Reiterhof Birkenhain 10 - Ende für die Reitschule
gesellte. »War nicht so gemeint. Aber stimmt es vielleicht nicht, dass ihr für eure Pferde einen neuen Stall gefunden habt?« Mia-Mathilde Gerlach verzog das Gesicht. »Sicher. Aber der liegt fast in Bargteheide. Mit dem Rad kommen wir da nicht hin. Außerdem gibt es dort nur öde Erwachsene.«
»Genau«, bestätigte ihre Schwester Dina und rubbelte sich feuchte Späne von den Händen. »Wen sollen wir ärgern, wenn wir euch nicht mehr haben?«
Jule seufzte. Ihr ging es ähnlich wie den Gerlach-Zwil-lingen. Als noch keine Gefahr für Birkenhain bestand, hätte sie alles dafür gegeben, die Zwillinge und die Killerbienen auf den Mond zu schießen. Aber nun, da der Stall bedroht war . . . jetzt merkte auch Jule, dass alle eine verschworene Gemeinschaft waren und auf krumme Weise zusammengehörten. Die einen brauchte man als Freunde, die anderen, um sich über sie aufzuregen.
»Das Bauamt bleibt uns noch«, sagte Bastian. »Wilma Löwe bringt morgen die Unterschriftslisten dort hin. Fast alle Großmoorstedter haben unterschrieben, dass sie gegen die Schließung von Birkenhain sind. Das Bauamt kann doch keinen Reiterhof abreißen, den alle unbedingt behalten wollen.«
»Erwachsene können alles«, fürchtete Luisa.
Bevor Wilma Löwe am nächsten Nachmittag zum Bauamt fuhr, kam sie im Stall vorbei. Sie bot Luisa und Bastian an im Auto mitzufahren. Das ließen sie sich nicht zweimal sagen ...
Aber dann stellte Wilma Löwe fest, dass sie mit ihrem Babybauch nicht mehr hinters Lenkrad passte. Luisa lief zum Humanmediziner, der auch am Birkenweg wohnte.
Dr. Völker sprang als Fahrer ein. Er opferte seine Mittagspause, um die ganze Mannschaft zum Bauamt zu fahren, und ging selbst mit hinein. Schließlich hatte seine Stimme Gewicht in Großmoorstedt. Leider nicht beim Bauamt, wie sich herausstellte.
Erst mussten sie eine Stunde in einem dunklen Flur warten. Als sie endlich ins Amtszimmer gelassen wurden, einen stickigen Schlauch, in dem es nach altem Papier roch, wollte der Beamte nicht über die Wohnungen sprechen.
»Wenn wir das genehmigt haben, hat alles seine Ordnung«, war das Einzige, was er sagte.
Der mollige Mann sah die Besucher nicht an, sondern zupfte unentwegt an den Ärmeln seines zu engen grünen Pullovers herum. Er zuckte mit der Nase, mit den Ohren und mit den Schultern. Als Dr. Völker ihn bat die Baupläne zu holen, lächelte der Beamte gequält und wies auf die Aktenberge, die sich an den Wänden bis zur Decke stapelten. Ohne Regung nahm er die Unterschriftenlisten an und warf sie in einen Karton. Er rückte eine Trittleiter vor das Wandregal, stieg hinauf und packte die Pappkiste auf einen Berg grauer Mappen.
Wilma Löwe, der Humanmediziner, Luisa und Bastian -sie alle hatten das sichere Gefühl, ihre großartige Aktion wurde zwischen Papierstapeln, Pappmappen und Plänen zur ewigen Ruhe gebettet. Fehlte nur noch ein Grabstein: »Hier liegt der Versuch begraben, Reiterhof Birkenhain vor dem Abriss zu retten.«
»Geben Sie die Proteste auch wirklich weiter?«, fragte Dr. Völker misstrauisch.
»Selbstverstä ndlich.«
Wilma Löwe zog ein Blatt aus der Jacke und schob es dem Beamten über den Tisch. Sie hatte schon mit der lustlosen Reaktion gerechnet und zu Hause ein Schreiben aufgesetzt.
»Sie müssen bestätigen, dass Sie unsere Listen erhalten haben.«
Der Mann brummte etwas, überlegte, zuckte zweimal mit der Nase und dreimal mit dem Kugelschreiber, unterschrieb aber letzten Endes. Frau Löwe nahm das Blatt Papier schnell an sich.
Missmutig zeigte der Baubeamte zur Tür.
»Würden Sie bitte den Raum verlassen? Draußen warten noch andere Bürger, für die ich etwas tun muss.« »Aber Sie tun doch gar nichts«, sagte Luisa empört.
Die Tür ging auf und eine Frau kam herein, gefaltete Pläne in der Hand. Der Beamte hatte einfach den Knopf »Nächster eintreten, ohne zu klopfen« gedrückt, der im Flur aufleuchtete.
Niedergeschlagen verließen die vier das Bauamt. Als sie frierend vor Frau Löwes Auto standen, bekam Bastian einen Koller.
Wütend knallte er seine Mütze auf die Motorhaube. »Genauso gut hätten wir die Unterschriften auf den Misthaufen werfen können. Der lahme Typ macht nichts damit, jede Wette.«
»Von wegen!« Wilma Löwe wedelte mit dem Brief, bevor sie ihn ins Handschuhfach legte. »Ist doch wohl klar, dass ich jetzt an alle Zeitungen schreibe. Die müssen wissen, dass jeder in Großmoorstedt gegen den Abriss von Birkenhain ist.«
Der Humanmediziner fuhr sie
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