Reisestipendien
dieses Schiff gerade der »Alert« wäre. Es schien also, als sollte ihnen das Glück bis zum Ende hold bleiben. Sie konnten kühn den Archipel anlaufen, würden überall mit Ehren empfangen werden, dann von Insel zu Insel segeln, ohne Angst erkannt zu werden, und endlich würden sie die Fahrt mit einem Aufenthalt auf Barbados abschließen; dann aber… ja, dann aber nicht wieder nach Europa zurückkehren. Am Tage nach der Abfahrt sollte der »Alert« schon nicht mehr der »Alert«, Harry Markel nicht länger der Kapitän Paxton sein, und weder der steife Herr Patterson noch seine jungen Reisegenossen würden sich noch an Bord befinden. Das tollkühne Wagnis wäre dann geglückt, und in Irland würde die Polizei vergeblich nach den Seeräubern von der »Halifax« sachen.
Der letzte Teil der Fahrt verlief unter den günstigsten Umständen. Das prächtige Wetter bei beständig wehendem Passat gestattete dem »Alert«, alle seine Segel, sogar die Leesegel zu tragen.
Einfahrt in den Hafen von Sankt-Thomas.
Horatio Patterson war allgemach seefester geworden. Kaum verursachte ihm bisweilen ein stärkeres Stampfen oder Schlingern des Schiffes ein merkbares Unbehagen. Er hatte sogar seinen Platz an der Tafel wieder einnehmen und den Kirschkern entfernen können, den er bisher immer im Munde herumzuwälzen pflegte.
»Sie haben recht, Herr Patterson, äußerte ihm gegenüber Corty wiederholt, bis jetzt gibt es noch kein anderes Mittel gegen die Seekrankheit.
– Das glaub’ ich auch, guter Freund, antwortete Patterson, und glücklicherweise bin ich damit durch die Vorsorge meiner Gattin reichlich versehen.«
So ging der Tag zu Ende. Peinigte die jungen Preisträger früher die Ungeduld abzureisen, so fieberte in ihnen jetzt das Verlangen, endlich anzukommen. Schon zu lange hatte es gedauert, bis sie auf die erste Insel der Antillen den Fuß setzen konnten.
Mit der Annäherung an den Archipel wurde das Meer durch zahlreiche Fahrzeuge immer belebter, durch Segel-und Dampfschiffe, die entweder durch die Straße von Florida dem mexikanischen Meerbusen zustrebten, oder durch die, die daraus hervorkamen und nach den Häfen der Alten Welt steuerten.
Welcher Jubel für die jungen Leute, hier die amerikanische, die englische, französische und spanische Flagge – die auf diesem Seewege am häufigsten auftauchen – – herzlich zu begrüßen!
Bei Sonnenuntergang lief der »Alert« auf dem siebzehnten Breitengrade, in der Höhe von Sankt-Thomas, wovon er nur noch zwanzig Seemeilen entfernt war. Das war die Sache weniger Stunden.
Nicht ohne Grund wollte sich Harry Markel in der Nacht aber nicht in das Gewirr von Eilanden und Klippen hineinwagen, das sich um die Grenzen des Archipels hinzieht, und John Carpenter mußte auf seinen Befehl die Segelfläche verkleinern. Der Bootsmann ließ also Oberbram-und Bramsegel, auch die Topp-und das Briggsegel einbinden, und der »Alert« behielt nur seine beiden Marssegel, nebst dem Fock-und den Klüversegeln.
Die Nacht verlief übrigens ungestört. Der Wind hatte sich fast ganz gelegt, und am Morgen stieg die Sonne an einem klaren Horizonte heraus.
Gegen neun Uhr ertönte ein Ruf von der Mars des Großmastes.
Tony Renault jubelte mit lauter Stimme:
»Land… Steuerbord voraus… Land!«
Vierzehntes Kapitel.
Sankt-Thomas und Sainte-Croix.
Wir hatten schon früher erwähnt, daß Westindien nicht weniger als dreihundert Inseln und Eilande umfaßt. Der Name Inseln kommt davon freilich, entweder infolge ihrer Ausdehnung oder ihrer sonstigen Wichtigkeit, nur zweiundvierzig Landerhebungen zu, und von diesen zweiundvierzig sollten die Preisträger der Antilian School wieder nur neun besuchen.
Diese gehörten alle zu der Gruppe der Kleinen Antillen und besonders zu denen Vor dem Winde. Die Engländer unterscheiden sie in zwei Teile; die, die im Norden von den Jungferninseln bis nach Dominique reichen, nennen sie die Leeward Islands, und die, die zwischen Martinique und Trinidad liegen, die Windward Islands.
Es liegt jedoch kein Grund vor, diese Bezeichnung allgemein anzunehmen. Die ganze Inselwelt, die das amerikanische Mittelmeer im Westen begrenzt, verdient tatsächlich den Namen der »Inseln Vor dem Winde«; sie berührt zuerst der Passat, der hier in ostwestlicher Richtung webt.
In dem Netze dieser Inseln vermengen sich die Fluten des Atlantischen Ozeans mit denen aus dem Antillenmeere. Elisé Reclus hat sie deshalb auch mit den Pfeilern einer Riesenbrücke verglichen,
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