Religionen der Menschheit – Das EBook Weltreligionen sciebooks.de (German Edition)
wenig zu gewinnen.
So führte die Erlaubnis der Polygamie (Mehrehe) im frühen Islam durchaus zu einer Verstärkung kriegerischer Expansion: Wo sich wohlhabende Männer mehrere Frau en nehmen konnten bliebe n umgekehrt andere ohne jede Chance auf eine friedliche Existenz- und Familiengründung zurück. Dagegen verhieß ein Leben als Krieger und Eroberer durchaus Ruhm, Besitz und die Chance auf einen Haushalt mit eigenen Frauen und Kindern – und Abertausende schlossen sich den erobernden Heeren an. Zugleich entwickelten sich religiöse Lehren, die den Vorrang der Herrschenden und islamischen Geistlichen festigen und interne Bürgerkriege verhindern sollten.
Ebenso führte die europäische Bevölkerungsexplosion ab dem 16. Jahrhundert dazu, dass sich Millionen überzähliger Söhne, die von ihren Eltern nicht genug Land zur Gründung einer eigenen Existenz erben konnten, als Soldaten und Siedler versuchten und sich untereinander zerfleischten oder buchstäblich a lle Kontinente unserer Welt heim suchten. Erst mit den beiden Weltkriegen lief der europäische Jugendberg dank sinkender Geburtenraten aus und das rapide unterjüngende Europa entdeckte sich als Friedenskontinent neu.
Die traditionellen, islamischen Autoritäten des 19. und besonders 20. Jahrhunderts waren denn auch völlig überfördert, als Bevölkerungsexplosion und Jugendberge in ihren Gesellschaften einsetzten. Entsprechend galten sie bald als rückständig und die jungen Generationen wandten sich in Scharen nationalistischen und später auch sozialistischen Bewegungen zu. Versuche der Herrschenden in fast allen Ländern, den Islam als Mittel zur Herrschaftssicherung gegen die aufbegehrenden Massen zu verwenden, schlugen spektakulär fehl: Ab den 1970er Jahren breiteten sich zunächst in schiitischen dann in sunnitischen Traditionen Bewegungen aus, die politische Umwälzungen im Namen des Islam selbst einforderten. Heute stehen sich in fast allen islamischen Gesellschaften alternde, säkular-nationalistische Gruppen, islamische Extremisten und islamische Demokraten gegenüber. Der Anschluss an die demokratisch-freiheitliche Moderne gelingt dabei in jenen Ländern am besten, wo ein wirtschaftlich erfolgreicher, kleinfamiliärer Mittelstand entsteht sowie der nationale wie internationale Dialog gelingt.
Wie jede andere Weltreligion kann also auch der Islam sowohl als eine Kraft des Friedens wie des Konfliktes ausgelegt werden. Faire Handels- und Entwicklungsbedingungen, die Förderung von Bildung und Dialog sowie auch die erfolgreiche Integration von Zuwanderern aus noch bevölkerungsreichen Gesellschaften führen dazu, dass auch in islamisch geprägten Gesellschaften die Jugendberge abschmelzen und friedliche Auslegungen gewinnen.
4.1 Der Hinduismus – Zentrale Glaubenslehren
Während sich am Mittelmeer der „abrahamische“ Monotheismus entwickelte und schließlich global ausbreitete, verschmolzen in Indien gewachsene Traditionen zur drittgrößten Weltreligion mit heute etwa 900 Millionen Anhängern. Die Bezeichnung als „Hindus“ und „Hinduismus“ entstammte dabei gar nicht der eigenen Tradition, sondern wurde von Arabern ( al-Hind ), Persern ( Hindu ) und schließlich englischen Kolonialbeamten auf die Bewohner der Industalreligion und ihre Kulte angewandt – von wo sich der Ausdruck zunächst auf alle Inder und dann auch auf religiös verbunden e Nichtinder (etwa in Sri Lanka , Indon esien und auch z.B. auf Konvertiten in westlichen Ländern) ausbreitete. Insofern trifft das Bild des Flusses durchaus den Sachverhalt: Der Hinduismus gleicht einem mächtigen Strom, gespeist aus vielen Quellen, und mit teils sehr unterschiedlichen Strecken und Strömungen. Manche Hindus greifen heute auf den Begriff des sanatana dharma (Ewige Ordnung / Harmonie) zurück, um ihre Glaubenshaltung zu bezeichnen.
Die meisten Hindus teilen die Auffassung einer ewigen Ordnung (dharma), die Lebewesen nach ihren guten und schlechten Taten (karma) immer wieder neue Plätze im Kreislauf der Wiedergeburten (samsara) zuweise. Entsprechend werden auch Menschen häufig in Kasten (varna, wörtlich: Farben) eingeteilt. Ziel des religiös geprägten Lebens sei nicht nur eine bessere Wiedergeburt, sondern schließlich die Erlösung aus dem Lebenskreislauf selbst (moksha).
Äußerlich erscheint der Hinduismus als bildreich-bunter Polytheismus (Vielgötterglauben) mit abertausenden Gottheiten. Schon früh finden sich jedoch auch Traditionen, die hinter dieser
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