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Reise nach Genf

Reise nach Genf

Titel: Reise nach Genf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Konferenzen laufen. Dauernd geht es um irgendwelche Geschäfte. Dauernd sind Geheimdienste im Haus, meistens CIA. Wem erzähle ich das, Sie werden es gelesen haben.« Er lachte. »Es ist völlig normal, daß irgendeiner, der irgendwo auf einem Fahndungsfoto steht, bei uns die Korken springen läßt und sich Nutten bestellt. Bei den Bestellungen fiel wirklich nichts auf. Dann kommt noch dazu, daß die meisten Gäste ziemlich häufig da sind oder dauernd. Manchmal bei uns, manchmal im ›Le Richemond‹. Sie treffen sich bei uns oder nebenan, und du weißt nach einiger Zeit kaum noch, ob er dein Gast ist oder der Gast von einem Kollegen nebenan. Du weißt es nicht, und es interessiert dich auch nicht.«
    »Bei Watermann ist so verblüffend, daß er Samstagnachmittag ankommt und ziemlich genau einen Tag später in seiner Badewanne gefunden wird. Kein Mensch weiß, was er in diesen vierundzwanzig Stunden eigentlich getan hat, wen er traf, bei wem er war.«
    »Viel bewegt haben kann er sich aber nicht«, sagte Gaetano.
    »Darüber habe ich lange nachgedacht. Er hockte in anderen Apartments, gut, er war mit anderen zusammen, auch gut. Aber bewegen konnte er sich nicht sehr viel, denn unten hockten doch die Leute von der Presse.«
    »Das ist richtig«, sagte ich. »Andere Frage: Wer hat ihn getragen, und wer hat ihn fallen lassen?«
    »Das haben Sie gelesen«, sagte er. »Sie erinnern sich, daß der Nachtportier di Natale gesagt hat, ungefähr um vier Uhr wäre ein Riesenkrach irgendwo auf einem Flur gewesen.«
    »Richtig«, sagte ich. »Di Natale und sein Kollege rasten hoch und schauten nach. Aber da war nichts.«
    »Da war doch etwas«, sagte er. »Es gibt nämlich eine Geschichte, die ich nicht beweisen kann, oder besser gesagt, ist mein Zeuge futsch. Wir hatten damals einen jungen Belgier, Paul hieß er. Er war ein lustiges Haus und sollte im Service ausgebildet werden. Der war im ›Le Richemond‹, nicht bei uns. Bei uns war ein Zimmermädchen, das Praktikum machte. Die hatten was miteinander, wie das eben so ist. In der Nacht von Samstag auf Sonntag, ungefähr um vier Uhr, ist Paul aus dem Zimmer unterm Dach von Julie gekommen. Julie hieß die Praktikantin. Paul nahm den Weg über die Angestelltentreppe. An einem Punkt muß er quer über den Flur vom dritten Stock. Und wie er den Gang so entlangschaut, sieht er, wie zwei Männer einen dritten tragen. Da ist eine kleine Treppe eingebaut, drei, vier Stufen. Paul sieht, wie die beiden Männer an der Treppe sind und wie der Mann, den sie tragen, plötzlich runterfällt und diese Stufen runterpoltert. Ganz einfach, nicht wahr? Die blauen Flecken, die Watermann hatte, stammten von diesem Sturz.«
    »Woher haben Sie das?«
    »Von Paul. Er kam zwei Jahre später hier durch. Ich hatte ihm mal erzählt, daß meine Eltern hier eine Pizzeria haben. Er stand plötzlich in der Tür.«
    »Ja und?« fragte Minna drängend.
    »Er ist tot«, sagte er. »Aber nicht, was Sie glauben. Er ist mit seinem Motorrad verunglückt. Der Vater rief mich ein halbes Jahr später an. Das ist in London passiert. Paul wollte da seine Ausbildung weitermachen.«
    »Ob Gerber weiß, wo Gaetano ist?« fragte Minna nachdenklich.
    »Selbstverständlich weiß er es«, antwortete ich. »Wenn er in der Lage war, Paolo Maggia als den wirklichen Gaetano im ›Beau Rivage‹ in Genf zu orten und wenn er ihm seine richtigen Papiere schenken konnte, dann weiß er genau, wo Gaetano ist. Gerber ist ein Mann mit vielen Verbindungen. Mit anderen Worten: Gaetano ist wirklich gefährdet. Haben Sie Verwandte in Palermo?«
    »Aber sicher«, sagte er. »Einen ganzen Haufen. Aber was nutzt das?«
    »Ich überlege, wohin Sie ausweichen können.«
    »Ich will mich nicht mehr verstecken, ich habe die Schnauze voll.«
    »Was sagt denn der Padrone dazu?« fragte Minna.
    »Er hat mir Papiere und einen Flug in die Staaten für den Notfall angeboten. Aber ich will nicht. Ich habe die Familie hier. Alles, was wichtig ist, ist hier.«
    »Sie zahlen Schutzgeld, nicht wahr? Streiten Sie es nicht ab. Ihr Vater zahlt fünfhundert pro Monat an die ehrenwerte Gesellschaft. Wieviel zahlen Sie?«
    »Tausend.«
    »Was ist, wenn Sie die Herren bitten, Sie wirklich zu beschützen?«
    »Wie soll das aussehen?« fragte er aufgebracht. »Soll ich mit Bodyguards durch Oberammergau rennen? Und ist das ein Schutz? Das ist keiner. Wenn der Staat hinter Watermanns Tod steckt, dann schicken sie Staatsdiener, richtige Profis.«
    »Das ist richtig«,

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