Reise til helvete
Therapie gemacht. Du weißt, was deswegen passiert ist.“
Dylan verharrte. Anstatt Einsicht zu zeigen, taten sich gespenstische Gedanken auf.
„Hätte er eine Therapie gemacht, hätten wir uns wohl nicht kennengelernt.“
Sein Gesicht verdunkelte sich und seine Augenbrauen zogen sich wütend zusammen.
„Er hat aber keine gemacht!“, wiederholte Thor. „Spekulationen sind überflüssig.“
Dylans Lippen pressten sich fest aufeinander. Gezielt angelte er sich die Tablettenschachtel von seinem Nachtschrank. Er drückte eine Tablette heraus und schluckte sie mit etwas Wasser. Damit hatte er die Höchstdosis des Tages erreicht.
„Ich rufe Carol an“, entschied er kurz entschlossen. Mit dem Mobiltelefon in der Hand stürmte er auf den Balkon, dabei streifte er Thor unsanft am Arm.
Er erreichte seine Leibärztin in ihrer Praxis.
„Carol? Ich bin’s.“
„Oh, mein Gott, Dylan!“, erklang ihre aufgelöste Stimme. „Wie geht es dir? Tony und Thor haben mich schon darüber informiert, was passiert ist. Soll ich einen Transport organisieren? Willst du nach Hause kommen? Kann ich dir irgendwie Hilfe schicken?“
Sie war kaum zu stoppen. Ihre Sorge schmeichelte Dylan sehr. Es gab also doch noch Menschen, die sich um ihn ganz vorurteilsfrei Gedanken machten.
„Mir geht es gut, Carol“, erwiderte er. „Beruhige dich. Es besteht kein Grund, gleich in Panik auszubrechen.“
„Aber Tony sagte, du wolltest dich umbringen?“
„Meine Güte, nein, das wollte ich nicht!“
Am anderen Ende der Leitung wurde geschwiegen.
„Entschuldige …“ Mit der freien Hand fuhr er sich über das Gesicht. Es war ganz nass geschwitzt. Er stand in der prallen Sonne und schien nur noch zu vegetieren. Kraftlos schob er seinen Körper auf einen der Stühle. Er bettete seine Ellenbogen auf den Tisch und presste das Handy fest an sein Ohr.
„Ich habe nur eine kleine Schnittwunde, nicht schlimm.“ Er untertrieb maßlos, das war ihm bewusst, dennoch wollte er Carol nicht mehr als nötig beunruhigen. „Ich werde die Dosis der Tabletten erhöhen, wie du geraten hast … und ich möchte, dass du mir einen guten Psychiater besorgst, zu dem ich gehen kann, sobald wir zurück sind.“
„Das mache ich, Dylan, natürlich, keine Frage!“ Carols Stimme zitterte noch immer.
„Mach dir bitte keine Sorgen“, fügte Dylan hinzu, der ihren Gemütszustand auch durch das Telefon förmlich spürte. „Es ist schön hier. Die Sonne scheint, das Schiff liegt genau vor Hawaii … Du glaubst nicht, wie traumhaft die Aussicht ist. Hellblaues Wasser. Ich sehe den hellen Strand, die Palmen … weiter hinten die Skyline.“ Augenblicklich wurde ihm bewusst, wie schön das alles tatsächlich war. „Thor meinte allerdings, ich sei zu schwach für einen Landgang, so kurz nach dem Vorfall. – Was meinst du, als Ärztin?“
Für Carol gab es nur eine Antwort:
„Wenn Thor das sagt, dann wird es stimmen.“
Er hatte es geahnt, dennoch war die Enttäuschung groß. Noch einmal ließ er den imposanten Ausblick auf sich wirken, dann seufzte er ernüchtert, wenn auch gefasst.
„Na gut, kann man wohl nichts machen.“
„Erhol dich“, hörte er sie noch sagen. „Und komm heil zurück!“ Dann beendete er das Gespräch.
„Jetzt sind wir vier verdammte Tage auf diesem Schiff, erreichen gleich den Hafen von Honolulu und ich – darf nicht mal an Land!“
Zeternd kam er ins Zimmer zurück. Seine Worte klangen vorwurfsvoll, noch immer ärgerlich, obwohl Thor nichts dafürkonnte. Er selbst hatte sich das alles zuzuschreiben.
Schmollend warf er sich auf seine Betthälfte.
„Ruh dich aus, Perk“, hörte er Thor sagen. „Du hast gestern eine Menge Blut verloren und bist ganz käsig im Gesicht … Hawaii läuft uns nicht weg. Wir können jederzeit zurückkehren …“
„Ja, meinst du?“ Dylans Lider wurden schwer. Waren es vielleicht doch zu viele Medikamente? Zu viel Aufregung. Und dann diese Hitze. Thor stand im Türrahmen und das Bild verschwamm vor seinen Augen. Wenig später schlief er ein.
*
„Perk?“ Es war schön, geweckt zu werden von einer Stimme, die sein Herz zutiefst bewegte. Es war dunkel. Schwülwarme Luft herrschte in der Kabine. Wegen Dylan war die Klimaanlage noch immer ausgeschaltet. Das hatte zur Folge, dass sie oftmals ganz verschwitzt aufwachten und ihre Körper ständig erhitzt waren. Oder war es einfach die wohltuende Nähe, die sie fortwährend erwärmte? Dylan sah auf und rieb sich die Lider. Abermals hatte Thor
Weitere Kostenlose Bücher