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Remember

Remember

Titel: Remember Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Jungbluth
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Veränderungen, zäh wie Kaugummi. Es war wohl nur das Licht.
    Annabel, Michael und George saßen auf roten Hockern an der Bar, hatten ihm den Rücken zugewandt, sprachen nicht, drehten sich nicht um. Sie trugen kleine Partyhüte auf dem Kopf.
    Auf der Tanzfläche sah er April Fay und viele andere aus der Anstalt. Sie tanzten, dicht gedrängt, Frauen mit Frauen, Männer mit Männern. Ihre Köpfe waren emporgereckt und ihre Augen und Lippen grell geschminkt inmitten aschfahler Gesichter. Jedes einzelne eine verzerrte Grimasse himmlischen Verzückens. Ihre Bewegungen glichen zirkusreifen Verrenkungen, unmöglich für den menschlichen Körper.
    Eric ging durch die Tanzenden hindurch und sah nach oben. In einem riesigen Vogelkäfig, schwankend unter der Decke, spielte eine Band. Schwester Shelley trug ein kurzes Schwesternkostüm und sang in ein Mikrofon und ihre schwarzen Locken wanden sich um ihren Kopf wie Schlangen um das Haupt der Medusa.
    Dann wurde es still und sie sah Eric an.
    »Diesen Song singe ich für dich, Eric.«
    Eric bemerkte, wie Schwester Shelley sich veränderte, wie aus ihr Shirley Bassey wurde, so, wie er sie zum ersten Mal im Fernsehen gesehen hatte, mit ihren kurzen Haaren und dem langen glitzernden Kleid, und nun sang sie für ihn This Is My Life. Er liebte diesen Song.
    Funny how a lonely day, can make a person say:
What good is my life
Funny how a breaking heart, can make me start to say:
What good is my life
    Eric spürte eine Hand auf seinem Nacken, sanft und warm, und er hörte eine Stimme, die ihn bat, sich umzudrehen. April Fay lächelte ihn an. Sie war wunderschön. »Darf ich bitten?«
    This is my life
Today, tomorrow, love will come and find me
But that’s the way that I was born to be
This is me
This is me
    »Es war schön«, sagte April Fay, »aber der Tanz ist nun vorbei.«
    Eric wollte fragen, Warum , doch sie war schon wieder eine von ihnen, starrte ihn an mit ihrem unwirklich geschminkten Gesicht.
    Sometimes when I feel afraid,
I think of what a mess I’ve made
Of my life
Crying over my mistakes, forgetting all the breaks I’ve had
In my life
I was put on earth to be, a part of this great world is me
And my life
    Eric sah hinauf zum Käfig. Und während Shirley Bassey sich das Herz aus dem Leib sang, war sie plötzlich wieder da, seine Angst, und baute sich vor ihm auf. Sie schlug ihm ihre kalte Faust in den Magen und er wusste wieder, wovor er sich fürchtete. Er wusste es nur zu genau und er wollte weg von diesem Ort, sofort. Aber es war zu spät. Der ganze Raum stank plötzlich nach Verwesung und es war eiskalt geworden.
    »Schön, dich wiederzusehen, Eric.«
    Eric schaute zur Tür und konnte kaum atmen. Sein Brustkorb fühlte sich an, als würde er zwischen den Zwingen eines riesigen Schraubstocks stecken.
    Ihre bulligen Körper steckten in Polizeiuniformen. Alles an ihnen war blutverschmiert. Ihre Augen waren milchig weiß und blutiger Speichel rann über ihre rissigen Lippen. Ein gemeines Lächeln entblößte verfaulte Zähne. Ihre Haut war grau und fleckig wie die eines Toten.
    Wach auf! Wach endlich auf!
    Eric lief zur Bar, packte Annabels Schulter und drehte sie auf ihrem Sitz zu sich her. »Wir müssen hier weg! Sie werden… Nein!« Mit panisch aufgerissenem Mund wich er zurück, als er ihr weggefressenes Gesicht erblickte. Sie trug noch immer ihren Hut.
    »Was habt ihr mit meinen Freunden gemacht?« Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.
    »Das waren nicht deine Freunde«, sagte einer der Polizisten. »Du hast keine Freunde. Niemand mag kleine, schwule schwarze Jungs. Wirklich niemand.«
    »Wir tun der Welt nur einen Gefallen.«
    Sie kamen näher. Eric war außerstande, sich zu bewegen. Die Menschen auf der Tanzfläche starrten ihn an. Einige bleckten die Zähne, leckten sich über die Lippen.
    Eine kalte graue Hand legte sich schwer auf seine Schulter, hielt ihn fest und drückte ihn runter auf die Knie. An den stämmigen Beinen seines Peinigers vorbei fiel Erics Blick zum ersten Mal auf den Billardtisch. Eine dickliche Flüssigkeit troff in kleinen Bächen von seinen Rändern und fiel klatschend zu Boden. Und mit der gleichen Leichtigkeit, mit der die Hand ihn zu Boden gedrückt hatte, hob sie ihn nun hoch in die Luft und schleuderte ihn hart auf den mit ekligen Pfützen bedeckten Samt. Der Aufprall presste ihm die Luft aus den Lungen und er spürte, wie der Stoff des Pyjamas in seinem Rücken durchtränkt wurde. Dann sah er, wie sich die beiden Polizisten

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