Reise ohne Ende
uns warten“, sagte Gilramie. „Wie traurig – wir werden nie wissen, wer oder was sie waren!“ Merkwürdigerweise spürte Gildoran, wie ihm ein Kloß in der Kehle hochstieg. Wie die Kinder in der Station, die gestorben waren, bevor sie ihren Namen erhalten hatten, um die niemand trauern würde, weil sie namenlos, ohne Gesicht und Potential waren – so gab es hier eine Rasse, deren Mitglieder er nie kennenlernen würde. Hier war etwas, das nie sein Leben berühren würde – nur als Verlust, über den sich keine Vermutungen anstellen ließen.
Wer waren sie? Was waren sie gewesen? Nie würde er es wissen, nicht einmal raten konnte er, wie sie möglicherweise das Leben der Galaxis und des Kosmos bereichert hätten…
Was ist mit mir geschehen? So habe ich früher nie gedacht!
„Ich hoffe, Gilban hat recht, wenn er meint, daß das, was die Leute hier umgebracht hat, fort ist“, sagte Gilramie mit einem plötzlichen Schaudern. „Wenn ich an all die Millionen von Leuten denke, die notwendig gewesen sein müssen, um eine Stadt von dieser Größe zu bauen, und daß da etwas war, was sie alle getötet hat…“
„Hier gibt es nichts, was eine Krankheit weitertragen könnte“, sagte Gilrae. „Das haben wir überprüft, Ramie.“ Sie runzelte die Stirn. „Sicher gibt es da Fragen, auf die man keine Antwort weiß, ohne daß man es selbst versucht hat. Einige Risiken müssen wir schon auf uns nehmen. Das ist auch der Grund, warum wir die erste Mannschaft desinfiziert haben, bevor sie ihre Raumanzüge ausgezogen haben. Wir haben an Sporen gedacht, aber eine Spore, die so viele Millionen – oder Milliarden – von Jahren überleben konnte, ist mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, nicht auszumachen.“
„Von diesen Häusern müssen manche riesig gewesen sein“, meinte Ramie und wandte sich einer Lücke in einer der niedrigen Mauern zu. „Die Wand hier ist nur noch vier oder fünf Meter hoch, aber wenn man sich die Länge des Gebäudes ansieht und praktisch jeden ästhetischen Standard anlegt, dann muß das Gebäude mindestens zwanzig oder fünfundzwanzig Meter hoch gewesen sein, vielleicht noch mehr. Aber – was ist das?“ Sie blieb stehen und sah sich ängstlich nach einem plötzlichen lauten Rascheln und einer hastigen Bewegung um.
Gildoran sagte: „Paß auf…“
Ein durchdringendes, verzweifeltes Geheul erhob sich in die Luft, und eine kleine Kolonie – neun oder zehn von den kleinen affenähnlichen Lebewesen, die die letzten überlebenden Tiere des Planeten waren – brach mit einem durchdringenden heulenden Schrei aus ihrem Versteck hinter einer großen Gruppe von Luftknollengewächsen hervor. Sie blieben stehen, umarmten sich zwitschernd, drehten sich heulend mit drohenden Gesten den Eindringlingen zu und flohen dann.
„Ich fühle mich schuldig“, sagte Gilramie. „Diese Welt gehört jetzt ihnen, und wir trampeln überall darin herum.“ Sie sprach mit unterdrückter Stimme, und Gildoran wurde bewußt, daß sie alle leise gesprochen hatten, während sie durch diese gigantische verlassene Nekropole gegangen waren, die mit ihren überwucherten niedrigen Hügeln kaum noch wie eine Stadt aussah. Noch ein paar hundert Jahre mehr, und hier würde es nur noch eine Hügellandschaft mit einigen unterbrochenen Linien, wo früher einmal die Mauern gestanden hatten, geben.
„Ich frage mich“, sagte er und sah dem kleinen Trupp von Heulern nach, die hastig flüchteten, „ob diese kleinen Heuler sich zur nächsten dominanten Rasse entwickeln würden, wenn wir sie in Ruhe ließen?“
Gilrae schüttelte den Kopf. „Ausgeschlossen. Das Gehirn ist nicht groß genug. Die stecken anscheinend in einer evolutionären Sackgasse. Wahrscheinlich sind sie in ein- oder zweitausend Jahren ausgestorben, wenn sie nicht jemand in einer wissenschaftlichen Reservation erhalten will. Wenn man diesen Planeten noch einige tausend Jahre in Ruhe lassen würde, dann gäbe es hier überhaupt kein Lebenszeichen mehr.“ Gilramie lächelte und sagte: „Mir geht es schon besser. Dann verjüngen wir den Planeten nur und geben ihm neues Leben.“
„Gilharrad wäre da nicht deiner Meinung“, sagte Rae. „Er würde wahrscheinlich sagen, daß es selbst für einen Planeten die rechte Zeit für alles gibt – die rechte Zeit zu leben und die rechte Zeit zu sterben – und daß wir diesen hier in Frieden sterben lassen sollten.“
„Gilharrad“, sagte Gildoran, „scheint den größten Teil seiner Zeit mit
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