Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reise ohne Wiederkehr

Reise ohne Wiederkehr

Titel: Reise ohne Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna R. Unger
Vom Netzwerk:
Informationsveranstaltungen und Vorlesungsreihen und organisierten Ausstellungen. Die American Guild for German Cultural Freedom, in der prominente Amerikaner und deutschsprachige Exilanten unter Leitung von Hubertus Prinz zu Löwenstein (geboren 1906 in Schönwörth, Tirol, gestorben 1984 in Bonn) zusammenarbeiteten, war eine der wichtigsten Dachinstitutionen für solche Aktivitäten. Neben ihrer Veranstaltungstätigkeit sammelte die Vereinigung Spenden und vergab Stipendien und Druckkostenzuschüsse an exilierte Künstler, um ihnen die Fortsetzung ihrer Arbeit zu ermöglichen. Außerdem stellte die Gilde einen Ersatz für die deutschen Akademien der Künste und Wissenschaften dar, die sich seit 1933 ihrer „unerwünschten“ Mitglieder entledigt hatten.
     
    „Der Aufbau“
     
    Neben der Gründung von politischen Gruppen spielte die Etablierung von Zeitschriften und Zeitungen eine wichtige Rolle in der politischen, sozialen und kulturpolitischen Arbeit der Exilanten. Eine der bekanntesten Publikationen dieser Art war die in New York erscheinende deutsch-jüdische Zeitung
Aufbau-Reconstruction
(kurz
Aufbau
).
    Seit Kriegsbeginn berichtete der
Aufbau
, der sich als überparteilich verstand, vor allem über zwei große Themenkomplexe: Zum einen über aktuelle politische Entwicklungen und jüdische Belange im zionistischen Sinne, zum anderen über praktische Fragen des alltäglichen Lebens in den USA, um die Integration der Exilanten zu erleichtern und ihnen den American way of life näherzubringen. Programmatisch definierte sich die Zeitung als eine „unabhängige Wochenzeitung, die der Amerikanisierung und den Interessen aller Immigranten dient und ethnische Intoleranz bekämpft“.
    Seit Anfang der Vierzigerjahre nahm die Berichterstattung über die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden wachsenden Raum ein. Ab November 1942 druckte der
Aufbau
Suchlisten des Roten Kreuzes sowie Namenslisten von Deportierten ab, um Angehörigen und Freunden Gewissheit über deren meist tödliches Schicksal zu geben. Kommentiert wurden die Ereignisse in den Kolumnen, Artikeln und Interviews bekannter Journalisten und Schriftsteller wie Oskar Maria Graf, Stefan Zweig, Franz Werfel und Alfred Kantorowicz. Die Leserschaft beschränkte sich bald nicht mehr auf die New Yorker Exilanten. Deutschsprachige Flüchtlinge in allen Teilen der Welt lasen den
Aufbau
, der als eine der verlässlichsten Quellen über die aktuellen Entwicklungen galt und wegen seiner anspruchsvollen Beiträge sowie des hohen Informations- und Unterhaltungswerts („Kurzberichte aus Palästina“, „Jüdische Chronik“ und „The kitchen front“) geschätzt wurde. 47
    |91| „Der Aufbau“
    Der Aufbau war seit Anfang 1934 das interne, monatlich erscheinende Mitteilungsblatt des German Jewish Club, in dem Informationen über New York, Hinweise zu Wohnungs- und Arbeitssuche, Gesundheits-, Ernährungs- und Erziehungsproblemen sowie Hilfe bei bürokratischen Herausforderungen zirkuliert wurden. Werbeanzeigen und Annoncen vervollständigten die Zeitung. Mit der rasant steigenden Zahl deutschjüdischer Flüchtlinge, die in der zweiten Hälfte der Dreißigerjahre nach New York kamen, gewann der Aufbau an Bedeutung und Leserschaft. Es wurde ein prominent besetzter Beirat eingesetzt, dem u. a. Paul Tillich, Thomas Mann, Albert Einstein und Lion Feuchtwanger angehörten. Auf Initiative des ehemaligen Ullstein-Redakteurs Manfred George (geboren 1893 in Berlin, gestorben 1965 in New York City) verwandelte sich der Aufbau 1939 zu einer deutschsprachigen Wochenzeitung, deren Auflage von 10   000 im Oktober 1940 auf 32   000 im Jahr 1944 stieg.
    Eine der regelmäßigen Beitragenden des
Aufbau
war Hannah Arendt (geboren 1906 in Hannover, gestorben 1975 in New York City). Die Philosophin war in einer säkularen jüdischen Familie in Königsberg aufgewachsen und hatte bei Martin Heidegger und Karl Jaspers studiert. Anfang der Dreißigerjahre lebte sie mit ihrem ersten |92| Ehemann, Günther Stern (alias Günther Anders) in Berlin, wo sie mit linksorientierten Künstlern und Intellektuellen verkehrte. Ihr Judentum erkannte sie als ein eminent politisches Problem und begeisterte sich für den Zionismus. Deshalb und aufgrund ihrer Hilfe für verfolgte Kommunisten musste sie 1933 aus Deutschland fliehen. Über Prag gelangte sie nach Paris, wo sie u. a. für die Jugend-Alijah arbeitete, die jüdische Kinder nach Palästina brachte. Generell wurde die tägliche Arbeit der

Weitere Kostenlose Bücher