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Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Titel: Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Audiokassette?« »Zu den Aktivitäten des Neuen Morgens gehört intensive AntiDrogen-Arbeit.« Sara reagierte nicht auf diesen Satz. Sie wollte es nicht.
    »Haben Sie mich verstanden?«, fuhr Luc fort. »Der Neue Morgen sieht eine seiner Missionen darin, intensiv gegen Drogen vorzugehen.«
    »Und weiter?«
    »Entwickelt Ihr Exfreund nicht Medikamente gegen Drogenabhängigkeit?« Sara strich sich aus reiner Nervosität die Haare hinters Ohr. »Wollen Sie damit sagen, dass diese beiden Aspekte etwas miteinander zu tun haben könnten?«
    »Warum nicht?«
    »Es klingt ziemlich weit hergeholt.«
    »Vielleicht ist es nur ein Zufall. Auch Scientology hat Handlungsziele, die sich gegen Drogen richten, für einige weitere Sekten gilt das Gleiche.«
    »Ich habe im Internet gelesen, dass mindestens zwei Mitglieder des Neuen Morgens im Zusammenhang mit den Drogenmorden in Zürich vernommen worden sind«, sagte Sara plötzlich aufgeregt.
    »Für die in Moskau ebenso«, ergänzte Luc. »Wie gesagt, die Karriere Ihres Exfreundes im Bereich der Drogenforschung ist eine interessante Koinzidenz. Der Neue Morgen benutzt für Drogen den Begriff >schwarze Sonne< - aus der Sicht der Konsumenten eine ziemlich treffende Bezeichnung. Trügerische Helligkeit.«
    Sara fiel Tinas Gemälde mit der schwarzen Sonnenblume ein. Alles wurde immer beängstigender. Von Christian gab es noch immer keine Nachricht. Und während des letzten Telefongesprächs mit ihm hatte jemand »Hände hoch« gesagt. Es hatte in der Leitung gerauscht, aber Sara war sich ganz sicher.
    »Sobald ich ein paar Dinge erledigt habe, werde ich zum Stützpunkt des Neuen Morgens fahren«, sagte Luc und stand auf.
    »Und ich fahre nach Montenegro.«
    »Was?«
    »Sie haben mich schon verstanden. Ich fahre nach Montenegro.«
    Der dunkle Autokonvoi fuhr in hohem Tempo über die kurvenreiche Gebirgsstraße. Während der gesamten Fahrt hatte niemand auf Christians Fragen geantwortet. Es bestand kein Zweifel daran, was mit ihm geschehen würde.
    Ab und zu sah Christian durch das Seitenfenster traurig auf die Wellen der Adria. Serbische Fichten ragten wie dunkle Finger zum Himmel auf, und nicht einmal der Wind konnte sie zum Leben erwecken. Die schmalen Rinnsale der Regentropfen zeichneten waagrechte Linien auf die Scheiben, hin und wieder sorgte ein aufflammender Blitz dafür, dass die Schatten der Tropfen Muster auf die Gesichter der Männer warfen. Die grob gehauenen Steinplatten am Straßenrand sahen in Christians Augen wie riesige Grabsteine aus. Fortwährend kamen ihm Tina und das Kind in den Sinn. Er erinnerte sich, mit welcher Wärme Tina immer von Kindern gesprochen hatte. Mutterschaft war etwas Heiliges für sie. Eine einzige Sekunde auf dem Videoband aus dem Flugzeug zerstörte das tragische, schöne Erinnerungsbild.
    Einige Male fiel Christians Blick auf einen Bildstock am Straßenrand, der von einem tödlichen Verkehrsunfall zeugte. In den Stein gehauene Kreuze, versehen mit dem Bild des Verstorbenen und einem düsteren Datum. Die Blumen davor längst verwelkt. Eine schwere Wolke schluckte das Sonnenlicht und ließ nur wenige flimmernde Strahlen durch, die aber ebenfalls bald im Grau verschwanden. Gedämpft trommelten Regentropfen aufs Wagendach.
    Sie fuhren zur Küste hinunter und erreichten eine Stadt, die Christian nicht auf Anhieb erkannte. War das Budva? Nur wenige Menschen liefen mit hochgezogenen Schultern durch den Regen. Dann passierte das Auto ein zweistöckiges rosa Haus, und in dem Moment erkannte Christian die Stadt wieder. Es war Pjevac. Sie waren aus südlicher Richtung gekommen, und diesen Teil hatte Christian zuvor nicht gesehen. Am Horizont schimmerte das dunkle Meer. Wie eine Karawane bogen die Autos im strömenden Regen in den Hof eines großen Gebäudes ein. Man half Christian beim Aussteigen. Er sah dabei sein Spiegelbild in der Seitenscheibe und erschrak: aschgraues Gesicht, brennende Augen in tiefen Höhlen, Bartstoppeln.
    Er ließ sich den Meerwind ins Gesicht blasen. Man führte ihn unsanft zu dem Gebäude, aber er richtete den Blick zum Himmel und genoss die perlenden Regentropfen. Energisch und zielstrebig brachte man ihn in die Eingangshalle des Gebäudes, das mit seinem Linoleumfußboden aussah wie direkt aus den 50er Jahren. Dort erwartete sie ein Mann mit roten Haaren.
    »Sie schon wieder«, schnaubte Klein.
    Der Anblick des offiziellen Vertreters der internationalen Flugunfalluntersuchung schockierte Christian mehr als die ständige

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