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Reise nach Genf

Reise nach Genf

Titel: Reise nach Genf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Inhaber dieser Firma können Sie fragen. Ich hatte Verbindung zu ihm, wenn auch nur kurz. Aber was hat das mit dem Verein zu tun?«
    »Das wissen wir noch nicht«, sagte ich wahrheitsgemäß. »Rufen Sie Herrn von Windlingen an? Ist er ein Graf oder ein Baron?«
    »Ein Baron«, sagte er. »Na gut.« Er wählte schnell und ohne zu zögern und sagte »Westphal. Den Baron bitte. Es ist dringend.« Seinem Ton nach zu urteilen, war der Baron einer seiner Angestellten. »Hallo, Herr von Windlingen. Hier sind zwei Vertreter der Presse. Haben Sie Zeit für die Herrschaften? Es geht um den Verein.« Er nickte und sagte knapp: »Danke«, legte auf und sagte: »Er erwartet Sie.«
    »Danke«, sagte ich. »Wie müssen wir fahren?«
    Er erklärte es mir, irgendwas ließ ihm keine Ruhe, aber er riß sich zusammen. Als wir ihm die Hand gaben, sagte er vage: »Wir sollten mal zusammen essen.«
    »Gerne, sehr gerne«, säuselte Minna.
    »Eines hätte ich fast vergessen«, warf ich unschuldig ein.
    »Manfred Gerber, der Privatdetektiv, hat bereits in Ihrem Auftrag gearbeitet. Was war das für ein Auftrag?«
    »Routine. Eine Kundenüberprüfung. Gerber hat enorme Karteien, er kann jemanden schneller überprüfen als alle Auskunfteien.« In dem Moment begriff er, daß er einen Fehler gemacht hatte.
    Ich sagte: »Ich hatte eigentlich den Auftrag gemeint, den der Verein an Gerber vergeben hat, nicht Ihre Firma. Aber das macht ja nichts. Also, für Ihre Firma hat er Kunden gefilzt. Was machte er für den Verein? Mitglieder filzen?«
    »Jetzt gehen Sie zu weit«, sagte er. Er war zornig, aber wahrscheinlich zornig auf sich selbst.
    In einem Anfall unbändiger Heiterkeit dachte ich: Vielleicht macht er noch einen Fehler.
    Ich sagte: »Nach der Beschreibung gewisser, jetzt aufgetauchter Zeugen sollen Sie in der Nacht, in der Watermann starb, auch in dem Hotel in Genf gewesen sein. War das so?«
    Es war ein Blattschuß, er zuckte zusammen, er ruckte mit den Schultern, er war getroffen und mühte sich, sein Gesicht unter Kontrolle zu bekommen. Er zwang sich ein Lächeln ab, er sagte:
    »Also, hören Sie, wollen Sie mich verarschen?«
    »Oh, durchaus nicht«, versicherte Minna ernsthaft. Dann ging sie vor mir her aus dem Raum, und er blieb hinter seinem Schreibtisch wie angewurzelt stehen.
    »Mein Gott, das war gut«, sagte Minna im Wagen.
    »Bestimmte Fragen stellt man am besten ganz zuletzt, gewissermaßen nebenbei. Wenn man ihnen vorher genug zum Denken gibt, machen sie meistens einen Fehler. Zu bedeuten hat das nichts. Ich hoffe nur, es macht ihn unruhig.«
    Hätte ich an jenem Nachmittag gewußt, wie unruhig es ihn machen würde, hätte ich dieses gottverdammte Windlingen mit Vollgas verlassen.
     
    Westphal hatte uns den Weg gut und einfach beschrieben. Wir fuhren aus Windlingen hinaus und erreichten nach drei Kilometern eine kleine Kreuzung, an der ein Pfeil nach rechts wies, »Burg Stölzle« stand da.
    »Das ist unheimlich schön hier«, sagte Minna. »Sieh mal die Sonne in den Lichtungen.«
    »Ja, ja. Vergiß nicht zu fotografieren.«
    »Aber es ist wirklich schön hier.«
    »Ich sehe es. Wir hätten uns ein Zimmer besorgen sollen.«
    »Das können wir auch hinterher.«
    »Aber wir haben keinen Fluchtpunkt«, sagte ich. »Falls irgend etwas geschieht, treffen wir uns auf der Kreuzung da unten, klar? Das sind von der Burg zweitausend Meter. Okay?«
    »Was soll passieren?« fragte sie unruhig.
    »Das weiß ich nicht«, sagte ich.
    »Ist dieser Verein für dich verdächtig?«
    »Noch nicht. Bis jetzt ist es nichts als ein Verein. Aber sie kennen Gerber.«
    Die Burg wirkte gedrungen. Sie wirkte so, als sei sie aus dem Boden gewachsen. Sie war ein Kleinod in dieser Landschaft, nicht im geringsten verfallen und offensichtlich voll bewohnt. Auf den dunkelgrün gestrichenen Fensterläden gab es sehr viel rot-weiße, einander gegenüberstehende Dreiecke. Es gab, ummantelt von rot schimmerndem Stein, von Balken getragene Säulengänge, in denen, wie rote Ketten, Geranien an kleinen Holzkübeln aufgehängt waren.
    »Die gute alte Zeit. Hier haben sie gehaust wie Penner. Sie haben sich nie gewaschen, starrten vor Dreck, Läusen und Flöhen und hatten nichts anderes im Sinn, als dem Nachbarn den Morgenstern um die Ohren zu hauen.«
    »Du bist aber eklig heute, Baumeister.«
    »Es war so. Sie haben die umliegenden Bauern schlimmer behandelt als ihr Vieh und im Namen Gottes von hier bis Jerusalem alles geschändet, was sie entdeckten. Sieh mal, da

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