Reiterhof Birkenhain 09 - Spuk im Stall
geht geradewegs auf Luisa zu, die sich vor lauter Furcht keinen Millimeter rührt.
»Nimm die Hände hoch, wird's bald?«
Zitternd hebt Luisa ihre Arme über den Kopf. Der Mann klopft sie mit schwarzen Lederhandschuhen ab. Luisa ist stocksteif vor Angst. Flecken-Paula nimmt den Kopf hoch. Die anderen Pferde gucken aufmerksam, bleiben aber ruhig. Bis auf King Louis: Der alte Herdenchef schnappt durch die Gitterstäbe und legt drohend die Ohren an, sie verschwinden fast im Kopf.
»Was haben wir denn da?«
Der Mann zieht das Handy aus Luisas Tasche und steckt es ein. »So, jetzt den Schlüssel zur Sattelkammer, aber etwas plötzlich. Los, los ... du weißt, ich kann auch anders. Ich habe die Macht.« Er deutet auf die Heuluke über sich.
Luisa wird es kalt und im nächsten Moment siedend heiß. Ich habe die Macht - das hatte der Vampir geschrien. Auf einen Schlag erkennt Luisa: Es war die Sattelbande, die ihr aufgelauert hatte! Niemand aus dem Stall. Nicht die Killerbienen und nicht die Nervis. Die Nervis! So glühend wie in diesem Moment hat Luisa die Ger-lach-Zwillinge noch nie herbeigesehnt. Wenn sie doch eher zurückkämen! Aber darauf kann sie nicht hoffen. »Den Schlüssel«, zischt der Mann vor ihr.
Luisa weiß - es ist zwecklos, die Mutige zu spielen.
»Im Stiefel«, sagt sie kläglich.
Mit einer Kopfbewegung fordert der Kapuzenmann sie auf den Schlüssel herauszugeben.
Mit fahrigen Bewegungen zieht Luisa den Stiefel aus und bringt den Schlüssel zum Vorschein. Er reißt ihn ihr aus der Hand.
»Hier, nimm!« Er wirft den Schlüssel seinem Komplizen zu, der mit einer langen Sporttasche neben ihm wartet. »Beeil dich! Zuerst das Zaumzeug.«
Der andere, der bisher noch keinen Ton gesagt hat, nickt und hastet zur Sattelkammer. Luisa hört, wie er aufschließt.
»Rein da!«
Der Wortführer gibt Luisa einen Schubs und zeigt auf
Paulas Box. »Ja, beide. Mach schon«, drängt er und wirft Luisas Stiefel in die Einstreu.
Es geht ihm nicht schnell genug. Er zieht den Knoten des Anbindestricks auf und schiebt das Pferd und Luisa in die Box. Obwohl Luisa wie gelähmt ist, nimmt sie wahr, dass der Mann den Strick mit einem Ruck löst. Das tut nur jemand, der sofort einen Panikknoten erkennt, mit dem man Pferde anbindet...
Vom Hof schleift der Kapuzenmann eine Eisenplatte herein und versperrt damit die Gitterstäbe der Box. Die Tür sichert er mit einem Fahrradschloss. Dann hetzt er zur Sattelkammer.
Gefangen!
Luisa ist in Paulas Box gefangen. Am liebsten möchte sie sich die Hände vors Gesicht halten und nichts mehr sehen. Aber dann stellt sie erstaunt fest: Ihre Angst nimmt ab, seit sie mit Paula zusammen eingeschlossen ist. Luisa schlingt beide Arme um den Pferdehals und drückt ihr Gesicht in das warme Fell. Neben ihrem Lieblingspferd fühlt sie sich in Sicherheit.
»Gut, dass du da bist«, flüstert sie. Paula prustet und stupst ihr Pflegemädchen freundlich an.
Luisa zwingt sich logisch zu denken. Die Männer werden ihr bestimmt nichts tun... ihr nicht und Paula auch nicht. Sonst hätten sie sie nicht eingeschlossen. Die Diebe müssen ja ruck, zuck mit ihrer Beute verschwinden.
Bevor jemand von den Reitern auftaucht oder der Stallbesitzer.
Der Schweigsame stürzt mit der blau-schwarzen Sporttasche aus der Sattelkammer. Für eine Sekunde erkennt Luisa eine Tätowierung auf dem linken Handgelenk. Die Zeichnung könnte ein Tier sein, denkt sie. Eine Schlange, ein Seepferdchen . . . aber genauso gut ein Schwert. Das kann sie aus der Entfernung nicht feststellen.
Die große Tasche ist bis oben hin voll gestopft und steht offen. Luisa blickt in ein Gewirr aus Zügeln, Stirnriemen und Reithalftern. Der Anblick schnürt ihr die Kehle zu.
»Unsere schönen Trensen«, murmelt sie und kämpft mit den Tränen. »Herr Jensen wird verrückt.«
Der Anführer schleppt drei Sättel übereinander nach draußen. »Hey du, starr uns gefälligst nicht so an«, fährt er Luisa an. »Los, mach die Augen zu.«
Erschreckt legt Luisa wieder beide Arme um Paulas Hals und kneift die Augen zusammen.
Nein, das geht nicht. Fieberhaft denkt Luisa nach. Sie muss doch sehen, was weiter passiert. Mit beiden Händen fährt sie dem Pferd durch die dichte Mähne und hebt sie leicht an. Durch ihre gespreizten Finger und durch die Mähnenhaare bekommt Luisa alles mit. Aber die Männer sehen nicht, dass sie von ihr beobachtet werden.
Schon sind die beiden Diebe zurück. In fliegender Hast räumen sie die Sattelkammer leer. Das geht
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