Reise nach Ixtlan.
was er sagen wollte. Er rang die Hände und schüttelte den Kopf, wobei er die Backen aufblies. Zweimal brachte er mich durch eine Geste zum Schweigen, als ich ihn gerade bitten wollte, seine rätselhaften Worte zu erklären.
»Ich weiß, daß es dir schwer fallen wird, dich anzuhalten«, sagte er schließlich. »Ich weiß, daß du störrisch bist, aber das macht nichts. Je störrischer du bist, um so besser wird es sein, wenn es dir schließlich gelingt, dich zu ändern.«
»Ich versuche mein Bestes«, sagte ich.
»Nein, da bin ich anderer Meinung. Du versuchst nicht dein Bestes. Das sagst du nur, weil du glaubst, daß es gut klingt; ja, im Grunde sagst du zu allem, was du tust, immer dasselbe. Du tust seit Jahren dein Bestes, und ohne Erfolg. Es muß etwas geschehen, um das zu ändern.«
Wie immer, fühlte ich mich gezwungen, mich zu rechtfertigen. Offenbar zielte Don Juan regelmäßig auf meine schwächsten Punkte. Ich erinnerte mich, daß ich jedesmal, wenn ich versuchte, mich gegen seine Kritik zu verteidigen, am Ende wie ein Narr dagestanden war, und hielt mitten in einer langen Rechtfertigungsrede inne. Don Juan sah mich neugierig an und lachte. Ganz freundlich sagte er, er habe mir bereits erklärt, daß wir alle Narren seien. Ich machte da keine Ausnahme. »Du fühlst dich immer verpflichtet, deine Handlungen zu rechtfertigen, als wärest du der einzige Mensch auf Erden, der im Unrecht ist«, sagte er. »Das ist dein altes Gefühl der eigenen Wichtigkeit. Du hast zuviel davon; du hast auch zuviel persönliche Geschichte. Andererseits übernimmst du nicht die Verantwortung für deine Handlungen. Du benutzt nicht deinen Tod als Ratgeber, und vor allem bist du zu erreichbar. Mit anderen Worten, dein Leben ist genauso unordentlich, wie es war, bevor ich dir begegnete.«
Wieder hatte ich eine Anwandlung von Stolz und wollte einwenden, daß er unrecht habe. Er bedeutete mir, zu schweigen. »Man muß die Verantwortung dafür übernehmen, daß man in einer komischen Welt lebt«, sagte er. »Wir leben in einer sehr sonderbaren Welt, wie du weißt.« Ich nickte zustimmend.
«Wir sprechen nicht über dasselbe«, sagte er. »Für dich ist die Welt sonderbar, weil sie dir entweder langweilig ist, oder aber weil du in ihr nicht zurecht kommst. Für mich ist die Welt sonderbar, weil sie erstaunlich, ehrfurchtgebietend, geheimnisvoll, unergründlich ist; mir liegt daran, dich zu überzeugen, daß du die Verantwortung übernehmen mußt für dein Hiersein in dieser wunderbaren Welt, in dieser wunderbaren Wüste, in dieser wunderbaren Zeit. Ich möchte dich davon überzeugen, daß du lernen mußt, jede Handlung wichtig zu nehmen, denn du wirst nur eine kurze Weile hier sein, wirklich zu kurz, um alle Wunder der Welt zu erleben.« Ich wandte ein, es sei die Bedingung des Menschseins, mit der Welt im Streit zu liegen.
»Nun, dann ändere es«, antwortete er trocken. »Wenn du diese Herausforderung nicht annimmst, dann bist du so gut wie tot.« Er forderte mich auf, ein Thema, ein Problem zu nennen, das in meinem Leben alle meine Gedanken beanspruchte. Die Kunst, sagte ich. Ich hatte immer Künstler sein wollen und mich jahrelang künstlerisch betätigt. Noch immer bewahrte ich die schmerzliche Erinnerung an mein Scheitern.
»Du hast nie die Verantwortung dafür übernommen, daß du in dieser unergründlichen Welt bist«, sagte er vorwurfsvoll. »Deshalb warst du nie ein Künstler, und vielleicht wirst du nie ein Jäger sein.«
»Aber ich tue mein Bestes, Don Juan.«
»Nein, du weißt gar nicht, was dein Bestes ist.«
»Ich tue, was ich kann.«
»Da irrst du dich wieder. Du kannst es noch besser. Du machst nur einen einfachen kleinen Fehler - du glaubst, du hast genügend Zeit.« Er machte eine Pause und sah mich an, als wartete er auf meine Reaktion. »Du glaubst, du hast reichlich Zeit«, wiederholte er. »Reichlich Zeit wofür, Don Juan?«
»Du glaubst, dein Leben wird ewig dauern.«
»Nein, das glaube ich nicht.«
»Nun, wenn du es nicht glaubst, daß dein Leben ewig währt, worauf wartest du dann? Warum zögerst du, dich zu ändern?«
»Hast du je daran gedacht, Don Juan, daß ich mich vielleicht nicht ändern will?«
»Ja, das habe ich auch bedacht. Auch ich wollte mich nicht ändern, genau wie du. Allerdings mochte ich mein Leben nicht. Ich hatte es satt, genau wie du. Jetzt kann ich davon nicht genug bekommen.«
Ich beteuerte heftig, daß sein Verlangen, ich solle meine Lebensweise ändern, beängstigend und
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