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Remember

Remember

Titel: Remember Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Jungbluth
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»Es ist unmöglich!«
    Annabel war sich nicht bewusst, dass sie das Letzte laut ausgesprochen hatte. Auch nicht, dass sie aufgestanden war und steif wie ein Zinnsoldat die Fenster anstarrte. Erst als Michael ihren Arm umfasste und leicht schüttelte, war alles wieder wie vorher und die Umgebungsgeräusche kamen zurück.
    »Was ist unmöglich?«, fragte Michael. »Was redest du da, Anna? Du warst eben wie weggetreten.«
    »Eric, hast du das Foto dabei?«, fragte sie aufgeregt und setzte sich wieder.
    Eric zog es aus seiner Tasche und überzeugte sich, dass sie niemand vom Personal beobachtete. »Hier, aber pass auf! – Was ist los mit dir, Rotlöckchen?«
    George schien gerade etwas sagen zu wollen, aber Michael hielt ihn mit einer Handbewegung davon ab. Alle Augen ruhten jetzt auf Annabel.
    Annabels Blick flog zwischen dem Foto und den Buntglasfenstern hin und her. Als sie damit aufhörte, klebte ihr Blick an einem der Fenster. »Das Haus«, flüsterte sie und die Härchen auf ihren Unterarmen stellten sich auf. Ohne den Blick von den Fenstern abzuwenden, schob sie Michael langsam das Foto zu. »Mein Gott!«, sagte sie. »Das Haus. Es war die ganze Zeit da. Seht doch nur! In der Mitte des linken Fensters!«
    Es dauerte ein paar Sekunden, ehe die Jungs begriffen. Dafür war der Schock umso größer.
    »Das… das ist unser Haus!«, sagte Michael und hatte plötzlich den gleichen ungläubigen Gesichtsausdruck wie Annabel. »Und da ist sogar der See!«
    »Aber da ist noch mehr. Da ist noch viel mehr. Schaut genauer hin!«
    »Das sind wir!«, sagte Eric und seine Stimme überschlug sich vor Aufregung. »Die vier da, das sind, verdammt noch mal, wir!«
    15
    George war der Einzige, der einfach nur dasaß und kein Wort sagte. Annabel fragte sich, ob ihn das alles nicht interessierte oder ob er die ganze Tragödie einfach nur an sich vorbeiziehen ließ. Aber obwohl ihr klar war, dass jeder von ihnen seinen eigenen Weg finden musste, um mit der Situation fertig zu werden, trieb sie seine stoische Haltung zur Weißglut.
    »Verdammt, George! Lässt dich das eigentlich alles kalt, Mensch?«, brach es aus ihr heraus. Sie sah, wie Michael und Eric sie überrascht anschauten.
    Eigenartigerweise schien George nicht wirklich verärgert zu sein. Vielmehr lag ein Ausdruck der Enttäuschung auf seinem Gesicht. Vielleicht, weil er am wenigsten von Annabel einen solchen Angriff erwartet hatte.
    »Ach, verdammt, tut mir leid, ehrlich.« Annabel versuchte, sich zusammenzunehmen. George grundlos anzugreifen, war schließlich keine Lösung. »Ich glaube, diese Bilder… das ist einfach zu viel für mich.«
    George hob ganz kurz die Augenbrauen, sagte: »Schon gut«, und sah wieder hoch zu den Bildern.
    Annabel folgte seinem Blick, genau wie die anderen. Doch egal, wie lange sie das Fensterbild auch anstarrte, sie konnte einfach nicht begreifen, wie so etwas möglich sein konnte. Dass sie es bis jetzt übersehen hatten, lag wahrscheinlich daran, dass es sich unauffällig in die umgebenden Bilder einfügte. Es stach weder farblich noch stilistisch in irgendeiner Weise hervor. Die Darstellung auf einer Fläche von ungefähr einem Meter Durchmesser zeigte im Zentrum ein zweistöckiges Holzhaus mit gelben Sprossenfenstern und einer überdachten Veranda. Mit seinen Erkern, Winkeln und dem kleinen Türmchen sah es wirklich hübsch aus und genauso wie auf dem Foto. Etwas unterhalb des Hauses lag der See und sein Blau schimmerte durch das Sonnenlicht so einladend, dass Annabel den Drang verspürte, ihre Hand danach auszustrecken, um sie in das kühle Wasser zu tauchen. Umrahmt wurde die Szenerie von einem dichten Wald, der einen Übergang schaffte zu anderen Motiven, von denen ihr aber keines bekannt vorkam.
    All das hätte man vielleicht noch als einen gigantischen Zufall abtun können, wären da nicht die fünf Figuren gewesen, die zwischen Haus und See standen. Obwohl sie, wie alles auf den Bildern, leicht stilisiert dargestellt waren, gab es für Annabel nicht den geringsten Zweifel daran, um wen es sich dabei handelte. Sogar die Kleider stimmten überein. Es waren die gleichen, die sie bei ihrer Einlieferung getragen hatten. Annabel trug ein grünes, ärmelloses Shirt mit Schildkrötenkragen, eine gelbe, eng sitzende Hose und ein paar rote Tennisschuhe. Michael und Eric trugen Jeans und T-Shirt und George eine braune Hose und ein kurzärmeliges Hemd.
    »Kommt euch an den Fenstern nichts komisch vor?«, fragte Annabel. »Ich meine, abgesehen von

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