Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug
Punkt. Sie deuten an, der Unfall könnte mit einem unerklärlichen elektromagnetischen Phänomen zu tun haben.«
Christian überlegte einen Moment. »Der Vorgesetzte von Rebeccas Ehemann bei der Nato ist Spezialist für elektronische Kriegsführung und Radartechnik... Er war letzte Nacht in Pjevac. Jack Lawrence.«
»Und der Ehemann selbst?«
»Ich kenne nur seinen Namen. Mark Curtis. Bekommt man keine konkreten Informationen aus der Blackbox? Ist die schon gefunden worden?«
»Es heißt, der >Pinger<, der ihre Position unter Wasser angeben soll, sei defekt. Ein Robotertauchsystem der Marine ist schon vor Ort. Aber die Blackbox wird wohl kaum auftauchen, falls die Amerikaner in irgendeiner Weise an dem Unglück beteiligt sind.« »Anscheinend verrät die Kassette mit den Aufnahmen, die Tina in der Maschine gemacht hat, zu viel über den Grund des Absturzes.«
Sie schwiegen eine Weile. Die Straße stieg weiter zum Gebirge hin an. Durch den Fensterspalt strömte frische Luft herein und kühlte Christians vor Anstrengung gerötetes Gesicht. Die Bäume wurden kümmerlicher, und man konnte ungehindert ins Tal und auf die Berge schauen.
»Du wirst bestimmt verstehen, dass ich über diese Dinge nur gezwungenermaßen mit einer Journalistin rede.«
»Keine Angst. Ich kann den Mund lange genug halten.«
»Lange genug?«
»So lange, bis die Informationen veröffentlicht werden können.«
In Christian stieg Wut auf, aber er war letztlich nicht überrascht. »Du scheinst noch immer nicht zu begreifen ...«
»Ich wollte dich nur ein bisschen provozieren. Wegen mir wird kein Schaden entstehen.«
Auf einmal bereute Christian zutiefst, Sylvia gegenüber den Mund aufgemacht zu haben, auch wenn es keine Alternative dafür gegeben hatte. »Du bist ein egozentrischer und vollkommen gefühlloser Mensch«, konstatierte er und war selbst über die Kälte seines Tons überrascht.
»Das bin ich. Aber vergiss nicht, dass ich für diese Angelegenheit mein Leben aufs Spiel setze.«
Christian schaute auf die dunklen Regenwolken über den Bergen. »Wem gehört das Auto hier? Kann man den Wagen mit dir in Verbindung bringen?«
»Wir haben ihn am Flughafen Podgorica gemietet.«
»Auf welchen Namen?«
»Auf den des Senders. Der Kameramann wurde als Fahrer eingetragen.« »Und wo ist er jetzt?«
»Er schiebt Dienst am Hubschrauberlandeplatz Tivat.«
Die Straße wurde besser. Auf einer reparierten Brücke überquerten sie den Fluss. »Warst du vorher schon als Reporterin in Jugoslawien?«
»Zuletzt einige Monate im Frühjahr im Kosovo. Davor in Bosnien und Kroatien. War ein Scheißjob. Miserable Arbeitsbedingungen.«
»Einfache Hotels und bescheidene Mahlzeiten?«
»Soll ich dir vielleicht etwas über die Grausamkeit der menschlichen Natur vorheucheln?«
Der Peugeot wimmerte kläglich auf der steil ansteigenden Straße.
»Lebst du allein?«, fragte Christian unvermittelt. Sylvia nickte.
»Das dachte ich mir. Ein derart auf sich selbst bezogener Mensch kann nur allein leben.«
»Mein Mann und meine sechs Monate alte Tochter sind vor fünf Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen, den ich durch meine Unachtsamkeit verschuldet habe.«
Christian schloss die Augen. »Bitte verzeih mir«, sagte er mit heiserer Stimme, aus der plötzlich alle Kraft gewichen war.
Sylvia lachte zynisch auf. »Du brauchst meine Vergebung nicht.«
Drückende Stille breitete sich im Auto aus. Unwillkürlich fiel Christians Blick auf die Narbe, die unter Sylvias Armreif zu erkennen war. Am anderen Arm trug sie einen anderen Schmuck, aber eine gleichartige Narbe.
»Ich bin selbst in einer... schwierigen Lage gewesen«, sagte Christian leise. »Ich weiß, was Schuldgefühle sind.«
»Ach, tatsächlich.«
Christian konnte sich nicht beherrschen. Sylvia hatte den wundesten Punkt in seinem Innern angestoßen. »Halt doch die Schnauze, du verdammtes Miststück!« Sylvia schaute weiter geradeaus und konnte gerade noch rechtzeitig vor einer scharfen Kurve und dem steilen Abgrund dahinter das Steuer herumreißen. »Entschuldige«, flüsterte sie. »Du weißt ja nicht, wie sehr mich dieser Unfall damals verändert hat.« In ihrem blassen Gesicht waren deutliche Puderflecken zu erkennen. »Aber nicht genug, um ab und zu den Mund zu halten«, fügte sie mit einem schwachen Lächeln hinzu. Christian riss sich zusammen und zwang sich, ruhig zu sprechen. »Es wäre vielleicht an der Zeit, das mal zu lernen.«
»Du hast mich so erschreckt, dass ich wie
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