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Reise nach Genf

Reise nach Genf

Titel: Reise nach Genf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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beteuerte er. »Wirklich niemand, nicht einmal meine Frau oder seine.«
    »Das könnte gehen«, murmelte ich. »Aber nur eine begrenzte Zeit. Versteh mich nicht falsch, Peppo, aber der Fall Watermann wird wahrscheinlich wieder heiß. Da sind Regierungsstellen beteiligt. Jede Menge Behörden von der Art, die am liebsten nie genannt wird. Wenn sie wissen, daß dein Sohn frei herumläuft, werden sie versuchen, ihn abzuschießen.«
    »Ist das dein Ernst?« fragte er.
    »Na sicher. Überlege einmal, was mit Watermann passierte. Und wenn sie Paolo erledigen, gibt es keinen mehr, der beweisen kann, daß es Mord war.«
    »Aber die Unterlagen«, sagte Minna drängend.
    »Die Unterlagen? Die Unterlagen hat der Padrone in Genf. Er wird sie bestenfalls dazu benutzen, um irgendein gewinnbringendes Geschäft durchzuziehen.«
    »Du meinst, wenn sie Gaetano töten, sind die Unterlagen nichts mehr wert?« fragte sie ungläubig.
    »Zumindest taugen sie nur noch die Hälfte.«
    Minna sah Peppo an und nickte. »Er hat recht«, murmelte sie.
    Peppo blickte hilflos von einem zum anderen. »Ihr könnt in unserem Wohnzimmer essen. Ihr seid eingeladen, ihr seid meine Gäste.«
    »Geht nicht«, entschied ich. »Du wirst jetzt sofort Gaetano anrufen. Du wirst ihm sagen, er soll zur Hütte fahren. Kann man dorthin fahren? Gut. Er soll oben bleiben, bis wir kommen. Keine Widerworte, keine Diskussion.«
    »Ich versuche es«, sagte er. »Nicht wenigstens einen Kaffee?«
    »Also einen Kaffee«, sagte ich.
    Peppo ging telefonieren, eine junge Frau stellte zwei Kaffee für uns auf die Theke.
    »Was ist, wenn Gaetano Angst kriegt und abhaut?«
    »Dann werden wir ihm folgen müssen«, sagte ich.
    Peppo kam zurück. »Er fährt jetzt. Du fährst ins Graswangtal hinein bis Schloß Linderhof. Dann rechts rein. Es ist ausgezeichnet, da steht überall ›Hennenkopf‹. Du folgst dem Weg, es ist nicht besonders hoch, rund achtzehnhundert Meter. Wenn du auf dem Weg bleibst, kommst du nach zwanzig Minuten aus einem Tannenwald auf eine große Lichtung. Der Weg geht geradeaus weiter, aber du hältst dich links auf einem überwachsenen Weg. Dann zweihundert Meter. Und fahr langsam.«
    »Ich habe einen Jeep.«
    »Das ist gut. Sag ihm bitte, daß er mit mir rechnen kann.«
    »Was für einen Wagen fährt er?«
    »Er wird den kleinen Suzuki nehmen. Dunkelgrün mit einer Plane. Und wenn du zurückkommst, komm rein und berichte mir. Tust du das?«
    »Na sicher. Du kannst dich darauf verlassen.«
    »Und du bist nicht jemand, der ihn irgendwie reinlegt?«
    »Ich lege ihn nicht rein.«
    »Gut«, sagte er. »Ich will dir nur sagen: Wenn du ihn reinlegst, muß ich den Freunden Bescheid geben.«
    Minna wurde ein wenig blaß und begann hastig zu atmen.
    »Schon in Ordnung, ich kann dich verstehen. Ich lege Gaetano nicht rein.«
    Er nickte und sah mich sehr ernsthaft an. Irgend jemand brüllte: »Wann wird man denn hier endlich bedient?«, und sein Gesicht verzog sich augenblicklich zu einem breiten Lachen.
    »Du lieber Himmel«, sagte Minna im Wagen, »ist das eine Scheiß-Männerwelt. Versteckte Anspielungen, Drohungen, keiner traut dem anderen, jeder versucht, sein Süppchen zu kochen.«
    »Es ist deine Welt«, sagte ich. »Du lebst darin.«
    »Das will ich aber nicht«, sagte sie heftig.
    Der Weg nach Linderhof war einfach, der Verkehr gering, auch die Abbiegung zum Hennenkopf fanden wir sofort. Ich hielt nur kurz, um die Hinterfenster aufzuklappen und das Dachteil rauszunehmen. Dann legte ich den Allradantrieb ein, und wir begannen in den elend tiefen Truckspuren der Waldarbeiter den Berg hinaufzuklettern.
    »Was glaubst du: Wird er auspacken?«
    »Ich weiß es nicht. Wenn er klug ist, hält er den Mund, rast nach Genf, geht zum Padrone, vervielfältigt sein Material und verteilt es auf Notare. Vermutlich wird er die Hosen voll haben und es nicht tun. Ich möchte jetzt in der Eifel sein. Ich möchte im Steinbruch hocken, in den Tümpel starren und die Kaulquappen der Glockenunken schwimmen sehen. Ich will alles mögliche, nur das hier will ich eigentlich nicht.«
    »Aber bist du nicht stolz? Deine Theorie bestätigt sich doch.«
    »Ich bin nicht stolz, ich bin nur müde und will nach Hause. Ich will mit Anke reden, wie es dem Kind in ihrem Bauch geht, und ich will bei Markus einen Apfelsaft trinken und mit Alfred darüber sprechen, ob ich ein neues Dach auf mein Haus kriege.«
    »Aber ist es nicht wichtig, solche Dinge herauszufinden und öffentlich zu

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