern, nach dem Rosenzüchten. Sie hat in den letzten Jahren häufig auf das falsche Pferd gesetzt.«
    »Und das letzte Pferd war oberfaul«, sagte ich.
    »Richtig«, nickte Gremm. »Das letzte Pferd war ein Italiener namens Paolo, genauer Paolo Maggia. Dieser Paolo war Lilos große Liebe. Als Watermann tot war, oder besser gesagt, als er vermutlich tot war, machte Lilo gerade die Pläne für eine richtige Verlobungsfeier. Sie ist hoffnungslos romantisch, verstehen Sie. Dann aber war ihr Paolo spurlos verschwunden.« Er strich irgendein Staubkorn von seiner Hose. »Wie alle Huren ist Lilo stinksauer, wenn sie der Meinung ist, beschissen worden zu sein. Paolo war ein liebenswerter Schweinehund-Typ, wenn Sie wissen, was ich meine. Er gab Lilo gegenüber zu, daß er einen falschen Namen benutzte, sagte ihr aber niemals, weshalb. Sie nahm es hin, na ja, sie war eben verknallt. Jetzt verschwand er plötzlich, und sie war wütend. Er hatte behauptet, Paolo Maggia zu heißen und aus Palermo zu sein. Lilo stellte fest: Er war unter dem Namen nicht in Genf gemeldet und konnte auch nicht aus Palermo stammen.«
    »Minna«, sagte ich, »tu mir einen Gefallen und stell jetzt die richtige Frage. Es gibt nur eine.«
    Sie warf den Kopf in den Nacken und wollte erbost kontern, aber Gremm kam ihr zuvor und gluckste erheitert: »Aha, Sie sind noch in der Ausbildung? Na gut, ich höre die Frage der Volontärin.«
    Sie biß sich auf die Unterlippe, sie verschränkte die Hände, sie wurde etwas blaß um die Nase. »Hat Lilo jemanden beobachtet, der zu einem für Watermann kritischen Zeitpunkt ihre Bar oder ihr Hotel verließ und nach Watermanns Tod fröhlich zurückkehrte?«
    »Falsch«, sagte ich.
    »Falsch«, sagte Gremm. »Die richtige Frage?«
    »War Paolo Maggia ein Angestellter dieses Hotels? Speziell im Roomservice?« fragte ich.
    »Bingo! Der Kandidat hat soeben Schloß Linderhof und einen Ausritt mit König Ludwig gewonnen.«
    »Der konnte nicht gut reiten, glaube ich.«
    »Ihr Beweis?« Er war wirklich hartnäckig.
    »Watermann kann nur hierhergekommen sein, weil jemand ihm versprach, ihn aus der Scheiße zu holen. Richtig?«
    »Richtig«, nickte Gremm. »Mit anderen Worten: Sie haben keine Spur von Beweis, aber Sie wollen die Ratten aus den Löchern holen?«
    »Sehr bildhaft gesprochen«, lobte ich. »Machen Sie mit?«
    »Kriege ich das Ergebnis?«
    »Sie kriegen es.«
    »Gut«, sagte er. »Das lohnt die Arbeit.«
    Er nahm pingelig genau unsere Personalien auf, fragte nach meinen bisherigen Arbeiten, unserer Absicht. Er formulierte:
    »Die beiden Deutschen machen den Eindruck, als verfügten sie über mächtige Hilfe im Hintergrund. Aber sie schweigen, sie nennen keine Namen. Nur eines ist sicher: Sie haben Unterstützung von deutschen Behörden, die es offensichtlich satt haben, zu dem merkwürdigen Ende des deutschen Ministerpräsidenten

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