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Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Titel: Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Gang. Christians Kehle war schlagartig trocken. Er hustete gequält. Aus dem Lautsprecher hörte man das Heulen von Motoren.
    »... one four decimal eight two«, sagte eine männliche Stimme.
    »Das ist der Kapitän«, erklärte Coblentz. »Und jetzt kommt der Copilot...« »Go ahead«, kam es vom Band.
    Pilot und Copilot wechselten Sätze, wie sie zum normalen Flugbetrieb zu gehören schienen. Die Digitalziffern auf dem Aufnahmegerät wurden größer. Gleichzeitig schlug Christians Puls immer höher. Er sah Coblentz die Augen zusammenkneifen. Plötzlich änderte sich der Tonfall der Cockpitbesatzung.
    »Raus«, brüllte der Kapitän. »Was ...«
    Es fiel ein Schuss.
    »Schaff die Leiche aus dem Cockpit!«, rief eine Frau. »Ich übernehme die Maschine.« Das war Tinas Stimme.
    Christian starrte auf den Lautsprecher. »Ihr habt das Band manipuliert...«, wisperte er durch den Spalt seiner trockenen Lippen.
    »Hör einfach zu«, sagte Coblentz beinahe freundlich. Er spulte das Band weiter und drückte dann erneut auf Wiedergabe.
    Das normale Motorengeräusch hatte sich in lautes Getöse verwandelt, in das sich zusätzlich das Heulen des Hauptalarms im Cockpit mischte. Außerdem wiederholte eine roboterartige Stimme in einem fort: »Stall! Stall! Stall!...«
    »Zieh den Steuerknüppel hoch!«, schrie der Copilot hysterisch. »Wir stürzen ab ...« Keine Antwort.
    Christian schloss die Augen. Der Lärm auf dem Band nahm weiter zu.
    »HÖRST DU! DU BRINGST UNS ALLE UM!«
    »Das ist auch meine Absicht«, rief Tina mit einer Stimme, in der Entsetzen und Hysterie mitschwangen -und Entschlossenheit. »Mein Name ist Tina Carabella. Ich übernehme die Verantwortung für die Zerstörung dieses Flugzeugs. Die Besatzung ist unschuldig.«
51
    Christian musste sich am Tisch abstützen. Jemand packte ihn unter den Armen und half ihm, sich zu setzen. Er war gezwungen, tief durchzuatmen, um nicht in Ohnmacht zu fallen.
    Coblentz schaltete das Band aus. »Deine zukünftige Frau hat die Maschine abstürzen lassen.«
    Christian starrte ihn mit leeren Augen an. »Du lügst«, sagte er heiser und außer Atem. »Die Aufnahme ist gefälscht ...«
    »Frag sie selbst.«
    »Warum, in Gottes Namen, hätte sie das Flugzeug zerstören sollen?« Christians Stimme war noch immer nur ein schwaches Flüstern.
    »Vielleicht gerade in Seinem Namen ... oder etwas Vergleichbarem. Weißt du nicht, dass sie einem Kult namens Der Neue Morgen angehört?«
    Christian zwang sich, klar zu denken. Er merkte, wie er ganz leicht mit dem Kopf nickte.
    »Das hier ist nicht das erste Mal, dass eine Sekte von Durchgedrehten einen Massenmord begeht«, fuhr Coblentz fort. »Wenn du nicht weltweit in sämtlichen Medien als der Bräutigam des Todesengels auftreten willst, solltest du dafür sorgen, dass die Kassette nicht an die Öffentlichkeit gelangt.«
    Christian konnte nichts gegen die Wellen des Entsetzens, der Angst und der Scham tun, die in ihm aufbrandeten. Er spürte abgrundtiefen Hass auf Tina.
    »Wo ist die Kassette?«, fragte Coblentz in menschlichem, sympathischem Ton. »Auf dem Weg zu Journalisten in Pjevac.«
    »Willst du, dass sie dort ankommt?«
    Christian ballte die Fäuste. »Ich will mit Tina sprechen.«
    »Beantworte meine Frage. Jetzt muss es schnell gehen. Willst du, dass die Kassette in die Hände der Journalisten gerät?«
    Stille.
    Christian schluckte. »Ich kann die Person, in deren Besitz sich die Kassette befindet, nicht mehr erreichen.« »Hat sie ein Mobiltelefon?« »Ja.«
    Coblentz reichte Christian ein Telefon. »Sag ihr, dass du bei der Veröffentlichung der Kassette nichts überstürzen willst.«
    Christian starrte auf den Apparat. »Nein. Ich habe gesehen, was ihr anderen Menschen antut. Ich werde nicht anrufen.«
    »Überleg dir genau, was du erreichst, wenn du die Einzelheiten der Tragödie enthüllst«, erwiderte Coblentz.
    »Warum ... warum habt ihr die Absturzopfer aus der Maschine geholt?« »Das werde ich dir gleich sagen. Aber zuerst rufst du an. Es eilt.«
    »In Pjevac funktioniert das GSM-Netz nicht.«
    »Ist die betreffende Person schon dort eingetroffen?«
    Christian sah auf die Uhr. Er nahm das Telefon und tippte eine Nummer. »Auf Englisch!«, sagte Coblentz in dem Moment, in dem sich Sara meldete. »Hallo?«
    »Bring die Kassette nicht nach Pjevac«, sagte Christian mit tonloser Stimme. »Noch nicht.« »Die Verbindung ist schlecht...«
    »Bring die Kassette nicht hin«, wiederholte Christian und hustete.
    »Warum nicht?

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