Reiterhof Birkenhain 06 - Rettung in letzter Minute
atmete auf.
Hätte sie doch bloß nicht zurückgeschaut! Denn kaum drehte sie sich um, da sah sie, wie Rocky gegen die Tür der Box drängte, den Kopf hochgereckt, als wollte er die Wand durchbrechen. Sein helles Wiehern brach Conny fast das Herz.
»Geh nicht weg«, verstand sie daraus, »lass mich nicht allein.«
»Fahr weiter«, rief der Museumswart Conny zu. »Wenn du jetzt zurückkommst, wird er sich hier nie eingewöhnen, glaube mir. Es ist ja nur für ein paar Tage.«
Conny wusste, dass er Recht hatte.
Entschlossen trat sie in die Pedale, guckte aber immer wieder über die Schulter zurück zu Rocky, der so jämmerlich wieherte. Das Letzte, das sie von ihrem Liebling sah, war ein Stück seines roten Stallhalfters.
Bums, da prallte sie gegen den Zaun des Museumsdorfes. Mit schmerzverzerrten Gesicht rieb sie sich das Schienbein. Conny hatte Tränen in den Augen, als sie ihr Rad durch das Tor hinaus auf die Straße schob. Nicht wegen des blauen Flecks, sondern weil ihr Rockys Abschiedswie-hem so nahe ging.
Auf dem Weg zurück beruhigte sich Conny ein bisschen. Trotzdem - den Ausdruck in Rockys Augen würde sie so schnell nicht vergessen. Und wäre nicht ein derartiger Tumult auf dem Reiterhof Birkenhain gewesen - wer weiß, ob sie nicht wieder umgedreht hätte und zu Rocky gefahren wäre?
So aber kam Conny gar nicht zum Nachdenken. Ein lärmender Haufen von Reitermädchen empfing sie. Rings um Benno herrschte ein wildes Gedränge, nur sein gelber Helm ragte heraus. Alle wollten dasselbe - im FeuerwehrSchlauchboot mitfahren, das vor ihnen auf dem Hof lag. »Schluss, Schluss, Schluss.«
Benno kämpfte sich durch die Gruppe der Mädchen und erklärte die Lage aus sicherer Entfernung.
»Drei von der Feuerwehr müssen ins Boot. Und Kai Jensen. Dann ist nur noch Platz für vier von euch.«
Er zeigte auf das Ende des Stallgebäudes. »Wer zuerst da ist, hat gewonnen.«
»Was ist das hier, eine Game-Show?« Mia-Mathilde Gerlach murrte. Klarer Fall, sie war nicht besonders schnell und konnte sich leicht ausrechnen, dass sie es kaum schaffen würde. Trotzdem drängte sie sich zwischen die anderen Reiter, die sich in einer langen Reihe nebeneinander aufstellten.
Bastian verzichtete. Sehr anständig!
»Auf die Plätze, fertig, los.«
Zwanzig Paar Gummistiefel platschten über das nasse Pflaster. Keuchend erreichten die Ersten das Ende der Stallmauer. Jule und Sophie gleichzeitig, dahinter Merle und Imke auf Platz drei und vier. Conny schaffte nur Platz sechs, Luisa Platz acht.
»Ausgerechnet Imke«, japste Jule und fiel Conny in gespieltem Entsetzen um den Hals. »Von den Nervis hat es nun wirklich keine verdient.«
Dass Imke mitfuhr, verdross Jule sehr. Die kleine 12-Jährige mit den schwarzen Locken war ihre Lieblingsfeindin auf dem Hof. Nicht nur weil sie oft so pampig war. Nein, der eigentliche Grund war: Vater Zavelstein hatte seiner Tochter ein eigenes Pferd gekauft, Deichgraf. Mit ihrem braunen Holsteiner gab Imke unerträglich an. Jule wusste, sie selbst würde nie im Leben ein Pferd von ihrem Vater bekommen. Das machte die Sache noch schlimmer.
»Wahrscheinlich verlangt sie nach der Bootsfahrt Geld von den Feuerwehrleuten«, sagte Jule bissig. »Weil sie die Ehre hatten, Prinzessin Zavelstein zu kutschieren.« Conny musste lachen. Jule konnte sich klasse aufregen! Das ließ sie glatt für einen Moment vergessen, wie geknickt sie eigentlich wegen Rocky war.
»Wenn du dich nicht beeilst, fährt deine Prinzessin ohne dich los«, sagte Conny, denn die anderen waren schon wieder zum Hof zurückgegangen.
Jule rannte dem roten Schlauchboot nach, das von Benno und Kai Jensen in tieferes Wasser gezogen worden war. Behände schwang Jule sich als Letzte über die breite Reling. Merle rückte zur Seite, um auf dem Rand Platz zu machen.
Imke saß ganz vom. Sie hatte sich zwischen A. und B. Weiß gequetscht und machte sich wichtig.
Mit einer Hand hielt Jule sich an dem umlaufenden Halteseil fest und sah nach hinten. Bloß nicht ständig Imke vor Augen haben! Wie die sich an A. Weiß heranmachte! Ekelhaft. Wo sie doch sonst Axel Rakete hemmungslos anhimmelte.
Fast lautlos - wenn man von Imkes Geschnatter absah -glitten sie auf den überfluteten Wiesen dahin. Nur das Eintauchen der beiden Holzpaddel verursachte ein leises Plätschern. Rechts und links ragten Zaunpfähle und Holunderbüsche aus dem Wasser. Gemächlich trieb das Dach einer Hundehütte an ihnen vorbei.
Der Regen war von schwülwarmer Luft
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