Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug
Hand riss Franjo die Tür auf. Durch den Rauchschleier fiel Licht, das auf der Stelle erlosch.
Sara erschrak durch die gedämpften Explosionen. Im Gang gingen die Lichter aus, auch der Generator, dessen Brummen hinter der geöffneten Tür zu hören gewesen war, lief plötzlich nicht mehr. Sie spürte, wie der Mann, der sie führte, ihre Schulter losließ. »Was geht da vor, verdammt?«, sagte jemand etwas weiter weg im vollkommen finsteren Gang.
Sara ging mit elastischen, lautlosen Schritten im Dunkeln weiter, die Arme ausgestreckt wie eine Schlafwandlerin.
»Lass sie nicht los«, sagte der andere Mann mit tiefer, ruhiger Stimme. Man hörte das Rauschen eines Funkgeräts.
»Sie ist mir entwischt!«, rief die andere Stimme aus.
Sara schlich weiter von den Männern weg, in der Angst, jeden Moment gegen eine Wand zu stoßen.
»Die Lampen ... wo sind die Taschenlampen?«, fragte einer der Amerikaner. Saras Hände trafen auf kalten Beton. Sie tastete nach links. Eine zweite Wand. »Schnappt euch die Frau!«
Das Entsetzen schnürte Sara die Kehle zu. War sie in eine Sackgasse geraten? Nein, rechts gab es kein Hindernis, jedenfalls noch nicht. Sie schlich so schnell sie konnte weiter, wobei sie damit rechnete, dass jeden Moment das Licht wieder anging. Wie sollte sie je aus diesem Labyrinth hinausfinden? Der Luftzug wehte beißenden Rauchgeruch heran.
»Die Schaltzentrale ist in die Luft gesprengt worden ...« Die aufgeregte Stimme kam aus dem Funkgerät des Amerikaners und rauschte so stark, dass Sara die Worte kaum verstehen konnte. Sie hielt den Atem an.
»Mindestens zwei weitere Explosionen und Schüsse aus einer Maschinenpistole . . . ich bekomme keine Verbindung zu Nummer zwei und auch nicht zu Nummer vier. .. « »Ich werde der Zentrale Meldung machen«, antwortete die ruhige Stimme aus dem Dunkeln.
Sara ging weiter. Sie fragte sich, ob Christian und seine einheimischen Komplizen dahintersteckten - oder Vertreter irgendeiner Polizeibehörde.
Sie versuchte sich zu erinnern, aus welcher Richtung man sie hereingeführt hatte, aber das war hoffnungslos. Ihre ausgestreckten Hände stießen wieder auf rauen Beton, und erneut ließ die Angst vor der Sackgasse ihr Herz kurz aussetzen. Zu ihrer Erleichterung merkte sie, dass der Gang eine Biegung machte. Was die Amerikaner sagten, war nun nicht mehr zu verstehen.
Dafür hörte Sara ein Geräusch in ihrer Nähe. Sie erstarrte auf der Stelle. Es war das schwere Atmen eines Mannes.
Sie drückte sich so flach wie möglich an die Wand.
Das Atmen kam näher.
Coblentz stand im Dunkeln und hielt das Funkgerät drei Millimeter vor seinen Lippen. »Wir sind Ziel eines bewaffneten Angriffs.« In seinem Flüstern lag nicht die Spur von Aufregung.
»Wer greift an?« »Keine Erkenntnisse.« »In welcher Stärke?«
»Weiß ich nicht. Mehrere Männer... Sprengstoff, Granaten, Maschinenpistolen. Jetzt muss es schnell gehen.«
»Du weißt genau, dass wir auf die Schnelle keine Verstärkung besorgen können.« »Habe ich um Verstärkung gebeten?«, fragte Coblentz. »Ich will Raketen haben. Bukovica muss zerstört werden.«
Sara drückte sich an die Wand und hielt den Atem an. Der Mann stand etwa einen halben Meter neben ihr, ohne ihre Anwesenheit zu bemerken. Warum sollte einer der Amerikaner im Dunkeln lauern? Um sich auf einen der Angreifer zu stürzen, natürlich. Sara wäre am liebsten weitergeschlichen, aber sie wagte nicht einmal zu blinzeln. Sie drückte sich immer fester an den Beton und befürchtete, der Mann könne sie aus Versehen berühren.
Da legte sich eine Hand auf ihre Schulter.
Reflexartig wollte sich ein Schrei aus ihrer Kehle lösen, aber sie konnte ihn zu einem gedämpften Laut ersticken.
Die Hand drückte leicht ihre Schulter. Saras Herz hämmerte. Dann legte sich eine zweite Hand auf ihren Kopf. Sie fing an sich zu wehren, aber der Griff wurde fester. Gleich darauf spürte sie die Berührung von kaltem Metall auf der Stirn.
54
Im Restaurant Chez Partisse in Washington D.C. wimmelte es von Gästen, die zu Mittag aßen.
Die Männer trugen dunkle Anzüge, die Frauen Kostüme, ihre gedämpfte Unterhaltung wurde vom Klappern des Essbestecks begleitet. Paravents und Grünpflanzen teilten das Restaurant in verschiedene Bereiche, wodurch die Intimität der einzelnen Tischgesellschaften einigermaßen geschützt war. Die meisten Gäste gehörten zur Crème de la crème von Washington, unter ihnen auch Mitarbeiter von Capitol Hill, Weißem Haus und
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