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Reise nach Ixtlan.

Reise nach Ixtlan.

Titel: Reise nach Ixtlan. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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wandte ich mich ihr wieder zu. Wieder war sie ein paar Schritte an das Auto herangekommen und stand nun kaum zwei Meter von der Tür entfernt. Sie lächelte; ihre Zähne waren groß und weiß und sehr sauber. Doch irgend etwas an ihrem Lächeln war unheimlich. Es war nicht freundlich; es war ein beherrschtes Grinsen. Nur ihr Mund lächelte. Ihre Augen waren schwarz und kühl und fixierten mich starr. Ich spürte am ganzen Körper ein Frösteln. Don Juan fing an, in einer Art rhythmischem Kichern zu lachen; nach kurzem Zögern wich die Frau langsam zurück und verschwand in der Menge. Wir fuhren weiter, und Don Juan stellte Vermutungen darüber an, daß sie mich wie ein wehrloses Insekt zertreten würde, wenn ich nicht mein Leben festigte und lernte.
    »Sie ist jener würdige Gegner für dich, von dem ich dir erzählt habe«, sagte er.
    Don Juan sagte, wir müßten auf ein Omen warten, bevor wir wüßten, was wir mit der  Frau machen sollten, die meine Jagd behinderte.
    »Wenn wir eine Krähe sehen oder hören, werden wir die Gewißheit haben, daß wir  warten können, und wir werden dann auch wissen, wo wir warten sollen«, fügte er hinzu. Er drehte sich langsam einmal im Kreis und suchte die Umgebung ab. 
    »Dies ist nicht der Platz, um zu warten«, flüsterte er. Wir gingen nach Osten. Es war  bereits ziemlich dunkel. Plötzlich flogen hinter ein paar hohen Bäumen zwei Krähen auf und verschwanden hinter einem Hügel. Don Juan sagte, dieser Hügel sei unser Ziel.
    Als wir dort ankamen, gingen wir um ihn herum und wählten einen südöstlich gelegenen Platz am Fuß des Hügels. Don Juan reinigte eine kreisförmige Stelle von etwa zwei Metern Durchmesser von trockenen Zweigen, Blättern und anderem Unrat. Ich wollte ihm helfen, aber er wies mich mit einer heftigen Handbewegung zurück. Er legte den Finger an die Lippen, um mir Schweigen zu gebieten. Schließlich zog er mich in den Mittelpunkt des Kreises, das Gesicht vom Hügel abgewandt, nach Süden gerichtet, und flüsterte mir ins Ohr, ich solle seine Bewegungen nachahmen. Er fing an, eine Art Tanz aufzuführen, wobei er mit dem rechten Fuß rhythmisch aufstampfte. Der Rhythmus bestand aus sieben gleichen Takten, denen sich eine Folge von drei schnellen Tritten anschloß.
    Ich versuchte, seinen Rhythmus aufzunehmen, und nach einigen ungeschickten Versuchen konnte ich dieses Stampfen mehr oder minder gut nachahmen. »Wozu tun wir das?« flüsterte ich ihm ins Ohr. Ebenfalls flüsternd sagte er mir, daß ich jetzt wie ein Hase klopfte, und die Herumtreiberin werde durch dieses Geräusch früher oder später angezogen, um nachzusehen, was los sei. Sobald ich in den Rhythmus hineingefunden hatte, hörte Don Juan auf zu klopfen, hieß mich aber fortfahren, wobei er mit der Hand den Takt angab.
    Von Zeit zu Zeit horchte er aufmerksam mit leicht nach rechts geneigtem Kopf, offenbar um die Geräusche im Chaparral auszumachen. Schließlich bedeutete er mir, aufzuhören. Er verharrte in wachsamer Haltung, als sei er bereit, jederzeit aufzuspringen und sich auf einen unbekannten, unsichtbaren Angreifer zu stürzen. Dann gab er mir einen Wink, mit dem Klopfen erneut zu beginnen, und nach einiger Zeit gebot er mir wiederum Einhalt. Jedesmal wenn ich aufhörte, horchte er so konzentriert, daß jede Faser seines Körpers zum Zerspringen gespannt zu sein schien. Plötzlich sprang er an meine Seite und flüsterte mir ins Ohr, die Dämmerung habe nun ihre volle Kraft erreicht. Ich sah mich um. Der Chaparral bildete eine dunkle Masse, wie auch die Hügel und die Felsen. Der Himmel war dunkelblau, und ich konnte die Wolken nicht mehr erkennen. Die ganze Welt erschien als einheitliche Masse dunkler Schatten, die keine unsichtbaren Umrisse zu haben schienen. In der Ferne hörte ich den unheimlichen Schrei eines Tieres, eines Coyoten oder vielleicht eines Nachtvogels. Er erklang so plötzlich, daß ich nicht weiter darauf achtete. Aber Don Juans Körper bebte etwas. Da er neben mir stand, spürte ich, wie er vibrierte. »Jetzt geht's los«, sagte er. »Klopf weiter, und sei bereit. Sie ist hier.« Ich begann wie wild zu klopfen, aber Don Juan stellte seinen Fuß auf meinen und  bedeutete mir erschreckt, ich solle mich entspannen und rhythmisch klopfen. »Verscheuch sie nicht«, flüsterte er mir ins Ohr. »Beruhige dich und mach dir nicht in die Hosen.«
    Wieder gab er mir den Klopfrhythmus an, und nachdem er mich zum zweitenmal hatte innehalten lassen, hörte ich wieder

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