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Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Titel: Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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abschließendem Deckel - ein Behälter für Klinikabfälle.
    Christian eilte zur gegenüberliegenden Tür und drückte auf die Klinke, sie funktionierte einwandfrei und war leichtgängig, aber wegen des Luftstroms musste Christian seine ganze Kraft einsetzen, um die Tür zu öffnen. Er merkte, dass die Türränder mit dickem Dichtungsgummi versehen waren. Als sie hinter ihm zufiel, dämpfte der Gummi den Aufprall.
    Die Belüftungsanlage, die abgedichtete Tür, der Mann in der Schutzausrüstung auf dem Gang, das Desinfektionsmittel.
    Das hier war eine Isolierstation.
    Christian fand sich in einer kleinen Kabine wieder und sah erneut eine Tür vor sich. Sie hatte ein Fenster, durch das Licht fiel. Mit seltsam hohl pochendem Herzen trat er an die Scheibe. Er sah dasselbe Patientenzimmer, das er zuvor von oben durch den Isolierkunststoff des Belüftungsschachts gesehen hatte: Betten mit Metallrohrgestellen, Tropfe, moderne Apparaturen mit Monitoren. Die Hälfte der Betten war leer. Die schwer verletzten Absturzopfer waren in schlechter Verfassung und lagen mit ihren Verbänden regungslos da.
    Im äußersten Bett lag Tina - ein Arm und ein Bein verbunden, Infusionsschlauch in der Vene des unverbundenen Handrückens, EKG-Elektroden auf der Brust, Sauerstoffsättigungsmessgerät am Finger.
    Ein Isolierraum. Effektiver als auf der Infektionsstation eines Krankenhauses. Warum lagen die Opfer des Flugzeugunglücks in einem Isolierraum?
    Wie in Trance starrte Christian auf Tina. Sein Hass war abgeflaut. Die neue Tina hatte die alte Tina in seiner Erinnerung noch nicht vollständig verdrängt. Seine Gefühle lenkten seine Hand zur Türklinke, aber die Vernunft stoppte die Bewegung. Christian drehte sich um und ging in den Raum mit dem brummenden Kompressor zurück. Noch einmal betätigte er dort probehalber die Klinke der Eingangstür, aber sie war noch immer abgeschlossen. Er trat vor einen der Metallschränke und machte ihn auf. In den Fächern lag normales Krankenhauszubehör, aber Christians Blick richtete sich auf einen speziellen Karton: HEPA-Schutzhauben. Solche hatte er bislang nur auf Bildern gesehen.
    Er griff in den Karton, nahm eine Haube heraus und zog sie sich über. Sie lag hauteng an und erinnerte an eine Strumpfhose, ließ die Luft aber nur durch einen Mikrofaserfilter in die Atemorgane eindringen. So ausgerüstet kehrte Christian durch die Luftschleuse in die Kabine zurück und öffnete die Tür zu dem Raum, in dem Tina lag.
    Langsam ging er auf ihr Bett zu. Seine Gefühle oszillierten zwischen Aggression und verzweifelter Liebe, die trotz allem, was er erfahren hatte, hartnäckig weiter schwelte. Durch die weiße HEPA-Faser vor seinen Augen wurden alle Lichtpunkte erweitert wie auf einem mit Weichzeichner aufgenommenen Foto. Es roch stechend nach Spiritus. Auf einem Metalltisch lagen Instrumente und Spritzen in sterilen Verpackungen, außerdem waren dort Ampullen und Flaschen mit Medikamenten aufgereiht. Alles wirkte improvisiert, aber zugleich professionell.
    Christian sah die Plastikfolie vor dem Belüftungskanal nun mit ganz neuen Augen. In Bukovica war ein Isolierraum der Kategorie 4 eingebaut. Warum?
    Tina hielt die Augen geschlossen. Ihr Gesicht war blass, aber abgesehen von dem Wundverband auf der rechten Wange sah es normal aus. Die äußeren Verletzungen betrafen das linke Bein, das dick verbunden war, und den schräg nach oben abgestützten linken Arm. Man hatte sich nicht die Mühe gemacht, ihr einen Gips anzulegen. Die Infusionsbeutel schienen zumindest ein entzündungshemmendes Medikament, ein Antibiotikum und rote Blutkörperchen zu enthalten. Eine leere Morphiumampulle war auf dem Tisch ebenfalls zu erkennen. Alles wies auf schwere innere Verletzungen hin. Die anderen Opfer litten auf den ersten Blick unter ähnlichen Verletzungen. Sie schienen nicht bei Bewusstsein zu sein.
    Christian räusperte sich. »Tina.«
    Sie riss die Augen auf. Sie versuchte auch den Kopf zu heben, hatte aber nicht die Kraft dazu.
    »Beweg dich nicht!« Christian trat an ihr Bett. Am liebsten hätte er sofort nach dem Flugzeugabsturz, nach dem Pass, nach Julia, nach dem Neuen Morgen gefragt. »Ich bin's.«
    »Christian ...«, stammelte Tina heiser und fassungslos. »Geh weg... geh sofort weg. Wir sind infiziert...«
    Ihre geschwollenen Augen strahlten abgrundtiefen Schmerz und große Angst aus. Der Tränenschleier, der sich in ihnen bildete, brachte auch bei Christian die Tränen zum Laufen. »Womit?«
    »Pocken.«
    In

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