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Remember

Remember

Titel: Remember Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Jungbluth
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Vorzimmer muss, um in das Arztzimmer zu gelangen? Und das ist immer von Parkers Sekretärin besetzt.«
    Eric wiegte den Kopf. »Oh Mist! Da ist was dran. Eins zu null für Georgie.«
    Annabel schenkte den Jungs ein breites Lächeln. »Ja, das ist ein Problem. Deshalb brauchen wir auch ein kleines Ablenkungsmanöver. Ich dachte da an eine männliche Charmeoffensive.«
    Charmeoffensive, dachte Michael und verzog das Gesicht zu einem Lächeln. Hielt Annabel ihn wirklich für charmant? Und selbst wenn, konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass sich eine erwachsene Frau wie diese Miss Twiggy vom Kapitän einer Rugby-Schulmannschaft beeindruckt zeigen könnte. Aber er musste es wenigstens versuchen.
    Annabel war soeben planmäßig mit dem Doktor zu einem Spaziergang im Park aufgebrochen, jetzt waren er und Eric an der Reihe. Michael holte tief Luft, klopfte an die Tür und wurde sofort von einer lieblich klingenden Stimme hereingebeten.
    »Oh! Hallo, Michael!«, begrüßte ihn Schwester Flowers.
    Michael bekam große Augen, denn er hatte mit Parkers Sekretärin gerechnet. Er musste sich schnell etwas einfallen lassen. »Hi, Schwester Flowers, ich… ich wollte mich wegen gestern entschuldigen. Hoffentlich haben Sie wegen mir keinen Ärger bekommen.«
    »Ärger?«
    »Ja, weil ich doch allein in den Keller gegangen bin.«
    Die Schwester lächelte. »Nein, schon gut. War halb so schlimm. Hier geht öfter mal jemand verloren.« Sie kicherte.
    »Ja, davon habe ich gehört.« Michael dachte an die kleine Gruselgeschichte des Pflegers und grinste. Dann setzte er einen treuherzigen Blick auf. »Wissen Sie, die haben mich den ganzen Tag von einer Untersuchung zur anderen geschubst. Ich wollte nur zeigen, dass ich selbst in der Lage bin, den Weg zum Röntgenraum zu finden.« Michael empfand tatsächlich eine leichte Traurigkeit, als er das sagte. Der zermürbende Gedanke, für unzurechnungsfähig erklärt und mit Medikamenten hirntot gemacht zu werden, verlieh seinen Worten einen melancholischen Klang. Und der schien bei der Schwester etwas auszulösen. Vielleicht weckte er ihren Mutterinstinkt. Sie erhob sich von ihrem Stuhl und stellte sich zu Michael an die Tür. Sie schien über die kleine Störung nicht unglücklich zu sein.
    »Arbeiten Sie schon lange hier? Sie sehen noch so jung aus.«
    »Seit zwei Jahren. Ja, ich bin direkt von der Schwesternschule hierher. Ist mein erster Job.«
    »Und Sie arbeiten jetzt hier als Dr. Parkers Sprechstundenhilfe?«
    »Was? Nein, leider nicht. Ich bin heute nur als Vertretung eingeteilt, weil die Sekretärin mit ihrer Tochter zum Zahnarzt musste.«
    »Ich bin jedenfalls froh, dass hier so nette Schwestern wie Sie sind. Das macht diesen Ort viel weniger schrecklich.«
    »Oh, danke, nett von dir.« Sie strahlte Michael an und zupfte scheinbar verlegen an ihren voluminösen Haaren herum.
    Während sie sich unterhielten, entfernte sich Michael langsam und unauffällig von der offenen Tür. Erst einen halben, dann einen, dann zwei Meter. Und die Schwester folgte ihm. Als die Gelegenheit günstig schien, tauchte Eric wie aus dem Nichts hinter zwei langsam spazierenden Patienten auf und glitt lautlos und geschmeidig wie eine Katze hinter dem Rücken der Schwester durch die Tür. Michaels Herz schlug augenblicklich schneller. Er versuchte, seine Anspannung mit einem breiten Lächeln zu überspielen, und hoffte, es passte zu dem, was die Schwester ihm gerade erzählte. Er hatte ihr kaum zugehört.
    »Ich dürfte dir das eigentlich nicht verraten«, sagte Schwester Flowers und senkte dabei verschwörerisch ihre Stimme. »Aber ich hab gehört, wie Dr. Parker über euch geredet hat. Und ich will dir nur sagen, dass er sich wirklich Gedanken macht und dass ihm viel daran liegt, euch zu helfen. Uns allen liegt viel daran, verstehst du?«
    Michael war plötzlich wieder voll da. Doch bevor er ihr eine Frage stellen konnte, klingelte das Telefon in Dr. Parkers Zimmer und seine Eingeweide verkrampften sich. Es kam ihm vor, als hätte jemand den Sicherungsstift aus einer Handgranate gezogen, die jeden Moment vor seinen Augen explodieren würde. Was sollte er tun? Ein paar ziemlich wirre Gedanken rasten ihm durch den Kopf. Küss sie! Hau sie um! Lauf weg! Täusch einen Anfall vor! Ruf Feuer! – Er brachte nur ein verkniffenes Lächeln zustande.
    Die Schwester warf einen genervten Blick über die Schulter. Doch beim dritten Klingeln schien sie unruhig zu werden. »Tut mir leid, Michael, da muss ich

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