Reiterhof Birkenhain 09 - Spuk im Stall
Autotür wurde schwungvoll zugeworfen, dann näherten sich Schritte auf dem gepflasterten Hof. Jensen bückte sich nach einer vergessenen Gerte, die vor Paulas Box lag, und hielt sie kampfbereit am Griff. Luisa nahm Paulas Bürste wie ein Wurfgeschoss in die Hand.
Angespannt sahen beide dem ungebetenen Besucher entgegen, zu allem entschlossen. Jetzt bog jemand um die Ecke, nahm Kurs auf die vergitterte Eisentür. Jensen umfasste die Gerte fester ...
»Das ist ja eine tolle Begrüßung.«
Eine sportliche Frau um die vierzig lehnte sich draußen gegen das Metallgeflecht und lachte laut.
Jensen ließ die Gerte sinken. »Frau Mühlberg, Sie sind es!«, sagte er erleichtert. »Sie müssen schon entschuldigen ... aber wir haben hier seit kurzem einen ... wie soll ich sagen ...«
Jensen unterbrach sich. Warum sollte er sie mit der Spuk- und Sattelbande-Geschichte beunruhigen? Kein guter Empfang für jemand, der demnächst auf Birkenhain reiten würde. Ulrike Mühlberg wollte nämlich im Dezember seinen Friesen Ankum kaufen und in Hamburg einen Reiterladen eröffnen. Im Augenblick wohnte sie noch in Krefeld, war aber gerade dabei, nach Hamburg umzuziehen.
»Kommen Sie doch erst einmal herein.« Jensen öffnete ihr die Tür und zeigte auf den kleinen Transporter, der neben seinem Pferdehänger stand. »Sind Sie damit gekommen?«
Ulrike Mühlberg nickte.
»Die ersten Möbel für die neue Wohnung. Die will ich komplett einrichten, bevor ich an den Laden gehe. Für den Horseshop brauche ich natürlich eure Hilfe.« Sie zwinkerte Luisa zu. »Ich meine von dir und deinen Freundinnen. Schließlich kaufen Mädchen die meisten Pferdesachen, da muss ich ja euren Geschmack kennen.«
Ulrike Mühlberg wollte nur kurz vorbeischauen, um Ankum zu besuchen. »In den nächsten Tagen bringe ich zwei Säcke Möhren für Ihre Pferde«, kündigte sie an. Sie schmuste mit dem großen Friesen Ankum, der die unerwartete Kuschelstunde sichtlich genoss.
Als Frau Mühlberg gegangen war, sagte Luisa: »Sie brauchen vor dem Voltigieren nicht mehr herunterzukommen, Herr Jensen. Das mit der Angst... das ist vorbei.«
Kai Jensen meinte ebenfalls, dass die Sache mit dem Vampir überstanden sei. Vorsichtshalber erkundigte er sich bei Luisa: »Du hast doch ein Handy? Bring das immer mit in den Stall! Wenn etwas passiert, kannst du mich sofort rufen.«
Die Wörter »Satteldiebe« und »Spuk« wurden allmählich zu Fremdwörtern. Bis zu diesem Mittwoch Mitte November, einem windigen Nachmittag.
Luisa hatte Flecken-Paula gerade in der Stallgasse festgebunden, als sie ein Motorengeräusch hörte. Argwöhnisch spitzte sie die Ohren und lauschte. Sie tippte auf einen Personenwagen. Gerade wollte sie nachschauen, da drang schon das Kichern der Nervis zu ihr. Obwohl Luisa sonst die Augen verdrehte, wenn die Ger-lach-Zwillinge kamen - heute atmete sie auf. »Nur« die Nervis! Offensichtlich hatte ihr Vater sie mit dem Wagen nach Birkenhain gebracht.
Genauso war es. Als die Nervis an der Stalltür vorbeikamen, blieben sie stehen und pressten ihre Nasen gegen das Gitter.
»Bei uns sind zwei Stunden ausgefallen«, rief Mia-Mathilde zu Luisa hinüber. »Wir reiten aus.«
Kai Jensen legte Wert darauf, dass alle Reiter sich vor einem Ritt ins Gelände abmeldeten. Luisa war froh, dass die Nervis Sättel und Zaumzeug draußen aufbewahrten, bei ihren Boxen. So musste sie Mia-Mathilde und Di-na-Dorothee nicht beim Satteln auf der Stallgasse ertragen. Kurze Zeit später ritten die Nervis vom Hof.
Leise summend kämmte Luisa die Mähne von Flecken-Paula. Zum Schluss fuhr sie mit der Bürste über das dichte Langhaar. Die Stute rieb zufrieden ihre Nase an Luisas Arm. Die Stallgasse von Birkenhain schien der friedlichste Ort der Welt zu sein. Doch dann begann ein Alptraum .. .
Auf einmal sieht Luisa, wie sich von außen ein Stock durch die Gittertür schiebt. Der Riegel wird angehoben.
Luisa erstarrt. Der Schreck trifft sie bis ins Mark. Sie umklammert die Putzbürste. Sie ist unfähig zu schreien, kann sich vor Schreck nicht bewegen.
Sekunden später fliegt die Tür auf.
Zwei Männer mit vermummten Gesichtern stürmen auf die Stallgasse. Um den Mund sind schwarze Schals gebunden, darüber haben sie die Kapuzen ihrer dunkelblauen Shirts gezogen. Beide tragen schwarze Hosen und schwarze Joggingschuhe.
Luisa ahnt sofort, wen sie vor sich hat: die Sattelbande. Hastig kommen die Männer näher. Ihre Blicke schweifen unruhig nach allen Seiten.
Einer der Männer
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