Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reise nach Genf

Reise nach Genf

Titel: Reise nach Genf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
der Firma?«
    »Oh, wo denken Sie hin? Ein Ministerpräsident? Hier? Nein. Wir fuhren hin, meine Sekretärin und ich. Warten Sie mal, das war, das muß, ja, ich weiß, das war im Februar 1984. Dann noch einmal im August 1985.«
    »War er ein Mann, der Ihrer Meinung nach Selbstmord begehen würde?« fragte Minna lammfromm.
    Er bekam schmale Augen. »Damals sicher nicht. Aber was man so gelesen hat, deutet ja wohl darauf hin, daß er in … in seinen letzten Lebenswochen, nun, ich will es einmal vorsichtig ausdrücken, er war wohl nicht ganz bei Troste, nicht wahr? Er hatte zweifellos unrechte Dinge getan, die … die man nicht tut. Lügen, falsche Ehrenworte, ekelhafte Sache, nicht wahr?«
    »Es heißt, daß einige Mitglieder der Familie seiner Frau Mitglieder in Ihrem Verein sind. Ist das richtig?«
    »Das kann ich Ihnen aus dem Stand wirklich nicht beantworten, dafür müßte ich erst einmal die Mitgliederliste einsehen. Wir haben sechshundertzehn Mitglieder, wir sind ein e.V. ein eingetragener Verein.«
    »Könnten wir die Mitgliederliste haben?« fragte Minna. Sie spielte mit dem Fotoapparat auf ihrem Schoß.
    Er sagte schnell: »Keine Fotos bitte. Sind Sie so freundlich und sagen Sie mir, was Sie spezifisch wollen?«
    »Sehen Sie, was wir spezifisch wollen, wissen wir so spezifisch eigentlich nicht. Wir können schon jetzt beweisen, daß Watermann, Verzeihung, Dr. Watermann, ah ja, Dr. Dr. Watermann, nicht allein war, als er in der Badewanne ertrank. Da war jemand bei ihm, der dafür sorgte, daß er auch wirklich ertrank. Sagen Sie, was macht eigentlich dieser Verein ›Preußens Geschichte‹?«
    »Nun ja, wir kümmern uns in erster Linie um die Bewahrung von alten preußischen Traditionen, wenn man so will alten preußischen Tugenden. Wir denken, daß es in jener Zeit sehr viel gab, was erhaltenswert ist. Wir fördern massiv Geschichtsforschung, wir fördern Veröffentlichungen, Doktoranden, die sich mit dieser Epoche befassen oder aber diese Epoche mit der unseren vergleichen. Und so weiter und so fort. Sagen Sie, wieso ist … also, habe ich das richtig gehört: Sie können beweisen, daß Dr. Watermann ermordet wurde? Habe ich da etwas falsch verstanden?«
    »Nein, das haben Sie nicht«, sagte ich lächelnd, und ich sah, wie Minna auf den Auslöser drückte. Dann legte sie den Apparat auf den Schreibtisch genau unter seine Augen und murmelte:
    »Ich fotografiere niemanden, der nicht damit einverstanden ist.«
    Westphal war verwirrt, und er bemühte sich gar nicht, es zu verbergen. »O bitte, ich war gar nicht mißtrauisch. Für wen arbeiten Sie?«
    »Wir sind freie Journalisten«, sagte ich, »wir wissen noch nicht, wem wir unser Material verkaufen. Sagen Sie, Sie sind Geschäftsführer des Vereins. Wer ist der Präsident? Und noch einmal die Frage: Können wir die Liste der Mitglieder haben?«
    Er trommelte kurz mit den Fingern auf seiner Schreibtischunterlage. »Ich denke, die Liste können Sie haben. Der Präsident ist Herr von Windlingen, ein hiesiges uraltes Adelsgeschlecht.«
    »Könnten Sie uns den Gefallen tun und eine Verbindung zu ihm herstellen? Wir würden ihn gern besuchen. Übrigens, wenn Sie ein e.V. sind, werden Sie irgendwie subventioniert?«
    »Wir haben private Gönner, öffentliche Gelder bekommen wir nicht.«
    »Wer sind diese privaten Gönner?« fragte Minna.
    »Das kann ich Ihnen nicht verraten«, sagte Westphal. »Die Herrschaften wollen im Hintergrund bleiben.« Er räusperte sich. »Das ist ihr gutes Recht, nicht wahr?«
    »Das ist es«, bestätigte ich. »Würden Sie uns bei Herrn von Windlingen anmelden?«
    »Oh, es ist schon spät«, sagte er und sah auf die Uhr. »Ich weiß nicht recht, ob ich ihn stören kann.«
    »Sie können sicher«, sagte Minna lächelnd.
    »Sagen Sie mir nur eines: Wenn Sie überzeugt sind, daß Dr. Watermann ermordet wurde, wo liegen die Beweise?«
    »Tja«, sagte ich, »von Ermordung habe ich nicht geredet. Ich sagte nur, er war nicht allein, als er in die Badewanne gelegt wurde. Geht ja auch nicht, wenn man fast bewußtlos ist, nicht wahr?«
    »Hm.« Er sah aus dem Fenster. »Was hat das mit mir und dem Verein zu tun?«
    »Das wissen wir noch nicht so genau«, sagte ich. »Sicher ist nur, daß damals merkwürdig viele Leute im Genfer Hotel ›Beau Rivage‹ abgestiegen waren, die eigentlich nicht da sein durften. Das macht uns nachdenklich. Also fragen wir alle, die irgendwie mit ihm zu tun hatten.«
    »Also gut«, sagte er scharf, »mich als

Weitere Kostenlose Bücher