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Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Titel: Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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schwanken, und Christian klammerte sich an das untere Rohr.
    In dem Moment, in dem er sich in den Belüftungsschacht hinaufzog, fiel das Bett mit lautem Getöse um. Nachdem er in den Schacht geklettert war, griff er durch die Öffnung nach dem Plastik, das am Isolierband baumelte, und brachte es so gut es ging wieder an. Als Arzt wusste er, dass er ein unverzeihliches Risiko einging, indem er die Isolation auch nur für einen Augenblick brach, aber dieses Risiko musste er eingehen. Auf allen vieren kroch Christian durch den Schacht. Ich liebe dich. Das ist keine Lüge . .. Tränen ließen die HEPA-Fasern vor seinen Augen feucht werden.
    In rasendem Tempo kam er in dem Schacht voran, ohne das Gefühl zu haben, dabei von Angst oder besonderem Mut getrieben zu werden. Sobald jemand zu den Patienten kam, würde seine Flucht bemerkt werden, und man würde ihm die Hunde auf den Hals hetzen.
    An einer Verzweigung hielt Christian inne - es war dieselbe Stelle, an der er vor mehreren Stunden bereits gewesen war. Nach rechts ging es zu dem steilen Abgrund, nach links zu dem Gang, über den er das erste Mal in das Belüftungssystem gelangt war. Er kroch nach links. Nach einigen Metern stoppte er und lauschte. Nichts als das Rauschen des Windes.
    Ohne eine weitere Sekunde zu verschwenden, setzte er seinen Weg zur frischen Luft am Ende des Schachts fort. Dort fehlte das Gitter. Womöglich waren am Nachmittag genau von hier aus die Hunde auf ihn gehetzt worden.
    Die letzten Meter kroch er so lautlos wie möglich. Dann spähte er hinaus. Auf dem dunklen Gang war niemand. Er schob die Schultern durch die Öffnung und machte sich bereit, sich hinabzulassen.
    Das Zuschlagen einer Tür in der Ferne veranlasste ihn, sich wieder nach oben zu ziehen. Hatte ihn jemand gesehen? Wurden die Öffnungen der Belüftungskanäle überwacht? Den Schritten nach näherten sich drei Menschen.
    »Ich will mit ihm reden«, sagte eine ruhige, eiskalte Frauenstimme.
    Sara.
    Christians Herz setzte einen Schlag aus. »Wo ist er?«, fragte sie.
    »Ihr werdet euch bald sehen«, erwiderte Coblentz.
    Die Schritte verschwanden, und wieder fiel eine Tür zu. Christian spähte aus dem Schacht. Die Luft war rein. Er ließ sich auf den Gang hinunter.
    Sie hatten vor, Sara mit ihm und Tina in ein und dieselbe Todeszelle zu sperren.
53
    Sara fröstelte in ihren nassen Kleidern. Sie schaute auf den Mann, der sie auf dem Weg durch den Betongang begleitete. Er wirkte ruhig und hielt sich in seinem langen Mantel betont aufrecht. Der Fußboden war abgetreten, in der Mitte etwas mehr als an den Rändern. Hinter sich hörte Sara die Schritte eines zweiten Mannes.
    »Mit welchem Recht bringt ihr Menschen hierher?«, fragte sie. Hinter ihrer scheinbaren Gefasstheit vibrierte Panik.
    Der Mann antwortete nicht. Sie kamen an eine graue Metalltür. Dahinter tat sich ein weiterer Gang auf. Nur ein kleiner Teil der Glühbirnen an der Decke brannte. Mit forschen Schritten ging es weiter.
    Christian riss sich den hellen HEPA-Strumpf vom Kopf und steckte ihn ein. Er befand sich noch immer in dem Gang, es waren keine anderen Menschen in der Nähe. Das Weiß der Mikrofaser wäre im Dunkeln aber so deutlich zu erkennen gewesen wie ein Leuchtfeuer.
    Er rannte los, vorsichtig aber, jedes Neuron in seinem Gehirn war auf das Äußerste sensibilisiert. Wie viel Zeit ihm wohl bleiben würde? Würden sie Sara direkt in den Isolierraum bringen ? Alleine konnte er das nicht verhindern - und im schlimmsten Fall hatte er nur wenige Minuten Zeit, um Hilfe zu holen.
    Er stürmte in die Richtung, aus der die Männer mit Sara gekommen waren. Nachdem er um eine Ecke gebogen war, hielt er abrupt an und schob den Kopf durch eine Art Schießscharte nach draußen. Unterhalb der Festungsmauer breitete sich der von Gebüsch und einzelnen Bäumen bewachsene Berghang aus. Links stieg das Gelände weiter an bis zu einem Höhenkamm, auf dessen anderer Seite die Steilwand zum Meer abfiel.
    Christians Blick suchte nach der vereinbarten Stelle. Das Mondlicht war schwach, in der Schwärze waren Einzelheiten schwer zu unterscheiden. Die Sekunden tickten in seinen Adern.
    »Was wollen Sie von mir?«, fragte Sara mit bereits nachlassender Kraft in der Stimme. Sie standen in einem Betongang. Hinter der nahen, halb offenen Tür hörte man einen leisen Wortwechsel auf Englisch.
    Der Amerikaner in dem langen Mantel hielt die Kassette fest in der Hand. »Hast du mit irgendjemandem hierüber gesprochen?«
    Sara versuchte

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