Reispudding mit Zimt (German Edition)
mit den Sängern.“
Ich koche ihm einen Kaffee und er setzt sich an den Personaltisch und sieht uns beim Kochen zu.
„Süß siehst du aus, in deiner Kochuniform“, sagt er mir.
Ich lächle ihm zu, aber gleichzeitig wird mir ganz weh ums Herz. Weiß Chris eigentlich nichts vom aktuellen finanziellen Zustand des Lokals? Weiß er nicht, dass ich die Uniform wahrscheinlich die längste Zeit getragen habe?
Rasch ändere ich das Thema.
„Erzähl mir doch etwas von der Oper“, bitte ich ihn, „Wovon handelt 'Peter Grimes' noch?“
„Oh, das ist leider eine sehr traurige Geschichte. Peter Grimes ist ein Fischer in einem kleinen Ort. Man vermutet, dass Britten sich Aldeburgh als Vorbild nahm. Durch ein Missgeschick stirbt sein Lehrling. Die Dorfbevölkerung meint, er sei an dem Tod des Jungen Schuld und verbündet sich gegen den Fischer. Er wird von allen abgelehnt und gehasst, obwohl sie auch nicht alle Engel sind und ordentlich Dreck am Stecken haben.“
„Klingt tatsächlich nach einer traurigen Geschichte“, sagt Gregory, „Besonders das mit dem Lehrling. Und wie geht es weiter?“
„Peter Grimes bekommt eine zweite Chance. Er bekommt einen neuen Lehrling.“
„Und dann ist die Oper vorbei?“
„Schön wär's. Aber der zweite Lehrling stirbt auch durch ein Missgeschick, und da ist die Katastrophe natürlich perfekt. Jetzt sind alle gegen Peter und wollen ihn lynchen. Zum Schluss wird er verrückt und nimmt sich das Leben.“
„Scheußlich“, sage ich. Irgendwie bedrückt mich die Geschichte, besonders vor dem Hintergrund dessen, was wir zur Zeit im 'Seaview' erleben müssen. Die Situation im Lokal ist wohl beinahe genauso aussichtslos, wie die von Peter Grimes. „Und so etwas aufzuführen macht tatsächlich Spaß?“
Chris lächelt. „Oh ja, auf jeden Fall. Die Musik ist einfach grandios. Das merkt man erst recht, wenn man selbst daran beteiligt ist. Außerdem hat die Tuba ungeheuer viel zu tun.“
Ich sehe ihn verliebt an. „Ach, ich würde dir zu gerne dabei zuhören können.“
„Aber das kannst du doch“, sagt Chris, „Jeder Musiker bekommt genau zwei Freikarten. Mein Vater oder Liz wären sowieso nicht daran interessiert. Du kannst zur Aufführung in Snape Maltings kommen. Wenn du Lust hast, kannst du sogar jemanden mitbringen.“
Gregory räuspert sich laut. „Ich würde gerne mitgehen.“
„Wann ist die Aufführung?“, frage ich
„In zwei Wochen“, sagte Chris.
Ich denke nach. Ob wir dazu tatsächlich hingehen können? Wer weiß schon, was in zwei Wochen sein wird? Die Zukunft liegt wie ein dunkler Schatten vor uns.
„Also gut“, sage ich, „wenn es irgend geht und uns nichts dazwischen kommt, dann kommen wir, Gregory und ich.“
„Fein“, sagt Chris, „dann spiele ich extra gut, nur für dich.“
Er springt auf, legt einen Arm um meinen Nacken und drückt mir einen zärtlichen Kuss auf die Lippen.
Gregory reißt die Augen auf, dann dreht er uns aber flink den Rücken zu, der gute Kerl, und tut so, als merke er nichts.
Ganz anders Adrian. Der steht nämlich auf einmal in der Küche und starrt uns an.
Chris und ich rücken sofort auseinander. Ich mache es wie Gregory und tu so, als müsse ich unbedingt etwas sehr Wichtiges an der Theke erledigen, aber meine Wangen brennen verräterisch.
Chris ist blass geworden. „Hallo, Dad“, sagt er nur.
„Nett, dass du uns hier auch einmal beehrst“, sagt Adria giftig, „obwohl ich mich wohl zu unrecht freue. Du kommst offensichtlich nicht hier her, weil du dich für die Küche interessierst, sondern eher für das Personal.“
„Ja“, sagt Chris kühn, „das siehst du ganz richtig. Ich bin hier, weil ich Anna sehen möchte.“
„Es ist nicht besonders hilfreich von dir, dass du hier das Personal von seiner Arbeit abhältst. Hier muss es rund gehen. Wir können derlei Störung nicht gebrauchen. Schließlich ist es auch in deinem Interesse, dass der Betrieb läuft.“
Ich halte die Luft an und lausche angespannt. Aha. So ist das also. Sollten meine Befürchtungen etwa bestätigt werden? Ist Chris finanziell komplett auf seinen Vater angewiesen?
Aber Chris strafft seinen Rücken und sagt stolz: „Du weißt sehr genau, Dad, dass das nicht wahr ist. Du hast wohl schon vergessen, dass ich ein sehr schönes Stipendium bekomme, das ich – mit Verlaub – mir schwer verdient habe. Und wenn du es genau wissen willst, bekomme ich mindestens 200 Pfund pro Monat an zusätzlichen Geldern für meine vielen musikalischen
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