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Reisestipendien

Reisestipendien

Titel: Reisestipendien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Zucken einer Muskelfaser zu verraten. John Carpenter und Corty, die sich weniger beherrschen konnten hatten gleich das Gesicht abgewendet und sich langsam entfernt. Glücklicherweise bemerkte der Offizier ihre Unruhe nicht, sondern begnügte sich zu fragen:
    »Nun, sagen Sie mir, Kapitän Paxton, was hat das zu bedeuten?
    – Ja, mir fehlt dafür jede Erklärung, Herr Leutnant, antwortete Harry Markel. Der Morden ist ein Trunkenbold, und wenn er des Guten etwas zu viel getan hat, weiß kein Mensch, was ihm durch den Kopf gehen mag.
    – Er ist also gar nicht an Bord des ›Halifax‹ gefahren?
    – Nein, wenigstens ist er schon seit zehn Jahren bei mir gewesen und hat alle Meere mit mir befahren.
    – Warum mag er dann aber von jenem Harry Markel gesprochen haben? fragte der Offizier weiter.
    – O, die Geschichte mit dem ›Halifax‹ machte doch großes Aufsehen, Herr Leutnant. Man sprach auch gerade von dem Entweichen der Verbrecher, als wir Queenstown verließen. An Bord war häufig davon die Rede… das wird ihm im Gedächtnis haften geblieben sein, anders kann ich mir das törichte Geschwätz des Trunkenbolds wenigstens nicht erklären.«
    Alles in allem konnte in dem Offizier nichts den Verdacht erwecken, daß er hier jenem Harry Markel gegenüberstände, ebensowenig, daß die Mannschaft nicht die des Kapitäns Paxton wäre. Er schloß das Gespräch also mit der Frage:
    »Was werden Sie mit diesem Matrosen beginnen?
    – Ich werde ihn acht Tage lang in den Frachtraum sperren, das wird ihn schon nüchtern machen. Und wenn ich nicht gerade etwas Mangel an Leuten hätte – einen Mann hab’ ich in der Bai von Cork durch Ertrinken verloren – so würde ich Morden in Sankta-Lucia fortgejagt haben. Leider wär’ es mir nur unmöglich gewesen, ihn zu ersetzen.
    – Wann erwarten Sie denn Ihre Passagiere, Kapitän Paxton?
    – Morgen früh, denn wir wollen mit der Flut in See gehen.
    – Dann: Glückliche Reise!
    – Ich danke Ihnen, Herr Leutnant.«
    Der Offizier hatte im Boote wieder Platz genommen, und dieses entfernte sich in der Richtung nach dem Stationsschiffe.
    Morden, der nichts hörte oder in seinem trunkenen Zustande doch nichts verstand, wurde mit rohen Fußtritten in den Frachtraum hinuntergestoßen; hatte er doch beinahe alles verraten, als er vom »Halifax« und von Harry Markel gefaselt hatte.
    »Mir läuft noch der kalte Schweiß herunter, sagte Corty, indem er sich die Stirne abwischte.
    – Harry, ließ John Carpenter sich vernehmen, wir sollten lieber noch heute Nacht abfahren, ohne die Passagiere zu erwarten. Hier in den vermaledeiten Antillen ist der Boden für uns zu heiß!
    – Und wenn wir uns wegstehlen, wendete Harry Markel dagegen ein, da wird man ja verstehen lernen, was Morden geschwatzt hat. Dann wäre alles verloren, und das Stationsschiff würde sich sofort zu unserer Verfolgung aufmachen. Wenn’s euch Spaß macht, gehängt zu werden… meinetwegen… mir nicht… ich bleibe hier!«
    Am nächsten Morgen hatten sich die Passagiere um acht Uhr an Bord eingefunden. Es schien nutzlos, sie mit dem gestrigen Vorfall bekannt zu machen. Daß sich einer der Matrosen betrunken hatte, war ja ohne Bedeutung.
    Bald lag der Anker an Deck, die Segel waren gehißt und der »Alert« glitt aus dem Hafen von Castries hinaus und schlug seinen Kurs nach Süden ein.
Fußnoten
    1 Ein nicht zu verdeutschendes Wortspiel nach dem ähnlichen Wortklange
Bella matribus,
da die Schwiegermutter französisch
La belle-mère
heißt.
Sechstes Kapitel.
Barbados.
    Ist auch der Zeitpunkt nicht genau bekannt, an dem die Portugiesen Barbados und dessen Nachbarinseln entdeckt hatten, so weiß man doch bestimmt, daß im Jahre 1605 ein Schiff unter englischer Flagge hier vor Anker gegangen war, das im Namen Jakobs I. von der Insel Besitz ergriff.
    Der Vorgang hatte freilich nur eine nominelle Bedeutung, denn zu jener Zeit wurde auf Barbados keine Ansiedlung gegründet und kein Kolonist ließ sich daselbst, nicht einmal zeitweilig, nieder.
    Gleich Sankta-Lucia liegt die Insel ziemlich isoliert in der Kette der Kleinen Antillen. Sie gehört eigentlich gar nicht dazu, denn sie ist von der ganzen Gruppe durch tiefe Abgründe getrennt und besteht nur aus dem oberen Teile eines Berges, der vierzig Lieues von Sankta-Lucia entfernt emporragt. Zwischen diesen beiden Inseln zeigt das Meer Tiefen von zweitausendachthundert Metern.
    Barbados verdankt seinen Ursprung nur Korallen: Infusorien haben es langsam aufgebaut und über die

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