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Reise nach Genf

Reise nach Genf

Titel: Reise nach Genf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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ich konzentriere mich auf meine Heimat.« Dann drehte er sich nach einer knappen Verbeugung herum und ging.
    »Ein feuriger junger Mann«, sagte der Baron. »Bienenfleißig. Wird seinen Weg machen. Hat Geschichte studiert, will noch Jura draufsatteln.«
    »Lebt er hier bei Ihnen?«
    »Ja. Der Verein finanziert sein Studium, dafür arbeitet er hier. Er ist absolut ergeben und intelligent, obwohl er so aussieht, als ernähre er sich ausschließlich von Dopingmitteln. Gibt es noch irgendwelche Fragen, die ich Ihnen beantworten kann?«
    »Ja. Was für Geschäfte macht Westphal?«
    Er hob die Hände abwehrend, er murmelte: »Das weiß ich wirklich nicht. Ich weiß eigentlich alles nur aus Zeitungen. Er kauft zum Beispiel ganze Kolonnen von alten Lastkraftwagen der DDR-Volksarmee und verkauft sie irgendwohin. Wir sprechen gewöhnlich nie darüber.«
    »Können Sie sich an Westphals Reaktion erinnern, als bekannt wurde, daß Watermann sich selbst umgebracht hat?«
    Er kniff die Augen zusammen und überlegte einen Augenblick. »Ja, natürlich. Er reagierte so wie wir alle. Mit Abscheu. Watermann war in meinen Augen ein geradezu klassischer Karrierist, machtgeil und verlogen. Sicher war er für seine Partei ein Zugpferd, und sicher war er so etwas wie die jugendliche Inkarnation dieser Partei. Aber einen Gefallen hat er ihr damit nicht getan, wie wir inzwischen wissen. Watermann gehört, offen gestanden, meine ganze Verachtung. Man sagt, de mortuis nihil nisi bene, aber in diesem Fall sage ich wie mein junger Blum: Gut, daß es ihn erwischte! Der Staat wird durch solche Männer verhöhnt, der Bürger verliert den Glauben an die Stärke und Strenge des Staates. Seien wir ehrlich: Watermann verkörpert für das Volk den Typ des Politikers, der nur für sein Portefeuille schafft und sich den Dreck darum schert, was der Gemeinschaft der Bürger nutzt. Nein, ich mag diese Watermanns nicht, sie sind eine Verhöhnung aller Werte, auf die ich Wert lege.«
    »Westphal reagierte genauso?« fragte ich. »Mit Abscheu?«
    Er nickte lächelnd. »Natürlich. Noch schärfer als ich. Ich erinnere mich, wir ritten zusammen aus an dem Wochenende danach. Das tun wir zuweilen, wenn wir Vereinsdinge besprechen müssen. Watermann war für Westphal wie ein rotes Tuch. Er sagte damals, wenn der Kerl sich nicht selbst umgebracht hätte, hätte man ihm dabei helfen müssen. Aber ich bin sicher, daß er Ihnen das selbst sagen wird. Fragen Sie ihn.«
    »Das werden wir«, versicherte ich. »Etwas anderes interessiert mich. Wenn Sie Watermann so außerordentlich negativ einschätzen, kann es dann nicht sein, daß jemand mit einer noch negativeren Einstellung hinging und ihn erledigte?«
    »Zitieren Sie mich nicht«, antwortete er trocken. »Selbstverständlich ist das in Betracht zu ziehen. Sehen Sie: Alle Menschen, die stolz sind auf diese Demokratie, die sich wirklich für sie einsetzen, nun, auf die muß Watermann geradezu abartig zerstörerisch gewirkt haben. Der Gedanke an einen gewaltsamen Tod ist da ein naheliegender. Natürlich.« Er lachte leise. »Aber nach so einem Menschen werden Sie vergeblich suchen, denn dafür kommen viele in Frage. Es kann jemand gewesen sein, der nie mit ihm zu tun hatte, nie in seine Nähe kam.«
    »Das kann nun wiederum nicht sein«, sagte Minna mit schmalen Augen. »Das Ding war durchgestylt wie die Verpackung eines neuen Parfums. Es war in allen Phasen genau überlegt, nichts wurde dem Zufall überlassen, nichts …«
    »Ein perfekter Mord?« unterbrach er sie.
    »So in etwa«, sagte ich. »Sogar die Gästeliste des Hotels wurde manipuliert.«
    »Wie bitte?« fragte er verblüfft.
    »Ja«, strahlte Minna. »Sehen Sie, wir kennen bereits zwei Männer, die laut Gästeliste gar nicht in Genf waren.«
    »Sie waren aber dort?« fragte er verblüfft.
    »Sie waren dort«, bestätigte ich. »Wenn wir die Männer haben, werden Sie die Geschichte lesen. Wir danken Ihnen sehr für Ihr Vertrauen.«
    »Es war mir eine Freude«, sagte er. »Seien Sie vorsichtig bei Ihren Nachforschungen.«
    »Warum denn das?« fragte Minna.
    »Nun«, sagte er nachdenklich und spielte mit der Uhrkette vor seinem Bauch, »wenn es möglich war, Herrn Watermann aus der Welt zu schaffen, wird es auch möglich sein, Sie zum Schweigen zu bringen, nicht wahr?«
    »So ist es«, nickte Minna fest. »Können Sie uns ein Hotel empfehlen?«
    »Mein eigenes«, sagte er lächelnd. »Von irgend etwas muß der verarmte Adel leben. Fahren Sie unten an der Kreuzung

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