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Reisestipendien

Reisestipendien

Titel: Reisestipendien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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anzutun.
    So wie sie von dem Empfange seitens ihrer Wirtin höchst befriedigt sein konnten, fühlte auch diese sich wirklich beglückt, die jungen Reisenden um sich vereinigt zu sehen, deren von Sonne und Luft gebräunten Gesichter Zufriedenheit und Wohlbefinden verrieten.
    Beim Frühstück kam natürlich die Dauer des Aufenthaltes auf Barbados zur Sprache.
    »Ich, meine lieben Kinder, sagte Mistreß Kathlen Seymour, nehme an, daß er sich wenigstens auf vierzehn Tage erstrecken wird. Heute haben wir den 7. September, und wenn die Abreise am 22. erfolgt, ist ja anzunehmen, daß Sie noch Mitte Oktober in England wieder eintreffen. Ich hoffe, Sie werden Ihren Aufenthalt in Barbados nicht zu bedauern haben. Wie denken Sie über die Sache, Herr Patterson?
    – Madame, antwortete der Mentor, sich über seinen Teller neigend, unsere Tage gehören Ihnen, und Sie haben darüber nach eigenem Ermessen zu bestimmen.
    – Ja, meine jungen Freunde, wenn ich nur auf mein Herz hörte, ließe ich Sie überhaupt nicht wieder nach Europa zurückkehren!… Doch was würden Ihre Angehörigen dazu sagen?… Was würde Ihre Gattin sagen, Herr Patterson, wenn Sie nicht wieder heim kämen?
    – Dieser Fall ist vorgesehen, antwortete der Verwalter. Angenommen, der ›Alert‹ wäre spurlos verschwunden, so daß man jahrelang nichts von ihm hörte…
    – O, das wird nicht geschehen! unterbrach ihn Mistreß Kathlen Seymour. Ihre Fahrt hierher ist so glücklich verlaufen, mit der Rückfahrt wird ja dasselbe der Fall sein… Sie haben ein gutes Schiff… der Kapitän Paxton ist ein vortrefflicher Seemann…
    – Gewiß, stimmte Patterson zu, wir haben sein Verhalten nur aufs höchste loben können.
    – Ich werde seiner auch nicht vergessen, versicherte die Schloßherrin.
    – Ebensowenig, hochgeehrte Frau, wie wir den Tag vergessen werden, wo es uns vergönnt gewesen ist, Ihnen unseren wärmsten Dank auszusprechen, diese
dies albo notanda lapillo,
und, wie Martial sagt:
hanc lucem lactea gemma notet,
oder, wie Horaz sich ausdrückt:
cressa ne careat pulchra dies nota,
oder endlich, wie bei Stace zu lesen ist:
creta signare diem.
«
    Glücklicherweise versiegte Pattersons Redestrom mit diesem Citat, das die jungen Tischgenossen mit einem freudigen Hurra unterbrachen.
    Daß Mistreß Kathlen Seymour diese lateinischen Aussprüche verstanden hätte. war ja schwerlich anzunehmen. über den Sinn, in dem der Redner sie vorgebracht hatte, konnte sie aber nicht im Unklaren sein. Vielleicht hatten sogar die Preisträger alle diese Citate aus Martial, Stace und Horaz nicht vollständig verstanden. Als sie später nur noch unter sich waren, fragte nämlich Roger Hinsdale:
    »Bitte, Herr Patterson, wie würden Sie denn das
creta signare diem
genau übersetzen?
    – O, sehr einfach: einen Tag mit Kreide anschreiben, was auch dem Bezeichnen mit einem weißen Steine,
lactea gemma,
entspricht. Ich begreife nicht, Hinsdale, daß Sie das nicht sofort verstanden haben sollten, während doch Mistreß Kathlen Seymour…
    – Oho, rief Tony Renault.
    – Ja ja, versicherte der Mentor. Dieses wundervolle Latein versteht jedermann…
    – Oho! wiederholte der Schalk Tony.
    – Warum dieses Oho?
    – Weil das Latein, so vortrefflich es sein mag, doch nicht für jedermann schon von allein verständlich ist, wie Sie sagen, werter Herr Patterson, erklärte Tony Renault. Gestatten Sie mir einmal, eine ähnliche Phrase anzuführen und Sie um deren Übersetzung zu bitten.«
    Offenbar wollte der unverbesserliche Witzbold wieder mit einem der Scherze aufwarten, die er immer in Vorrat hatte, und seine Kameraden täuschten sich hierin auch nicht.
    »Na, wir werden’s ja sehen… heraus mit dem Citat! antwortete Patterson, während er seine Brille zurechtschob.
    – So hören Sie gefälligst:
Rosam angelum letorum.
    – Ah… was? stieß Patterson verwundert hervor. Von wem rührt denn dieser Satz her?
    – Von einem unbekannten Autor. Doch darauf kommt ja wohl nichts an. Was mag er aber bedeuten?
    – Ganz und gar nichts. Tony!… Das sind Wörter ohne Zusammenhang.
Rosam,
die Rose, im Akkusativ,
angelum,
den Engel, ebenso ein Akkusativ, und
letorum,
der Glücklichen, ein Genitiv der Mehrzahl…
    – Bitte um Entschuldigung, erwiderte Tony Renault, dem die Schalkhaftigkeit aus den Augen leuchtete. Dieser Satz hat einen ganz bestimmten Sinn…
    – Den Sie kennen?…
    – Ja, den ich kenne.
    – Gut, ich werde ihn zu finden suchen, schloß Patterson das Gespräch, ich werde ihn

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