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Remember

Remember

Titel: Remember Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Jungbluth
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Michael die ganze Zeit etwas sagen zu wollen, überlegte es sich in letzter Sekunde aber offensichtlich jedes Mal anders. George hingegen hatte den gleichen emotionslosen Gesichtsausdruck wie immer. Schwer zu sagen, ob er gerade so etwas wie Mitleid mit Michael empfand.
    Michael selbst schien sich wieder beruhigt zu haben, aber er hatte sich verändert. Immer wenn er Annabel ansah, war da etwas in seinem Blick, das sie nicht deuten konnte. Wahrscheinlich hasste er sie jetzt, dachte sie, und der Gedanke tat weh. Schließlich war es ihre Idee gewesen, das Foto zu stehlen, und das hieß, es war auch ihre Schuld, dass er sich in diesem Zustand befand. Hätte sie doch einfach nur die Klappe gehalten und auf die Jungs gehört.
    Andererseits hatte sie jetzt Gewissheit, dass April Fays Worte eine Bedeutung hatten. Leider gab es keine Möglichkeit mehr, mit dieser Frau zu sprechen. Weil Annabel der Gedanke an April keine Ruhe mehr gelassen hatte, war sie kurzerhand und unter falschem Vorwand zu Schwester Shelley gegangen und hatte sich nach ihr erkundigt. Von ihr erfuhr sie, dass man April Fay bereits am frühen Morgen in eine andere Klinik verlegt hatte. Angeblich konnte man ihr hier nicht mehr helfen. Annabel hatte große Mühe gehabt, ihre Enttäuschung und ihre Wut über diese offensichtliche Lüge zu verbergen.
    Der Hinweis, den sie durch das Foto erhalten hatten, war anders gewesen, als sie es sich vorgestellt hatte, aber es war dennoch ein Hinweis. Und da das Kind nun mal in den Brunnen gefallen war, wollte sie auch wissen, was er zu bedeuten hatte. Sie legte die Gabel beiseite und hoffte, dass Michael ihr irgendwann verzeihen würde.
    »Michael«, sagte sie sanft. »Bist du dir wirklich sicher, dass es euer Haus ist?« Annabel hätte ihn gern noch was anderes gefragt. Denn ihr war klar, dass es nicht nur das Haus gewesen sein konnte, das ihn so aus der Bahn geworfen hatte. Aber das traute sie sich nicht. Und auch keiner der anderen brachte es zur Sprache.
    »Es ist unser Haus. Unser Haus am See.« Michael stockte, als müsse er sich sammeln. »Den See sieht man nicht, weil es von der Wasserseite aus gemacht wurde.«
    »Und euer Haus hat gelbe Fensterrahmen. So wie die auf dem Foto.«
    »Nein.«
    »Nein?«
    »Als meine Eltern das Haus dauerhaft mieteten, vor ein paar Jahren, da hat der Besitzer einige Dinge renovieren lassen. Vielleicht sind die Fenster dabei neu gestrichen worden, ich weiß es nicht. Aber es ist eindeutig unser Haus.«
    George schaltete sich ein und schien Angst zu haben, Michael dabei anzusehen. »Aber keiner von uns kann sich an seine Eltern erinnern.«
    »Ich erinnere mich ja auch nicht an meine Eltern, verdammte Scheiße!« Michael knallte sein Besteck auf den Tisch. Zum Glück war gerade kein Pfleger in der Nähe. »Aber ich erinnere mich an das Haus!« Er sprang auf, stieß den Stuhl von sich weg und zog damit das Interesse einiger Patienten auf sich. Ein bulliger Mann mit Glatze kroch unter den Nachbartisch und jammerte leise vor sich hin.
    »Was hast du vor?«, fragte Annabel.
    »Was ich schon viel früher hätte tun sollen. Ich werde den Doktor fragen, was dieser ganze Scheiß soll. Und wieso er ein Foto von unserem Haus an seiner Wand hängen hat.«
    Bevor Annabel etwas erwidern konnte, stand Eric auf und stellte sich Michael in den Weg. »Bitte nicht, Michael. Tu das nicht«, sagte er. Annabel konnte deutlich die Angst in seinem Gesicht erkennen. Er fürchtete sich vor Michael. Und als sie sah, wie Michael seine Fäuste ballte, war er nicht der Einzige. Trotzdem erhob auch sie sich von ihrem Platz und stellte sich neben Eric. George blieb weiter auf seinem Stuhl sitzen und beobachtete das Ganze.
    Annabel sah Michael schweigend an, während seine Augen zwischen ihr und Eric hin und her wanderten. Und sie atmete erleichtert auf, als Michaels Hände sich wieder entspannten und er den Kopf hängen ließ. Für einen kurzen Moment sah sie an ihm vorbei und blickte wie schon so oft auf die schönen Buntglasfenster. Die Sonne war gerade dabei, den Aufenthaltsraum zu fluten, und sie hatte das Gefühl, dass die Farben an diesem Tag ganz besonders intensiv leuchteten.
    Warum hat eine Irrenanstalt so aufwendig gestaltete Fenster? Vielleicht, weil es nicht immer eine Anstalt gewesen war, dachte sie. Doch zum ersten Mal wurde ihr klar, dass sie sich die Bilder nie richtig angeschaut hatte, diese hübsche, aber wahrscheinlich inhaltslose Dekoration, deren einziger Zweck es war, bei Sonnenschein fröhlich

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