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Reise nach Genf

Reise nach Genf

Titel: Reise nach Genf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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links, dann ist es dreihundert Meter rechts. Das Haus heißt ›Kuniberts Klause‹. Dann noch etwas, Herr Baumeister: Leuten wie mir wird immer Rechtsextremismus angelastet, die Nähe zur Deutschen-Volks-Union und ähnlichen Vereinen. Seien Sie versichert: Damit habe ich nichts zu tun und will auch nichts zu tun haben. Können wir uns auf diese Lesart einigen?«
    »Wir können«, sagte ich. »Und danke für Ihre Offenheit.«
    »Es war mir ein Vergnügen.«
    Wir kamen wieder in diesen verzauberten Innenhof, der eine jahrhundertealte Realität widerspiegelte, die es so nie gegeben hatte. Draußen vor dem Tor fragte Minna: »Glaubst du, daß er sauber ist? Nichts von rechtsextrem?«
    »Ich glaube ihm«, sagte ich. »Er wirkt sauber. Aber ob die Leute um ihn herum genau so denken, wage ich zu bezweifeln. Hast du Blum fotografiert?«
    »Der war so schön, das tat ich unter Zwang«, lachte sie. Dann wurde sie unvermittelt ernst und fragte: »Was machen wir eigentlich, wenn sich plötzlich herausstellt, daß irgendein internationaler Waffenhändler den Auftrag gegeben hat, Watermann um die Ecke zu bringen?«
    »Dann haben wir recherchiert und waren erfolglos«, sagte ich.
    »Dann müssen wir die Recherchen Richtung Deutschland abbrechen und neu anfangen. Die Psychologie der Recherche sieht bei Waffenhändlern völlig anders aus und ist auch komplizierter. BBC-Leute haben es einmal geschafft, an Kashoggi heranzukommen. Das Interview war großartig, aber letztlich sind seine Aussagen, gemessen an den Fakten, ziemlich mager. Diese Leute sagen selbst über Dinge nichts, über die sie getrost sprechen könnten. Die Psychologie des Todes von Watermann sagt mir, daß diese Leute dafür nicht verantwortlich sind. Für die war er nicht mehr als ein quersitzender Furz. So komisch das auch klingt: Es war ein typisch deutscher Mord, gut durchdacht und gründlich. Waffenhändler machen sich das einfacher, sie lassen schießen oder Autos in die Luft jagen.«
    »Aber letztlich war es doch nicht perfekt.«
    »Kein Mord ist perfekt. Perfekt wird er nur durch begünstigende Umstände. Das Perazin war ein Fehler, Gaetano einzuspannen war ein Fehler, zwei Leute hinzuschicken war ein Fehler, die Erfindung des Entlastungszeugen Rohloff war ein Fehler, Watermann Notizen machen zu lassen, war ein Fehler, und so weiter und so fort. Ich möchte Spätzle zum Abendessen, Kässpätzle.«
    »Wann haben wir ein bißchen Zeit für uns?«
    »Nach Watermann.«
    ›Kuniberts Klause‹ war ein erstklassiger schwäbischer Gasthof mit erstklassigen Zimmern. Ich bestand darauf, daß wir getrennte Zimmer nahmen, ich wollte tief und lange schlafen. Sie verstand das, sie war einverstanden, und ich dachte erleichtert: Sie ist keine von denen, die klammern. Ich fand sie überhaupt Klasse. Ich rief sofort Gaetanos Vater an. »Hat es geklappt. Ist er oben?«
    »Ja. Und niemand weiß, wo er ist. Wir haben zwei Männer von den Freunden bei ihm plaziert. Sie wohnen mit in der Hütte. Das gefällt mir nicht, weil ich die Freunde nicht mag. Aber es ist richtig: Jetzt brauchen wir sie. Wann kommen Sie?«
    »Vielleicht morgen, vielleicht übermorgen. Wir wissen es nicht.«
    Dann der Express in Köln. Ascheburg sagte aufgeregt: »Ich möchte morgen erneut die Geschichte ins Blatt nehmen. Ich habe den Eindruck, daß in Bonn unter der Hand die Hölle los ist. Sie recherchieren herum, wer die Akten hat, wer sie weitergab. Ein ziemliches Ding der Unmöglichkeit, weil praktisch jeder bei den beteiligten Staatsanwaltschaften und jeder in der Untersuchungskommission des Landtages in Kiel die Möglichkeit hatte, Kopien zu ziehen. Wie sieht diese Waffenhandelsfirma aus?«
    »Schwäbisch brav und bieder. Aber extrem rechts.«
    »Wie verfahren Sie jetzt weiter?«
    »Das ist ziemlich einfach. Wir fotografieren alle Beteiligten und alle, die möglicherweise beteiligt waren. Dann fahren wir mit den Bildern ins Hotel nach Genf. Wir werden sehen, wer dort war, als Watermann starb.«
    »Können denn die Medikamente, die er im Körper hatte, nicht einen Weg aufzeigen? Ich meine, irgendwer muß sie doch geliefert haben, irgendein Apotheker muß an der Sache beteiligt gewesen sein.«
    »Es muß kein Apotheker gewesen sein«, widersprach ich. »Es kann auch jede Großhandelsfirma gewesen sein, möglicherweise sogar ein praktischer Arzt. Der Beweis wird schwer werden, denn es ist möglich, daß jemand in begrenzter Menge über diese Gifte verfügt, ohne daß irgend jemand das kontrollieren kann.

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