Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz
wissenschaftlichen Alltag zu tun. Erst in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden sämtliche Handschriftenarchive für den wissenschaftlichen Gebrauch geöffnet. Die ursprünglichen archäologischen Grabungsprotokolle zu den Ruinen von Qumran aus der Hand des 1971 gestorbenen de Vaux waren hingegen nach wie vor unveröffentlicht.
Karri holte sich einen Kaffee vom Automaten und wunderte sich, wie wenig Betrieb in der Hotelhalle herrschte. Der Fernseher dröhnte über leeren Sesseln. Der Rezeptionist erledigte Papierkram und warf dazwischen immer wieder einen neugierigen Blick auf Karri.
Die Leere hatte etwas Unnatürliches und Bedrückendes. Als Karri mit dem Kaffe zum Computer zurückkehrte, bemerkte er eine männliche Gestalt, die draußen vor dem Fenster zur Seite trat.
Er setzte sich vor den Bildschirm und ging weiter die Qumran-Verweise durch. Hin und wieder blieb sein Blick an dem Namen hängen, den er schon kannte: Birgitta Högfors. Die zielstrebige Birgitta hatte zahlreiche Verbindungen zu internationalen Wissenschaftskreisen geknüpft und aus dem Archiv des Jerusalemer Rockefeller-Museums unveröffentlichtes Qumran-Material erhalten. Außerdem hatte sie sich mit den Fragmenten der Originalhandschrift vertraut machen dürfen.
Durch Qumran stand Birgitta in Kontakt mit Wissenschaftlern in Israel, und auf diesbezügliche Informationen war Saara in ihrer Nachricht ganz offenbar aus gewesen.
Das Puzzle vor Karris Augen setzte sich nun in Teilen zusammen. Die Entdeckung der ersten Schriftrollen fiel in die Zeit der Staatsgründung Israels, als die UNO Palästina in arabische und israelische Sektoren teilte. Darum besaßen die Rollen für die Israelis fast die Bedeutung von Reliquien und wurden dementsprechend in einem eigens für sie gebauten Museum aufbewahrt.
Eine der Handschriften, eine als Tempelrolle bezeichnete, acht Meter lange Lederrolle, hatte Israel 1967 während des Sechs-Tage-Krieges, als Israel Ost-Jerusalem und die Westbank besetzte, mit Hilfe einer Operation des Militärgeheimdienstes in seinen Besitz gebracht.
Karri zweifelte nun kein bisschen mehr daran, dass Ezer Kaplan in die Morde in Pudasjärvi verwickelt war. Und alles schien irgendwie mit Qumran in Verbindung zu stehen. Die Schriftrollen von Qumran waren zu einem Symbol der Identität Israels geworden. Dieses Symbol bot einen Anknüpfungspunkt zwischen dem neuen Staat und jener Zeit vor zweitausend Jahren, als die Juden zuletzt das Land besiedelt hatten. Der Fund war eine internationale Sensation gewesen und gab dem neu gegründeten Staat die ersehnte psychologische Unterstützung und Legitimation.
Karri nahm einen Schluck Kaffee, der mittlerweile kalt geworden war. Den E-Mails zufolge war Ariel Hasan in Saaras Augen eine Art Schlüsselfigur, darum nahm Karri eine Recherche zu dem Namen vor und bekam dabei prompt zu viele Treffer. Er grenzte die Suche mit dem Begriff »Qumran« ein, aber diese Kombination brachte kein einziges Ergebnis. »Ariel Hasan« und »Archäologie« hingegen förderte ein halbes Dutzend Links zu Tage, von denen Karri den ersten öffnete:
Für die archäologischen Aktivitäten Israels ist Israel Antiquities Authority , das Israelische Museumsamt, zuständig. Es erteilt u. a. Grabungsgenehmigungen und überwacht die weiteren wissenschaftlichen Maßnahmen.
Die Archäologie des Heiligen Landes und die Geschichte der Region im Ganzen sind von besonderer Bedeutung. Von der Geburtsstunde des Staates Israel an widmete man sich diesen Themen mit ausgesprochener Sorgfalt. Zu den Gründern des Museumsamtes im Jahr 1948 zählten u. a. Moshe Sharon, Ariel Hasan und Amichai Kochav …
Als Nächstes suchte Karri Informationen zu den Namen Magen und Peleg. Eine unzählige Menge von Seiten wurde aufgeführt. Die Doktoren Itzhak Magen und Yuval Peleg waren israelische Archäologen, die zehn Jahre lang die Ruinen von Qumran rund um den Fundort der Schriftrollen erforscht hatten.
Karri war klar, dass er als Laie bei dem Thema nur mühsam weiterkommen würde. Die einzige Abkürzungsmöglichkeit bestand darin, eine Person zu kontaktieren, die sich in dem Themenfeld sehr gut auskannte. Er öffnete noch einmal Birgittas Mail und notierte sich die am Ende genannte Telefonnummer in Princeton. Anschließend ging er durch die leere Hotelhalle zum Lift. In seinem Zimmer im zweiten Stock nahm er das Telefon aus der Tasche und rief Birgitta an, aber unter der Nummer meldete sich niemand.
In der Hotelhalle setzte sich
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