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Reise zu Lena

Reise zu Lena

Titel: Reise zu Lena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Neven DuMont
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leid.«
    »Was tut Dir leid? Warum sagst Du das?«
    »Weil ich nicht weiß . . .«
    »Ja, was?«
    »Was ich sagen soll.«
    Ihre Stimme nahm einen strengen Klang an, man sah förmlich, wie sie sich aufrichtete:
    »Albert, hier stirbt meine Schwester und Du weißt nicht . . .«
    »Ich sagte doch, dass es mir leid tut. Es tut mit sehr leid.«
    »Du klingst nicht gut. Kümmert man sich um Dich? Du hättest zu Hause bleiben sollen, ich hatte Dich so sehr gebeten! Bist Du krank?«
    Er hüstelte:
    »Nicht krank, nur müde. Ich bin heute sehr müde.«
    Albert vernahm ihren schweren Atem:
    »Ich glaube, es geht zu Ende. Sie hat einen schweren
    Tod. Es fällt ihr sehr, sehr . . .«
    »Ich hätte mit Dir fahren sollen, Ann.«
    »Jetzt müssen wir uns fügen, für alles andere ist es zu spät. Wir sehen uns bald zu Hause. Es wird sehr gut sein, wieder zu Hause zu sein. Dann kann ich Dich pflegen.«
    Albert kicherte:
    »Hier gibt es einen Riesenameisenhaufen. Hab ich Dir das schon erzählt?«
    »Ich rechne mit jeder Minute . . . Sie ist schon seit Stunden ohne Bewusstsein. Der Doktor sagt, sie hat ein starkes Herz.«
    »So wie Du, Ann . . .«
    Er hörte, wie sie zu schluchzen anfing:
    »Warum fährst Du nicht morgen schon? Was machst Du überhaupt da? Irma wartet schon seit Tagen auf Dich, die Arme, sie ist ganz ungeduldig. Sag Christie, dass ich Dich zu Hause erwarte.«
    Die Worte stieß sie heraus. Nun weinte sie:
    »Früher war auf Christie Verlass! Was ist nur in sie gefahren?!«
    »Liebes, ich bin in Gedanken bei Dir, ich umarme . . .« Da hörte er das Knacken im Hörer.
    Am Abend zog er sich früh zurück. Albert schlich sich geradezu in sein Zimmer, ließ aber wieder zu, dass ihm Lena beim Ausziehen half. Auf ihren liebevollen GuteNacht-Gruß kam von ihm nur noch ein Stöhnen, dann war er bereits in tiefen Schlaf gefallen.
    Es war ein bleierner Schlaf, der ihn weit in die Tiefe hinabzog, weit nach unten, in Höhlen, Grotten und unterirdische Gänge, aus denen er trotz der Hilfe von Christie und ihrer Mutter, die ihn wieder in ihre Mitte genommen hatten, nicht herausfinden konnte. Die Frauen blickten ihn an, vorwurfsvoll: Wohin hatte er sie geführt? Was mutete er ihnen zu? Er sollte sich schämen! Was tat er ihnen, die es gut mit ihm meinten, an? Die Luft war stickig, sie wurde dünn. Gab er ihnen so ihre Liebe, die sie ihm schenkten, zurück? Es wurde immer dunkler, er konnte kaum die Hand vor den Augen erkennen.
    Ein Schrei, dann ein zweiter, dritter verhallte ungehört. Das Echo, um viele Ecken herum, schien ihn zu verhöhnen. An einer niedrigen Biege, wo er sich zu Boden werfen musste, um hindurchzukriechen, hatten die Frauen ihn verlassen. Ohne Gruß, einfach so. Hatten sie sich gestritten? Was wusste er?! Ob das gellende Gelächter in der Ferne ihm galt? Mutter und Tochter vielleicht, die froh waren, sich seiner entledigt zu haben? In seiner Verzweiflung kniete er auf dem Boden ins feuchte Moos des Waldes, aus dem sie zuvor geflüchtet waren. Hatte er sich im Kreise gedreht? Er weinte. In einem stammelnden Gebet rief er nach Erlösung: Hier hatten sie doch die Gespenster aufgehängt! Hier hatte er seine Befreiung erhofft. Hier war es doch? Er brachte alles durcheinander. Ann sah ihn vorwurfsvoll an: Es ist Deine Schuld! Sie weinte. Schon wieder hatte er versäumt, seine Medikamente einzunehmen. Es ist seine Schuld, auf ihn war einfach kein Verlass, man konnte sagen, was man wollte! War es Anns Stimme, die in das Gelächter der anderen Frauen einstimmte?
    Schweißgebadet wachte der alte Mann auf, brauchte Minuten, um sich zu fassen. Wo war er? Er erkannte das Zimmer nicht wieder.
    Licht drängte durch das niedrige Fenster. Er konnte kaum seine Glieder bewegen. Wo waren seine Medikamente? Die schmale Tür öffnete sich ohne einen Laut, Lena sah herein, ihr Blick war freundlich. Sie jedenfalls schien ihm nichts nachzutragen. Ohne Worte half sie ihm, sich im Bett aufzurichten, zog ihm die nassgeschwitzte Pyjamajacke vom heißen Leib, kam zurück mit einem weichen, großen Handtuch, mit dem sie ihn umwickelte.
    Erschöpft ließ er sich zurückfallen, sah sie dankbar an, stammelte einige zusammenhangslose Worte, immer noch dem unseligen Traum näher als dem anbrechenden Tag. Ihre weiche Hand strich sanft über seine zittrigen Lippen, legte seine unruhigen Arme zusammen, faltete die tanzenden Finger ineinander. Albert blickte ihr fest in die Augen, als sie ihm, ungefragt, mit ihrer Rechten die Medikamente durch die Lippen

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