Reispudding mit Zimt (German Edition)
seit Wochen, dass ich das so ehrlich und aus tiefstem Herzen sagen kann.
Als ich nach diesem besonderen Arbeitstag nach Hause komme, sind Gladys und Len schon längst zu Bett gegangen. Durch ihre Zimmertür höre ich, wie einer von den beiden kräftig schnarcht.
Ich bin zwar platt, aber mein Hirn ist ganz voll von den Erlebnissen der vergangenen Woche. Sie wirbeln wie ein Karussell durch meinen Kopf und halten mich wach.
Für Chris habe ich natürlich überhaupt keine Zeit gehabt. Ich habe ihm nur gesagt, dass es momentan im Restaurant einige größere Veränderungen gäbe, die uns ganz in Anspruch nähmen.
Ob er mitbekommen hat, dass wir ein Fernsehteam herbeigerufen haben? Bestimmt. Aldeburgh ist so ein Nest. Ich bin mir sicher, dass jeder einziger Dorfbewohner von der Aktion im Seaview bestens unterrichtet ist, zumal das Lokalblatt sehr detailliert davon berichtet hat. Trotzdem halten Chris und ich uns an unsere Abmachung und sprechen kein einziges Wort darüber.
Ich brenne darauf, zu erfahren, was er von dem Ganzen hält. Ein wenig hoffe ich auch, dass er mich dafür loben wird. Sicher wird er mir und Gregory dankbar sein, dass wir in Eigeninitiative den väterlichen Betrieb wieder flottgemacht hatten. Vielleicht werden wir doch darüber ein wenig plaudern, wenn sich die Wogen erst einmal geglättet haben.
Chris selber hat auch keine Zeit. Sein Orchester probt jetzt unermüdlich für die große „Peter Grimes“ Aufführung in Snape. Ich denke, wie schöne es wäre, wenn ich mich mal bei einer Probe herein schleichen könnte, um zu lauschen. Seltsam, obwohl ich mit Begeisterung koche, hat Chris bis auf den memorablen Fisch noch nie wirklich etwas von mir gegessen. Und obwohl das Tuba-Spielen Chris' Leben ist, habe ich ihn noch kein einziges Mal spielen gehört.
Was für spannende Erfahrungen stehen uns noch bevor!
Ich freue mich umso mehr auf die Premiere, zu der Gregory und ich gemeinsam gehen wollen. Gott sei Dank handelt es sich um eine Matinee-Vorstellung, so dass wir, bei geschickter Vorarbeit in der Küche, es gerade schaffen können, hinzugehen.
Am nächsten Morgen schlafe ich wieder so lange aus, dass Gladys mich mit einer Tasse Tee wecken kommt. Die Neueröffnung des Lokals ist an einem Sonntagabend gewesen, und vor mir liegt der unerhörte Luxus eines langen, freien Tages.
Zu allem Überfluss ist es ein wunderschöner, warmer Sommertag und Gladys hat einen Klapptisch und drei Stühle auf die Steinterrasse an Lens Gemüsegarten aufgestellt. Da sitze ich noch im Schlafanzug, löffele vergnügt meine Wheatabix und berichte den Beiden von unserem Erfolg. Gladys hat eine Schüssel grüner Bohnen auf dem Schoß, die sie für das Mittagessen putzt.
Len, der gerade mit einem Spaten die Kanten seiner Beete akkurat sticht, richtet sich auf und wischt den Schweiß mit einem Ärmel von seiner Stirn.
„Na also“, sagt er zufrieden, „dann ist alles gut geworden. War doch eine prima Idee von mir.“
„Eigentlich war es auch meine Idee“, brummelt Gladys.
„Ja, aber du warst dagegen, glaube ich.“
„Egal, ob dagegen oder dafür, die Idee alleine hätte nicht gereicht“, sagt Gladys klug, „Jemand musste sie schließlich auch umsetzten. Das mit dem Zwitschern oder Tweeten, oder wie das heißt, hättest du doch gar nicht hin bekommen, Len.“
Ich runzle meine Stirn. „Ganz sicher bin ich mir noch nicht, dass alles gut wird.“
„Wieso nicht?“, fragt Gladys.
„Es ist wegen Adrian. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass er bei der ganzen Sache seltsam unbeteiligt ist.“
„Wie, unbeteiligt?“
„Halt irgendwie so, als ob das Alles nichts mit ihm zu tun hätte.“
„Aber das hat es doch ganz und gar. Es geht schließlich um seine berufliche Existenz, oder?“
„Hm. Aber trotzdem...“, Ich überlege, wie ich ihnen meine Befürchtungen erklären könnte, kann aber meinen Finger nicht recht auf das Problem legen.
Mein Handy, das ich neben meinem Teller auf dem Tisch liegen habe, fing auf einmal an zu klingeln. Ich hebe es auf und sehe auf das Display. ANDREAS steht drauf, mein ältester Bruder. Ich nehme das Gespräch an und höre.
Mein Gesicht muss schlagartig sehr blass sein.
Gladys hält im Bohnenputzen inne, und auch Len lässt den Spaten sinken und sieht mich an.
Andreas platzt heraus: „Gehst du auf die Beerdigung? Einer von uns muss doch hin und Papa und Mama sind verreist, auf einer Teeplantage in Indien.“
Ich lasse das Telefon fast fallen. Mein Herz krampft
Weitere Kostenlose Bücher