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Reizende Gäste: Roman (German Edition)

Reizende Gäste: Roman (German Edition)

Titel: Reizende Gäste: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Kinsella
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anziehen?«
    »Ich trage nichts Besonderes.« Gillian klang grob, fast zornig. »Bloß ein blaues Kleid.«
    »Blau! Ich sag’ Ihnen was …« Fleur kramte in einer ihrer Taschen herum. »Wollen Sie sich das hier ausleihen?« Sie förderte einen langen, blauen Seidenschal zutage und drapierte ihn über Gillians Schultern. »Den hat mir mal irgend so ein Dummkopf geschenkt. Sehe ich so aus, als könnte ich Blau tragen?« Sie verdrehte die Augen und senkte die Stimme. »Offensichtlich dachte er auch, ich trüge die Konfektionsgröße vierunddreißig und würde rote Unterwäsche mögen.« Sie zuckte die Achseln. »Was will man da machen?«
    Gillian erwiderte Fleurs Blick und spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Ein ungewöhnliches Gefühl überkam sie, fast so, als ob sie lachen wollte.
    »Aber zu Ihnen sollte er bestens passen«, sagte Fleur. »Der Schal hat exakt Ihre Augenfarbe. Ich wünschte, ich hätte auch blaue Augen!« Sie betrachtete prüfend Gillians Augen, und Gillian wurde es langsam heiß.
    »Danke«, sagte sie abrupt. Sie blickte auf die blaue Seide. »Ich probiere ihn mal an. Aber ich bin mir nicht sicher, ob er zum Kleid paßt.«
    »Soll ich kommen und Ihnen helfen? Ich weiß, wie man diese Dinger knotet.«
    »Nein!« Gillian schrie beinahe. Fleur war zuviel für sie. Sie mußte fort. »Ich gehe jetzt einfach und ziehe mich um. Und ich schaue, wie es paßt.« Fluchtartig verließ sie das Zimmer.
    In der Sicherheit des eigenen Zimmers blieb Gillian stehen. Sie nahm das Schalende und schmiegte ihre Wange an das weiche Material. Er roch süß. Wie Fleur. Süß und weich.
    Gillian setzte sich an ihre Frisierkommode. Noch immer hatte sie Fleurs Stimme im Ohr. Noch immer verspürte sie den Wunsch loszulachen. Sie fühlte sich belebt; atemlos; fast überwältigt. Das ist Charme, dachte sie unvermittelt. Warmer Charme, das war nicht das Geplapper und die Küsse der tiefgekühlten Frauen aus dem Golfclub. Emily hatte man als charmante Frau bezeichnet, aber in ihren Augen hatten Eissplitter gesteckt, und ihr Lachen war zuckersüß und humorlos. Fleurs Blick war warm und schloß alle ein, und wenn sie lachte, brachte sie alle anderen dadurch auch zum Lachen. Das ist wahrer Charme. Natürlich meinte Fleur nichts wirklich davon. Eigentlich wollte sie gar keine blauen Augen; und Gillians Rat benötigte sie an sich auch nicht. Und auch zu den anderen im Golfclub wollte sie, da war sich Gillian sicher, nicht wirklich dazupassen. Aber nur für ein paar Sekunden hatte sie es geschafft, daß Gillian sich erwünscht und mit einbezogen gefühlt hatte.
    Das Clubhaus in Greyworth war in amerikanischem Kolonialstil gebaut worden, mit einer großen Holzveranda, von der aus man das achtzehnte Grün überblickte.
    »Ist das die Bar?« erkundigte sich Fleur bei ihrer Ankunft. Sie blickte auf die Tische und Stühle; die Gins; die geröteten, vergnügten Gesichter.
    »Die Bar ist drinnen. Aber im Sommer sitzen alle draußen. Es ist furchtbar schwierig, einen Tisch zu ergattern.« Mit zusammengekniffenen Augen blickte Gillian sich um. »Ich glaube, sie sind alle besetzt.« Sie seufzte. »Was würden Sie denn gern trinken?«
    »Einen Manhattan«, erwiderte Fleur. Gillian sah sie zweifelnd an.
    »Was ist das?«
    »Die an der Bar wissen das schon.«
    »Gut … also dann.«
    »Einen Augenblick«, sagte Fleur. Sie zog Gillian den Schal zurecht. »Sie müssen ihn ein bißchen mehr drapieren. So ungefähr. Und aufpassen, daß er nicht zerknautscht. Okay?« Gillian zuckte unmerklich mit den Achseln.
    »Das macht doch alles solche Umstände!«
    »Gerade die Umstände sind es, die Spaß machen«, erklärte Fleur. »Das ist genauso wie mit Strümpfen, die Nähte haben. Man muß sie alle fünf Minuten nachprüfen.«
    Gillians Miene verdüsterte sich noch mehr.
    »Na, ich hole dann mal die Getränke. Ich schätze, man wird sich dazu anstellen müssen.«
    »Brauchen Sie Hilfe?«
    »Nein, Sie bleiben besser hier draußen und warten, daß ein Tisch frei wird.«
    Gillian begann, auf die Glastüren zuzugehen, die zu der Bar führten. Als sie sie erreichte, verlangsamte sie ganz leicht ihren Schritt, langte fast unmerklich nach den Enden ihres Schals und zog ihn zurecht. Fleur lächelte ihr verschwörerisch zu. Dann wandte sie sich gemächlich um und sah sich auf der Veranda um. Sie war sich bewußt, daß sie ein paar interessierte Blicke auf sich gezogen hatte. Rotgesichtige Golfspieler lehnten sich zu ihren Kumpeln hinüber; scharfsichtige

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